Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].Der Morgen. Bis in den innersten Sitz der Seele dusten. Da wolltich Tief gehn in das wallende Korn, das rund um mich herschlägt, Wie ein wogichtes Meer, indem die spielenden Winde Sanft es kräuseln. Auch wollt ich dann oft die Heer- den besuchen, Die an blumichten Höhn, in bunten Wiesen sich wei- den, Und das muntere Lied des frühen Hirten vernehmen, Das er auf seinem ländlichen Rohr dem Wiederhall spielet. Und was wollt ich nicht sehn, was wollt ich nicht alles betreten? Jeden lieblichen Fleck, und jeden geheiligten Schatten, Wo im einsamen Hain der Nachtigall Lieder ertönen, Und mein fühlendes Herz mit süsser Wehmuth erfüllen. Hätte mir dann ein gütig Geschick zu diesem Vergnü- gen Noch das gröste verliehn, ein sanftes fühlendes Mäd- chen, Wie ich sie oft im täuschenden Traum von süssen Ge- danken Mir gedacht; von munterem Witz und redlichem Her- zen, Jch
Der Morgen. Bis in den innerſten Sitz der Seele duſten. Da wolltich Tief gehn in das wallende Korn, das rund um mich herſchlaͤgt, Wie ein wogichtes Meer, indem die ſpielenden Winde Sanft es kraͤuſeln. Auch wollt ich dann oft die Heer- den beſuchen, Die an blumichten Hoͤhn, in bunten Wieſen ſich wei- den, Und das muntere Lied des fruͤhen Hirten vernehmen, Das er auf ſeinem laͤndlichen Rohr dem Wiederhall ſpielet. Und was wollt ich nicht ſehn, was wollt ich nicht alles betreten? Jeden lieblichen Fleck, und jeden geheiligten Schatten, Wo im einſamen Hain der Nachtigall Lieder ertoͤnen, Und mein fuͤhlendes Herz mit ſuͤſſer Wehmuth erfuͤllen. Haͤtte mir dann ein guͤtig Geſchick zu dieſem Vergnuͤ- gen Noch das groͤſte verliehn, ein ſanftes fuͤhlendes Maͤd- chen, Wie ich ſie oft im taͤuſchenden Traum von ſuͤſſen Ge- danken Mir gedacht; von munterem Witz und redlichem Her- zen, Jch
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Der Morgen.
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Tief gehn in das wallende Korn, das rund um mich
herſchlaͤgt,
Wie ein wogichtes Meer, indem die ſpielenden Winde
Sanft es kraͤuſeln. Auch wollt ich dann oft die Heer-
den beſuchen,
Die an blumichten Hoͤhn, in bunten Wieſen ſich wei-
den,
Und das muntere Lied des fruͤhen Hirten vernehmen,
Das er auf ſeinem laͤndlichen Rohr dem Wiederhall
ſpielet.
Und was wollt ich nicht ſehn, was wollt ich nicht alles
betreten?
Jeden lieblichen Fleck, und jeden geheiligten Schatten,
Wo im einſamen Hain der Nachtigall Lieder ertoͤnen,
Und mein fuͤhlendes Herz mit ſuͤſſer Wehmuth erfuͤllen.
Haͤtte mir dann ein guͤtig Geſchick zu dieſem Vergnuͤ-
gen
Noch das groͤſte verliehn, ein ſanftes fuͤhlendes Maͤd-
chen,
Wie ich ſie oft im taͤuſchenden Traum von ſuͤſſen Ge-
danken
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