Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764].

Bild:
<< vorherige Seite

Der Mittag.
Und eröfnet vor dir die ernste ruhige Scene.
Von der stürmischen Welt ist diese Wüste geschieden;
Hügel auf Hügel, und Felsen auf Fels, verhindern
den Mittag,

Mit dem brennenden Stral die tiefen Thäler zu sengen.
Einöde! sey mir gegrüßt! Du bist die sicherste Zu-
flucht

Vor dem Narren voll Witz, und vor der wilden Zer-
streuung,

Welche beständig im Lärme der Stadt die Seele ver-
folget.

Hier ist die Einsiedeley der Natur; Hier ist die Be-
hausung

Melancholischer Stille, der Dichtkunst treuesten Freun-
din.

Sey mir gegrüsset, o Hain! Jhr sanften rieselnden
Quellen,

Dieses silbernen Bachs, der von den Felsen herabfließt,
Seyd mir gegrüßt! Oft hab ich allhier begeistert ge-
sessen,

Von der Natur auf mein Blatt die lachenden Scenen
zu stehlen,

Die ich zu schildern gewählt. Hier hast du öfters, o
Muse,

Dei-

Der Mittag.
Und eroͤfnet vor dir die ernſte ruhige Scene.
Von der ſtuͤrmiſchen Welt iſt dieſe Wuͤſte geſchieden;
Huͤgel auf Huͤgel, und Felſen auf Fels, verhindern
den Mittag,

Mit dem brennenden Stral die tiefen Thaͤler zu ſengen.
Einoͤde! ſey mir gegruͤßt! Du biſt die ſicherſte Zu-
flucht

Vor dem Narren voll Witz, und vor der wilden Zer-
ſtreuung,

Welche beſtaͤndig im Laͤrme der Stadt die Seele ver-
folget.

Hier iſt die Einſiedeley der Natur; Hier iſt die Be-
hauſung

Melancholiſcher Stille, der Dichtkunſt treueſten Freun-
din.

Sey mir gegruͤſſet, o Hain! Jhr ſanften rieſelnden
Quellen,

Dieſes ſilbernen Bachs, der von den Felſen herabfließt,
Seyd mir gegruͤßt! Oft hab ich allhier begeiſtert ge-
ſeſſen,

Von der Natur auf mein Blatt die lachenden Scenen
zu ſtehlen,

Die ich zu ſchildern gewaͤhlt. Hier haſt du oͤfters, o
Muſe,

Dei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <pb facs="#f0094" n="86"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Mittag.</hi> </fw><lb/>
          <l>Und ero&#x0364;fnet vor dir die ern&#x017F;te ruhige Scene.</l><lb/>
          <l>Von der &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;chen Welt i&#x017F;t die&#x017F;e Wu&#x0364;&#x017F;te ge&#x017F;chieden;</l><lb/>
          <l>Hu&#x0364;gel auf Hu&#x0364;gel, und Fel&#x017F;en auf Fels, verhindern<lb/><hi rendition="#et">den Mittag,</hi></l><lb/>
          <l>Mit dem brennenden Stral die tiefen Tha&#x0364;ler zu &#x017F;engen.</l><lb/>
          <l>Eino&#x0364;de! &#x017F;ey mir gegru&#x0364;ßt! Du bi&#x017F;t die &#x017F;icher&#x017F;te Zu-<lb/><hi rendition="#et">flucht</hi></l><lb/>
          <l>Vor dem Narren voll Witz, und vor der wilden Zer-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;treuung,</hi></l><lb/>
          <l>Welche be&#x017F;ta&#x0364;ndig im La&#x0364;rme der Stadt die Seele ver-<lb/><hi rendition="#et">folget.</hi></l><lb/>
          <l>Hier i&#x017F;t die Ein&#x017F;iedeley der Natur; Hier i&#x017F;t die Be-<lb/><hi rendition="#et">hau&#x017F;ung</hi></l><lb/>
          <l>Melancholi&#x017F;cher Stille, der Dichtkun&#x017F;t treue&#x017F;ten Freun-<lb/><hi rendition="#et">din.</hi></l><lb/>
          <l>Sey mir gegru&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, o Hain! Jhr &#x017F;anften rie&#x017F;elnden<lb/><hi rendition="#et">Quellen,</hi></l><lb/>
          <l>Die&#x017F;es &#x017F;ilbernen Bachs, der von den Fel&#x017F;en herabfließt,</l><lb/>
          <l>Seyd mir gegru&#x0364;ßt! Oft hab ich allhier begei&#x017F;tert ge-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en,</hi></l><lb/>
          <l>Von der Natur auf mein Blatt die lachenden Scenen<lb/><hi rendition="#et">zu &#x017F;tehlen,</hi></l><lb/>
          <l>Die ich zu &#x017F;childern gewa&#x0364;hlt. Hier ha&#x017F;t du o&#x0364;fters, o<lb/><hi rendition="#et">Mu&#x017F;e,</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Dei-</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0094] Der Mittag. Und eroͤfnet vor dir die ernſte ruhige Scene. Von der ſtuͤrmiſchen Welt iſt dieſe Wuͤſte geſchieden; Huͤgel auf Huͤgel, und Felſen auf Fels, verhindern den Mittag, Mit dem brennenden Stral die tiefen Thaͤler zu ſengen. Einoͤde! ſey mir gegruͤßt! Du biſt die ſicherſte Zu- flucht Vor dem Narren voll Witz, und vor der wilden Zer- ſtreuung, Welche beſtaͤndig im Laͤrme der Stadt die Seele ver- folget. Hier iſt die Einſiedeley der Natur; Hier iſt die Be- hauſung Melancholiſcher Stille, der Dichtkunſt treueſten Freun- din. Sey mir gegruͤſſet, o Hain! Jhr ſanften rieſelnden Quellen, Dieſes ſilbernen Bachs, der von den Felſen herabfließt, Seyd mir gegruͤßt! Oft hab ich allhier begeiſtert ge- ſeſſen, Von der Natur auf mein Blatt die lachenden Scenen zu ſtehlen, Die ich zu ſchildern gewaͤhlt. Hier haſt du oͤfters, o Muſe, Dei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/94
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 4. [Braunschweig], [1764], S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften04_1764/94>, abgerufen am 21.11.2024.