Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

Bild:
<< vorherige Seite

Der Mittag.
Und der vergüldete Saal tönt vom gemeinen Gelächter.
Niedergeschlagen sitzet bey ihm die sittsame Schöne,
Welcher sein schmutziger Scherz mit jedem Worte das
Antlitz

Hochroth färbt. Wie wünscht sie sich oft zum sparsa-
men Tische

Wieder zurück, wo ehmals ihr Brod die Unschuld ihr
reichte!

Aber sie wurde zu früh der edelsten Eltern beraubet,
Und zur Sklavin des Reichthums gemacht. Die zärt-
lichste Rose

Blüht hier vom Unkraut versteckt; doch bald wird gü-
tig der Himmel

Auf sie blicken; sie wieder hervorziehn unter dem Un-
kraut,

Und ihr leidendes Herz mit einem Würdigen lohnen,
Der sie lange gewünscht, und Tugend und Unschuld
verstehet.

Doch nicht immer umschwebt der niedere Scherz-
und die Grobheit,

Mit dem falschen Geschmack, die freye Tafel des Land-
manns.

Wie beglückt ist Amint auf seinem ruhigen Lustsitz!
Ohne daß er den Namen Mäcen von Schmeichlern er-
kaufet,

Jst

Der Mittag.
Und der verguͤldete Saal toͤnt vom gemeinen Gelaͤchter.
Niedergeſchlagen ſitzet bey ihm die ſittſame Schoͤne,
Welcher ſein ſchmutziger Scherz mit jedem Worte das
Antlitz

Hochroth faͤrbt. Wie wuͤnſcht ſie ſich oft zum ſparſa-
men Tiſche

Wieder zuruͤck, wo ehmals ihr Brod die Unſchuld ihr
reichte!

Aber ſie wurde zu fruͤh der edelſten Eltern beraubet,
Und zur Sklavin des Reichthums gemacht. Die zaͤrt-
lichſte Roſe

Bluͤht hier vom Unkraut verſteckt; doch bald wird guͤ-
tig der Himmel

Auf ſie blicken; ſie wieder hervorziehn unter dem Un-
kraut,

Und ihr leidendes Herz mit einem Wuͤrdigen lohnen,
Der ſie lange gewuͤnſcht, und Tugend und Unſchuld
verſtehet.

Doch nicht immer umſchwebt der niedere Scherz-
und die Grobheit,

Mit dem falſchen Geſchmack, die freye Tafel des Land-
manns.

Wie begluͤckt iſt Amint auf ſeinem ruhigen Luſtſitz!
Ohne daß er den Namen Maͤcen von Schmeichlern er-
kaufet,

Jſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <pb facs="#f0070" n="62"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Mittag.</hi> </fw><lb/>
          <l>Und der vergu&#x0364;ldete Saal to&#x0364;nt vom gemeinen Gela&#x0364;chter.</l><lb/>
          <l>Niederge&#x017F;chlagen &#x017F;itzet bey ihm die &#x017F;itt&#x017F;ame Scho&#x0364;ne,</l><lb/>
          <l>Welcher &#x017F;ein &#x017F;chmutziger Scherz mit jedem Worte das<lb/><hi rendition="#et">Antlitz</hi></l><lb/>
          <l>Hochroth fa&#x0364;rbt. Wie wu&#x0364;n&#x017F;cht &#x017F;ie &#x017F;ich oft zum &#x017F;par&#x017F;a-<lb/><hi rendition="#et">men Ti&#x017F;che</hi></l><lb/>
          <l>Wieder zuru&#x0364;ck, wo ehmals ihr Brod die Un&#x017F;chuld ihr<lb/><hi rendition="#et">reichte!</hi></l><lb/>
          <l>Aber &#x017F;ie wurde zu fru&#x0364;h der edel&#x017F;ten Eltern beraubet,</l><lb/>
          <l>Und zur Sklavin des Reichthums gemacht. Die za&#x0364;rt-<lb/><hi rendition="#et">lich&#x017F;te Ro&#x017F;e</hi></l><lb/>
          <l>Blu&#x0364;ht hier vom Unkraut ver&#x017F;teckt; doch bald wird gu&#x0364;-<lb/><hi rendition="#et">tig der Himmel</hi></l><lb/>
          <l>Auf &#x017F;ie blicken; &#x017F;ie wieder hervorziehn unter dem Un-<lb/><hi rendition="#et">kraut,</hi></l><lb/>
          <l>Und ihr leidendes Herz mit einem Wu&#x0364;rdigen lohnen,</l><lb/>
          <l>Der &#x017F;ie lange gewu&#x0364;n&#x017F;cht, und Tugend und Un&#x017F;chuld<lb/><hi rendition="#et">ver&#x017F;tehet.</hi></l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Doch nicht immer um&#x017F;chwebt der niedere Scherz-<lb/><hi rendition="#et">und die Grobheit,</hi></l><lb/>
          <l>Mit dem fal&#x017F;chen Ge&#x017F;chmack, die freye Tafel des Land-<lb/><hi rendition="#et">manns.</hi></l><lb/>
          <l>Wie beglu&#x0364;ckt i&#x017F;t Amint auf &#x017F;einem ruhigen Lu&#x017F;t&#x017F;itz!</l><lb/>
          <l>Ohne daß er den Namen Ma&#x0364;cen von Schmeichlern er-<lb/><hi rendition="#et">kaufet,</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">J&#x017F;t</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0070] Der Mittag. Und der verguͤldete Saal toͤnt vom gemeinen Gelaͤchter. Niedergeſchlagen ſitzet bey ihm die ſittſame Schoͤne, Welcher ſein ſchmutziger Scherz mit jedem Worte das Antlitz Hochroth faͤrbt. Wie wuͤnſcht ſie ſich oft zum ſparſa- men Tiſche Wieder zuruͤck, wo ehmals ihr Brod die Unſchuld ihr reichte! Aber ſie wurde zu fruͤh der edelſten Eltern beraubet, Und zur Sklavin des Reichthums gemacht. Die zaͤrt- lichſte Roſe Bluͤht hier vom Unkraut verſteckt; doch bald wird guͤ- tig der Himmel Auf ſie blicken; ſie wieder hervorziehn unter dem Un- kraut, Und ihr leidendes Herz mit einem Wuͤrdigen lohnen, Der ſie lange gewuͤnſcht, und Tugend und Unſchuld verſtehet. Doch nicht immer umſchwebt der niedere Scherz- und die Grobheit, Mit dem falſchen Geſchmack, die freye Tafel des Land- manns. Wie begluͤckt iſt Amint auf ſeinem ruhigen Luſtſitz! Ohne daß er den Namen Maͤcen von Schmeichlern er- kaufet, Jſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/70
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/70>, abgerufen am 24.11.2024.