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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

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Die Nacht.
Welche die Stadt uns versagt. Sogar dein schattich-
ter Kirchhof

Scheint mir sichrer zum Schlummer, als die um ent-
heiligte Dome,

Wo sich Frechheit zum Laster gesellt. O möcht ich hier
ruhen,

Hier im Schatten geheiligter Linden! O möchte die
Freundschaft

Hier mein Grab mit Blumen bestreun, und etwan
die Thräne

Einer Geliebten mich hier in einsamen Stunden bewei-
nen!

Geht ein Wanderer dann, ein Freund der himmlischen
Musen,

Jn der vertrautichen Gegend vorüber, der nahe der
Gruft sich,

Welche den Dichter bedeckt, und ehre des Schlum-
mernden Asche,

Welcher nichts grössers gekant, als dich, o Tugend, zu
preisen.

Welch ein schwarzer Gedanke verhüllt mir plötz-
lich die Seele,

Und spricht laut in mir selbst? Warum ergießt sich der
Thränen

Mäch-

Die Nacht.
Welche die Stadt uns verſagt. Sogar dein ſchattich-
ter Kirchhof

Scheint mir ſichrer zum Schlummer, als die um ent-
heiligte Dome,

Wo ſich Frechheit zum Laſter geſellt. O moͤcht ich hier
ruhen,

Hier im Schatten geheiligter Linden! O moͤchte die
Freundſchaft

Hier mein Grab mit Blumen beſtreun, und etwan
die Thraͤne

Einer Geliebten mich hier in einſamen Stunden bewei-
nen!

Geht ein Wanderer dann, ein Freund der himmliſchen
Muſen,

Jn der vertrautichen Gegend voruͤber, der nahe der
Gruft ſich,

Welche den Dichter bedeckt, und ehre des Schlum-
mernden Aſche,

Welcher nichts groͤſſers gekant, als dich, o Tugend, zu
preiſen.

Welch ein ſchwarzer Gedanke verhuͤllt mir ploͤtz-
lich die Seele,

Und ſpricht laut in mir ſelbſt? Warum ergießt ſich der
Thraͤnen

Maͤch-
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[170/0178] Die Nacht. Welche die Stadt uns verſagt. Sogar dein ſchattich- ter Kirchhof Scheint mir ſichrer zum Schlummer, als die um ent- heiligte Dome, Wo ſich Frechheit zum Laſter geſellt. O moͤcht ich hier ruhen, Hier im Schatten geheiligter Linden! O moͤchte die Freundſchaft Hier mein Grab mit Blumen beſtreun, und etwan die Thraͤne Einer Geliebten mich hier in einſamen Stunden bewei- nen! Geht ein Wanderer dann, ein Freund der himmliſchen Muſen, Jn der vertrautichen Gegend voruͤber, der nahe der Gruft ſich, Welche den Dichter bedeckt, und ehre des Schlum- mernden Aſche, Welcher nichts groͤſſers gekant, als dich, o Tugend, zu preiſen. Welch ein ſchwarzer Gedanke verhuͤllt mir ploͤtz- lich die Seele, Und ſpricht laut in mir ſelbſt? Warum ergießt ſich der Thraͤnen Maͤch-

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Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/178>, abgerufen am 26.11.2024.