Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 6. [Braunschweig], [1764].

Bild:
<< vorherige Seite

Dritter Gesang.
Oder Menschen, vermögen die Heucheley zu erforschen;
Dieses Uebel, welches allein auf Erden, im Himmel,
Allem, ausser nur Gott, der oft es zuläßt, verhüllt ist.
Denn oft, wenn die Weisheit auch wacht, so schläft
doch der Argwohn

An der Pforte der Weisheit, und überläßt die Ver-
waltung

Seines Amtes der Einfalt, indem die Gutheit nichts
übels,

Wo nichts übels erscheint, vermuthet. So ward auch
der Engel

Uriel diesmal getäuscht, wiewohl er der Sonne Re-
gent war,

Und der erleuchteste Geist von allen Geistern des Him-
mels.

Offenherzig gab er sogleich dem Betrieger die Antwort:

Schöner Engel, der mächtige Trieb die Werke
des Höchsten

Zu erkennen, um dadurch noch mehr den Schöpfer zu
preisen,

Leitet

Dritter Geſang.
Oder Menſchen, vermoͤgen die Heucheley zu erforſchen;
Dieſes Uebel, welches allein auf Erden, im Himmel,
Allem, auſſer nur Gott, der oft es zulaͤßt, verhuͤllt iſt.
Denn oft, wenn die Weisheit auch wacht, ſo ſchlaͤft
doch der Argwohn

An der Pforte der Weisheit, und uͤberlaͤßt die Ver-
waltung

Seines Amtes der Einfalt, indem die Gutheit nichts
uͤbels,

Wo nichts uͤbels erſcheint, vermuthet. So ward auch
der Engel

Uriel diesmal getaͤuſcht, wiewohl er der Sonne Re-
gent war,

Und der erleuchteſte Geiſt von allen Geiſtern des Him-
mels.

Offenherzig gab er ſogleich dem Betrieger die Antwort:

Schoͤner Engel, der maͤchtige Trieb die Werke
des Hoͤchſten

Zu erkennen, um dadurch noch mehr den Schoͤpfer zu
preiſen,

Leitet
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg>
          <pb facs="#f0299" n="299"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Dritter Ge&#x017F;ang.</hi> </fw><lb/>
          <l>Oder Men&#x017F;chen, vermo&#x0364;gen die Heucheley zu erfor&#x017F;chen;</l><lb/>
          <l>Die&#x017F;es Uebel, welches allein auf Erden, im Himmel,</l><lb/>
          <l>Allem, au&#x017F;&#x017F;er nur Gott, der oft es zula&#x0364;ßt, verhu&#x0364;llt i&#x017F;t.</l><lb/>
          <l>Denn oft, wenn die Weisheit auch wacht, &#x017F;o &#x017F;chla&#x0364;ft<lb/><hi rendition="#et">doch der Argwohn</hi></l><lb/>
          <l>An der Pforte der Weisheit, und u&#x0364;berla&#x0364;ßt die Ver-<lb/><hi rendition="#et">waltung</hi></l><lb/>
          <l>Seines Amtes der Einfalt, indem die Gutheit nichts<lb/><hi rendition="#et">u&#x0364;bels,</hi></l><lb/>
          <l>Wo nichts u&#x0364;bels er&#x017F;cheint, vermuthet. So ward auch<lb/><hi rendition="#et">der Engel</hi></l><lb/>
          <l>Uriel diesmal geta&#x0364;u&#x017F;cht, wiewohl er der Sonne Re-<lb/><hi rendition="#et">gent war,</hi></l><lb/>
          <l>Und der erleuchte&#x017F;te Gei&#x017F;t von allen Gei&#x017F;tern des Him-<lb/><hi rendition="#et">mels.</hi></l><lb/>
          <l>Offenherzig gab er &#x017F;ogleich dem Betrieger die Antwort:</l>
        </lg><lb/>
        <lg>
          <l>Scho&#x0364;ner Engel, der ma&#x0364;chtige Trieb die Werke<lb/><hi rendition="#et">des Ho&#x0364;ch&#x017F;ten</hi></l><lb/>
          <l>Zu erkennen, um dadurch noch mehr den Scho&#x0364;pfer zu<lb/><hi rendition="#et">prei&#x017F;en,</hi></l><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Leitet</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0299] Dritter Geſang. Oder Menſchen, vermoͤgen die Heucheley zu erforſchen; Dieſes Uebel, welches allein auf Erden, im Himmel, Allem, auſſer nur Gott, der oft es zulaͤßt, verhuͤllt iſt. Denn oft, wenn die Weisheit auch wacht, ſo ſchlaͤft doch der Argwohn An der Pforte der Weisheit, und uͤberlaͤßt die Ver- waltung Seines Amtes der Einfalt, indem die Gutheit nichts uͤbels, Wo nichts uͤbels erſcheint, vermuthet. So ward auch der Engel Uriel diesmal getaͤuſcht, wiewohl er der Sonne Re- gent war, Und der erleuchteſte Geiſt von allen Geiſtern des Him- mels. Offenherzig gab er ſogleich dem Betrieger die Antwort: Schoͤner Engel, der maͤchtige Trieb die Werke des Hoͤchſten Zu erkennen, um dadurch noch mehr den Schoͤpfer zu preiſen, Leitet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften06_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften06_1764/299
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 6. [Braunschweig], [1764], S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften06_1764/299>, abgerufen am 21.11.2024.