Liebte sie zärtlich den jungen Baron, wie Mütter nur lieben. Von der schrecklichen Pfeife geweckt, verließ sie das Lager, Sah den Freyherrn gestiefelt, und sprach: mein Fritz, mein Geliebter, Sage! wohin so früh? Zur Gräfin Diana, versetzt er. Wie? (ruft ängstlich die Tante,) noch eh am östlichem Himmel Sich das Morgenroth zeigt, willst du zu Pferde dich se- tzen? Wenigstens hof ich, mein Sohn, du wirst mit dem Trank der Levante Dich verwahren! Dies that dein seliger Vater! Er ritt nicht Ohne Caffee getrunken zu haben. Die Nebel sind ietzt noch Giftig. Hast du auch Lust, mein Sohn, zu glühen- dem Weine? Willst du Choklate? Befiehl! Sie soll den Augenblick da stehn.
Aber der Jüngling verbat voll Ungeduld alles; und eilet Von der Tante die Stufen hinab. Er schwingt sich zu Pferde, Jagt von dannen, und Wolken von Staub verhüllen den Jüngling. Heiße Thränen vergießt die klagenreiche Matrone, Und ihr thränender Blick folgt ihm noch lange von fern nach.
Der Phaeton. Dritter Geſang.
Liebte ſie zaͤrtlich den jungen Baron, wie Muͤtter nur lieben. Von der ſchrecklichen Pfeife geweckt, verließ ſie das Lager, Sah den Freyherrn geſtiefelt, und ſprach: mein Fritz, mein Geliebter, Sage! wohin ſo fruͤh? Zur Graͤfin Diana, verſetzt er. Wie? (ruft aͤngſtlich die Tante,) noch eh am oͤſtlichem Himmel Sich das Morgenroth zeigt, willſt du zu Pferde dich ſe- tzen? Wenigſtens hof ich, mein Sohn, du wirſt mit dem Trank der Levante Dich verwahren! Dies that dein ſeliger Vater! Er ritt nicht Ohne Caffee getrunken zu haben. Die Nebel ſind ietzt noch Giftig. Haſt du auch Luſt, mein Sohn, zu gluͤhen- dem Weine? Willſt du Choklate? Befiehl! Sie ſoll den Augenblick da ſtehn.
Aber der Juͤngling verbat voll Ungeduld alles; und eilet Von der Tante die Stufen hinab. Er ſchwingt ſich zu Pferde, Jagt von dannen, und Wolken von Staub verhuͤllen den Juͤngling. Heiße Thraͤnen vergießt die klagenreiche Matrone, Und ihr thraͤnender Blick folgt ihm noch lange von fern nach.
<TEI><text><body><divn="1"><lg><l><pbfacs="#f0374"n="310"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der Phaeton. Dritter Geſang.</hi></fw></l><lb/><l>Liebte ſie zaͤrtlich den jungen Baron, wie Muͤtter nur<lb/><hirendition="#et">lieben.</hi></l><lb/><l>Von der ſchrecklichen Pfeife geweckt, verließ ſie das Lager,</l><lb/><l>Sah den Freyherrn geſtiefelt, und ſprach: mein Fritz,<lb/><hirendition="#et">mein Geliebter,</hi></l><lb/><l>Sage! wohin ſo fruͤh? Zur Graͤfin Diana, verſetzt er.</l><lb/><l>Wie? (ruft aͤngſtlich die Tante,) noch eh am oͤſtlichem<lb/><hirendition="#et">Himmel</hi></l><lb/><l>Sich das Morgenroth zeigt, willſt du zu Pferde dich ſe-<lb/><hirendition="#et">tzen?</hi></l><lb/><l>Wenigſtens hof ich, mein Sohn, du wirſt mit dem<lb/><hirendition="#et">Trank der Levante</hi></l><lb/><l>Dich verwahren! Dies that dein ſeliger Vater! Er<lb/><hirendition="#et">ritt nicht</hi></l><lb/><l>Ohne Caffee getrunken zu haben. Die Nebel ſind ietzt<lb/><hirendition="#et">noch</hi></l><lb/><l>Giftig. Haſt du auch Luſt, mein Sohn, zu gluͤhen-<lb/><hirendition="#et">dem Weine?</hi></l><lb/><l>Willſt du Choklate? Befiehl! Sie ſoll den Augenblick<lb/><hirendition="#et">da ſtehn.</hi></l></lg><lb/><lg><l>Aber der Juͤngling verbat voll Ungeduld alles;<lb/><hirendition="#et">und eilet</hi></l><lb/><l>Von der Tante die Stufen hinab. Er ſchwingt ſich<lb/><hirendition="#et">zu Pferde,</hi></l><lb/><l>Jagt von dannen, und Wolken von Staub verhuͤllen<lb/><hirendition="#et">den Juͤngling.</hi></l><lb/><l>Heiße Thraͤnen vergießt die klagenreiche Matrone,</l><lb/><l>Und ihr thraͤnender Blick folgt ihm noch lange von fern<lb/><hirendition="#et">nach.</hi></l></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></body></text></TEI>
[310/0374]
Der Phaeton. Dritter Geſang.
Liebte ſie zaͤrtlich den jungen Baron, wie Muͤtter nur
lieben.
Von der ſchrecklichen Pfeife geweckt, verließ ſie das Lager,
Sah den Freyherrn geſtiefelt, und ſprach: mein Fritz,
mein Geliebter,
Sage! wohin ſo fruͤh? Zur Graͤfin Diana, verſetzt er.
Wie? (ruft aͤngſtlich die Tante,) noch eh am oͤſtlichem
Himmel
Sich das Morgenroth zeigt, willſt du zu Pferde dich ſe-
tzen?
Wenigſtens hof ich, mein Sohn, du wirſt mit dem
Trank der Levante
Dich verwahren! Dies that dein ſeliger Vater! Er
ritt nicht
Ohne Caffee getrunken zu haben. Die Nebel ſind ietzt
noch
Giftig. Haſt du auch Luſt, mein Sohn, zu gluͤhen-
dem Weine?
Willſt du Choklate? Befiehl! Sie ſoll den Augenblick
da ſtehn.
Aber der Juͤngling verbat voll Ungeduld alles;
und eilet
Von der Tante die Stufen hinab. Er ſchwingt ſich
zu Pferde,
Jagt von dannen, und Wolken von Staub verhuͤllen
den Juͤngling.
Heiße Thraͤnen vergießt die klagenreiche Matrone,
Und ihr thraͤnender Blick folgt ihm noch lange von fern
nach.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/374>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.