Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Das Schnupftuch.
Der Himmel weiß es auch, was der Begine fehlet.
Und du, ihr Herr Amant, du bist ja sonst stets da,
Wie kam es, daß man dich nicht diesen Abend sah?
Der alte Strom wird dich noch ganz zum Narren
machen,
Mischt der Präceptor sich in alle deine Sachen?
Der Mucker! gieb ihm doch nicht allezeit Gehör,
Du lernst bey Mädchen ja, bey meiner Seele! mehr.

So sprach er; und es trat ein schöner Kerl ins
Zimmer,
Jn dessen schwerer Hand ihm des Burgunders Schim-
mer
Die Augen blendete. So sehr rührt das Gesicht
Der jugendliche Glanz der Morgenröthe nicht.
Es stürzte sich ins Glas der rothe Saft der Reben;
Ein weißer Stern, wie Milch, fieng an sich zu erhe-
ben;
Schoß scharfe Stralen fort, bis an des Glases Rand,
An dem er nach und nach, dem Nordlicht gleich, ver-
schwand.
Der

Das Schnupftuch.
Der Himmel weiß es auch, was der Begine fehlet.
Und du, ihr Herr Amant, du biſt ja ſonſt ſtets da,
Wie kam es, daß man dich nicht dieſen Abend ſah?
Der alte Strom wird dich noch ganz zum Narren
machen,
Miſcht der Praͤceptor ſich in alle deine Sachen?
Der Mucker! gieb ihm doch nicht allezeit Gehoͤr,
Du lernſt bey Maͤdchen ja, bey meiner Seele! mehr.

So ſprach er; und es trat ein ſchoͤner Kerl ins
Zimmer,
Jn deſſen ſchwerer Hand ihm des Burgunders Schim-
mer
Die Augen blendete. So ſehr ruͤhrt das Geſicht
Der jugendliche Glanz der Morgenroͤthe nicht.
Es ſtuͤrzte ſich ins Glas der rothe Saft der Reben;
Ein weißer Stern, wie Milch, fieng an ſich zu erhe-
ben;
Schoß ſcharfe Stralen fort, bis an des Glaſes Rand,
An dem er nach und nach, dem Nordlicht gleich, ver-
ſchwand.
Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="10">
              <pb facs="#f0108" n="100"/>
              <fw place="top" type="header">Das Schnupftuch.</fw><lb/>
              <l>Der Himmel weiß es auch, was der Begine fehlet.</l><lb/>
              <l>Und du, ihr Herr Amant, du bi&#x017F;t ja &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;tets da,</l><lb/>
              <l>Wie kam es, daß man dich nicht die&#x017F;en Abend &#x017F;ah?</l><lb/>
              <l>Der alte Strom wird dich noch ganz zum Narren</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">machen,</hi> </l><lb/>
              <l>Mi&#x017F;cht der Pra&#x0364;ceptor &#x017F;ich in alle deine Sachen?</l><lb/>
              <l>Der Mucker! gieb ihm doch nicht allezeit Geho&#x0364;r,</l><lb/>
              <l>Du lern&#x017F;t bey Ma&#x0364;dchen ja, bey meiner Seele! mehr.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l>So &#x017F;prach er; und es trat ein &#x017F;cho&#x0364;ner Kerl ins</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Zimmer,</hi> </l><lb/>
              <l>Jn de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;chwerer Hand ihm des Burgunders Schim-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">mer</hi> </l><lb/>
              <l>Die Augen blendete. So &#x017F;ehr ru&#x0364;hrt das Ge&#x017F;icht</l><lb/>
              <l>Der jugendliche Glanz der Morgenro&#x0364;the nicht.</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;tu&#x0364;rzte &#x017F;ich ins Glas der rothe Saft der Reben;</l><lb/>
              <l>Ein weißer Stern, wie Milch, fieng an &#x017F;ich zu erhe-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ben;</hi> </l><lb/>
              <l>Schoß &#x017F;charfe Stralen fort, bis an des Gla&#x017F;es Rand,</l><lb/>
              <l>An dem er nach und nach, dem Nordlicht gleich, ver-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;chwand.</hi> </l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[100/0108] Das Schnupftuch. Der Himmel weiß es auch, was der Begine fehlet. Und du, ihr Herr Amant, du biſt ja ſonſt ſtets da, Wie kam es, daß man dich nicht dieſen Abend ſah? Der alte Strom wird dich noch ganz zum Narren machen, Miſcht der Praͤceptor ſich in alle deine Sachen? Der Mucker! gieb ihm doch nicht allezeit Gehoͤr, Du lernſt bey Maͤdchen ja, bey meiner Seele! mehr. So ſprach er; und es trat ein ſchoͤner Kerl ins Zimmer, Jn deſſen ſchwerer Hand ihm des Burgunders Schim- mer Die Augen blendete. So ſehr ruͤhrt das Geſicht Der jugendliche Glanz der Morgenroͤthe nicht. Es ſtuͤrzte ſich ins Glas der rothe Saft der Reben; Ein weißer Stern, wie Milch, fieng an ſich zu erhe- ben; Schoß ſcharfe Stralen fort, bis an des Glaſes Rand, An dem er nach und nach, dem Nordlicht gleich, ver- ſchwand. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/108
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/108>, abgerufen am 27.11.2024.