Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 5. [Braunschweig], [1764].Zweyter Gesang. Oft auch sitzt sie am Rahmen, und schaft auf demLeeren der Leinwand Helle Gefilde, den schattichten Wald, und farbichte Blumen; Oder sie windet die glänzende Seide zum einfachen Hauptschmuck Jhres Kastanienhaars, und macht sich allen den Putz selbst, Ungekünstelt, natürlich und schön, den ihre Gespielen Wundernd beneiden, gezwungen erheben, nie selber erfinden. Sinkt nun vom Abend die Ruh und die Stille zum Erdkreis herunter, Und der freundliche Mond hängt über den einsamen Thälern: So tönt oft, am hohen Klavier, und zur silbernen Laute, Jhr bezauberndes Lied. Dann horchen die schweigen- den Linden Um ihr stilles Gemach; wetteifernd singet dazwischen Philomele; der murmelnde Bach fließt sanfter; der Westwind Lauscht C 2
Zweyter Geſang. Oft auch ſitzt ſie am Rahmen, und ſchaft auf demLeeren der Leinwand Helle Gefilde, den ſchattichten Wald, und farbichte Blumen; Oder ſie windet die glaͤnzende Seide zum einfachen Hauptſchmuck Jhres Kaſtanienhaars, und macht ſich allen den Putz ſelbſt, Ungekuͤnſtelt, natuͤrlich und ſchoͤn, den ihre Geſpielen Wundernd beneiden, gezwungen erheben, nie ſelber erfinden. Sinkt nun vom Abend die Ruh und die Stille zum Erdkreis herunter, Und der freundliche Mond haͤngt uͤber den einſamen Thaͤlern: So toͤnt oft, am hohen Klavier, und zur ſilbernen Laute, Jhr bezauberndes Lied. Dann horchen die ſchweigen- den Linden Um ihr ſtilles Gemach; wetteifernd ſinget dazwiſchen Philomele; der murmelnde Bach fließt ſanfter; der Weſtwind Lauſcht C 2
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Zweyter Geſang.
Oft auch ſitzt ſie am Rahmen, und ſchaft auf dem
Leeren der Leinwand
Helle Gefilde, den ſchattichten Wald, und farbichte Blumen;
Oder ſie windet die glaͤnzende Seide zum einfachen
Hauptſchmuck
Jhres Kaſtanienhaars, und macht ſich allen den Putz ſelbſt,
Ungekuͤnſtelt, natuͤrlich und ſchoͤn, den ihre Geſpielen
Wundernd beneiden, gezwungen erheben, nie ſelber
erfinden.
Sinkt nun vom Abend die Ruh und die Stille zum
Erdkreis herunter,
Und der freundliche Mond haͤngt uͤber den einſamen
Thaͤlern:
So toͤnt oft, am hohen Klavier, und zur ſilbernen Laute,
Jhr bezauberndes Lied. Dann horchen die ſchweigen-
den Linden
Um ihr ſtilles Gemach; wetteifernd ſinget dazwiſchen
Philomele; der murmelnde Bach fließt ſanfter; der
Weſtwind
Lauſcht
C 2
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