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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Die Nacht.
Freuden, von denen die kleinsten mit höherer Anmuth
entzücken,

Als die prächtigsten Freuden der Welt. Die Chöre
der Engel

Warten auf ihn, mit Palmen und Kronen, den Sieger
zu schmücken.

O wie glücklich ist der, dem sie, die olympische
Hofnung,

Dieses Todtenlied singt! Vergebens schüttelt das Schre-
cken

Auf dem Helme den scheußlichen Kamm; vergebens be-
weinet

Schwacher Sterblichen Thräne die aufgeschwungene
Seele.

Sanft und gelassen schliesset der Christ sein brechendes
Auge,

Und steigt, so wie die Flamme, mit brennender An-
dacht gen Himmel.

So starb Hagedorn jüngst, und fügte zu seinen Ver-
diensten

Noch das größte Verdienst, den Ruhm des sterbenden
Christen.
Ruhiges Land! Hier findet mein Herz die einsa-
me Stille,

Wel-
L 5

Die Nacht.
Freuden, von denen die kleinſten mit hoͤherer Anmuth
entzuͤcken,

Als die praͤchtigſten Freuden der Welt. Die Choͤre
der Engel

Warten auf ihn, mit Palmen und Kronen, den Sieger
zu ſchmuͤcken.

O wie gluͤcklich iſt der, dem ſie, die olympiſche
Hofnung,

Dieſes Todtenlied ſingt! Vergebens ſchuͤttelt das Schre-
cken

Auf dem Helme den ſcheußlichen Kamm; vergebens be-
weinet

Schwacher Sterblichen Thraͤne die aufgeſchwungene
Seele.

Sanft und gelaſſen ſchlieſſet der Chriſt ſein brechendes
Auge,

Und ſteigt, ſo wie die Flamme, mit brennender An-
dacht gen Himmel.

So ſtarb Hagedorn juͤngſt, und fuͤgte zu ſeinen Ver-
dienſten

Noch das groͤßte Verdienſt, den Ruhm des ſterbenden
Chriſten.
Ruhiges Land! Hier findet mein Herz die einſa-
me Stille,

Wel-
L 5
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[169/0177] Die Nacht. Freuden, von denen die kleinſten mit hoͤherer Anmuth entzuͤcken, Als die praͤchtigſten Freuden der Welt. Die Choͤre der Engel Warten auf ihn, mit Palmen und Kronen, den Sieger zu ſchmuͤcken. O wie gluͤcklich iſt der, dem ſie, die olympiſche Hofnung, Dieſes Todtenlied ſingt! Vergebens ſchuͤttelt das Schre- cken Auf dem Helme den ſcheußlichen Kamm; vergebens be- weinet Schwacher Sterblichen Thraͤne die aufgeſchwungene Seele. Sanft und gelaſſen ſchlieſſet der Chriſt ſein brechendes Auge, Und ſteigt, ſo wie die Flamme, mit brennender An- dacht gen Himmel. So ſtarb Hagedorn juͤngſt, und fuͤgte zu ſeinen Ver- dienſten Noch das groͤßte Verdienſt, den Ruhm des ſterbenden Chriſten. Ruhiges Land! Hier findet mein Herz die einſa- me Stille, Wel- L 5

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/177>, abgerufen am 26.11.2024.