Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].Vierter Gesang. Der Hauptmann hatte schon viel Gläser ausgeleeret,Viel Schlachten schon ersiegt, viel Länder schon verhee- ret, Als er den braven Graf, (brav durch so schönen Wein,) Jn tiefer Schwermuth sah; er sah es, und hielt ein. Was fehlt dir, kleiner Narr? dein Mädchen, Graf, Belinde! Was schämst du dich? stoß an! Wie? (sprach der Graf,) Belinde? Mein Mädchen? -- Freylich ja, dein Mädchen! läugn es nicht, Denn es verräth dich doch dein jüngferlich Gesicht. Es fiel dem Grafen schwer, der Neigung zu entsagen, Beleidiget zu seyn, und keinem es zu klagen. Und wo ist der Amant, der wie ein Staatsmann schweigt, Und bey dem mächtgen Wein sein zärtlich Herz nicht zeigt? Ach Hauptmann, (sprach der Graf,) mein Unglück ist vollkommen! Ein Schnupftuch, das ich jüngst der Fräulein wegge- nommen, Wozu ihr holder Blick mir selbst Erlaubniß gab, Das G 3
Vierter Geſang. Der Hauptmann hatte ſchon viel Glaͤſer ausgeleeret,Viel Schlachten ſchon erſiegt, viel Laͤnder ſchon verhee- ret, Als er den braven Graf, (brav durch ſo ſchoͤnen Wein,) Jn tiefer Schwermuth ſah; er ſah es, und hielt ein. Was fehlt dir, kleiner Narr? dein Maͤdchen, Graf, Belinde! Was ſchaͤmſt du dich? ſtoß an! Wie? (ſprach der Graf,) Belinde? Mein Maͤdchen? — Freylich ja, dein Maͤdchen! laͤugn es nicht, Denn es verraͤth dich doch dein juͤngferlich Geſicht. Es fiel dem Grafen ſchwer, der Neigung zu entſagen, Beleidiget zu ſeyn, und keinem es zu klagen. Und wo iſt der Amant, der wie ein Staatsmann ſchweigt, Und bey dem maͤchtgen Wein ſein zaͤrtlich Herz nicht zeigt? Ach Hauptmann, (ſprach der Graf,) mein Ungluͤck iſt vollkommen! Ein Schnupftuch, das ich juͤngſt der Fraͤulein wegge- nommen, Wozu ihr holder Blick mir ſelbſt Erlaubniß gab, Das G 3
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Vierter Geſang.
Der Hauptmann hatte ſchon viel Glaͤſer ausgeleeret,
Viel Schlachten ſchon erſiegt, viel Laͤnder ſchon verhee-
ret,
Als er den braven Graf, (brav durch ſo ſchoͤnen Wein,)
Jn tiefer Schwermuth ſah; er ſah es, und hielt ein.
Was fehlt dir, kleiner Narr? dein Maͤdchen, Graf,
Belinde!
Was ſchaͤmſt du dich? ſtoß an! Wie? (ſprach der Graf,)
Belinde?
Mein Maͤdchen? — Freylich ja, dein Maͤdchen! laͤugn
es nicht,
Denn es verraͤth dich doch dein juͤngferlich Geſicht.
Es fiel dem Grafen ſchwer, der Neigung zu entſagen,
Beleidiget zu ſeyn, und keinem es zu klagen.
Und wo iſt der Amant, der wie ein Staatsmann
ſchweigt,
Und bey dem maͤchtgen Wein ſein zaͤrtlich Herz nicht
zeigt?
Ach Hauptmann, (ſprach der Graf,) mein Ungluͤck iſt
vollkommen!
Ein Schnupftuch, das ich juͤngſt der Fraͤulein wegge-
nommen,
Wozu ihr holder Blick mir ſelbſt Erlaubniß gab,
Das
G 3
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