Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

Bild:
<< vorherige Seite

Der Tempel des Friedens.
Und die Felder erstarben vor ihr. Der schreckliche Hunger
Schwebte mit langsamem Flug, von giftigen Seuchen
begleitet,

Ueber dem Lager und über der Stadt, und würgte
mehr Menschen,

Als das blinkende Schwerdt. Jndessen führte die Ehr-
sucht

Jhre Helden von Völkern zu Völkern, von Siege zu
Siege,

Ueber erstorbene Felder einher; der Tempel des Friedens
Schien ihr jedoch noch immer versteckt, obgleich ihr
mit Leichen

Nationen den Weg zu diesem Tempel gezeichnet.
Hier erblickt' ich die stolzen Erobrer, vergötterte Räuber,
Helden, denen zu mehreren Siegen die Erde zu klein
schien.

Das Gerücht, mit schimmernden Kränzen und täu-
schenden Lorbeern,

Flog vor ihnen voraus; es drang die Stimme des
Elends

Nie

Der Tempel des Friedens.
Und die Felder erſtarben vor ihr. Der ſchreckliche Hunger
Schwebte mit langſamem Flug, von giftigen Seuchen
begleitet,

Ueber dem Lager und uͤber der Stadt, und wuͤrgte
mehr Menſchen,

Als das blinkende Schwerdt. Jndeſſen fuͤhrte die Ehr-
ſucht

Jhre Helden von Voͤlkern zu Voͤlkern, von Siege zu
Siege,

Ueber erſtorbene Felder einher; der Tempel des Friedens
Schien ihr jedoch noch immer verſteckt, obgleich ihr
mit Leichen

Nationen den Weg zu dieſem Tempel gezeichnet.
Hier erblickt’ ich die ſtolzen Erobrer, vergoͤtterte Raͤuber,
Helden, denen zu mehreren Siegen die Erde zu klein
ſchien.

Das Geruͤcht, mit ſchimmernden Kraͤnzen und taͤu-
ſchenden Lorbeern,

Flog vor ihnen voraus; es drang die Stimme des
Elends

Nie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <pb facs="#f0210" n="202"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Tempel des Friedens.</hi> </fw><lb/>
          <l>Und die Felder er&#x017F;tarben vor ihr. Der &#x017F;chreckliche Hunger</l><lb/>
          <l>Schwebte mit lang&#x017F;amem Flug, von giftigen Seuchen<lb/><hi rendition="#et">begleitet,</hi></l><lb/>
          <l>Ueber dem Lager und u&#x0364;ber der Stadt, und wu&#x0364;rgte<lb/><hi rendition="#et">mehr Men&#x017F;chen,</hi></l><lb/>
          <l>Als das blinkende Schwerdt. Jnde&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;hrte die Ehr-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;ucht</hi></l><lb/>
          <l>Jhre Helden von Vo&#x0364;lkern zu Vo&#x0364;lkern, von Siege zu<lb/><hi rendition="#et">Siege,</hi></l><lb/>
          <l>Ueber er&#x017F;torbene Felder einher; der Tempel des Friedens</l><lb/>
          <l>Schien ihr jedoch noch immer ver&#x017F;teckt, obgleich ihr<lb/><hi rendition="#et">mit Leichen</hi></l><lb/>
          <l>Nationen den Weg zu die&#x017F;em Tempel gezeichnet.</l><lb/>
          <l>Hier erblickt&#x2019; ich die &#x017F;tolzen Erobrer, vergo&#x0364;tterte Ra&#x0364;uber,</l><lb/>
          <l>Helden, denen zu mehreren Siegen die Erde zu klein<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chien.</hi></l><lb/>
          <l>Das Geru&#x0364;cht, mit &#x017F;chimmernden Kra&#x0364;nzen und ta&#x0364;u-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chenden Lorbeern,</hi></l><lb/>
          <l>Flog vor ihnen voraus; es drang die Stimme des<lb/><hi rendition="#et">Elends</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Nie</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0210] Der Tempel des Friedens. Und die Felder erſtarben vor ihr. Der ſchreckliche Hunger Schwebte mit langſamem Flug, von giftigen Seuchen begleitet, Ueber dem Lager und uͤber der Stadt, und wuͤrgte mehr Menſchen, Als das blinkende Schwerdt. Jndeſſen fuͤhrte die Ehr- ſucht Jhre Helden von Voͤlkern zu Voͤlkern, von Siege zu Siege, Ueber erſtorbene Felder einher; der Tempel des Friedens Schien ihr jedoch noch immer verſteckt, obgleich ihr mit Leichen Nationen den Weg zu dieſem Tempel gezeichnet. Hier erblickt’ ich die ſtolzen Erobrer, vergoͤtterte Raͤuber, Helden, denen zu mehreren Siegen die Erde zu klein ſchien. Das Geruͤcht, mit ſchimmernden Kraͤnzen und taͤu- ſchenden Lorbeern, Flog vor ihnen voraus; es drang die Stimme des Elends Nie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/210
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/210>, abgerufen am 19.05.2024.