Zeller, Eduard: Über Bedeutung und Aufgabe der Erkenntniss-Theorie. Ein akademischer Vortrag. Heidelberg, 1862.überhaupt ausgehen muss. Denn wie wir zu verfahren überhaupt ausgehen muss. Denn wie wir zu verfahren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0015" n="11"/> überhaupt ausgehen muss. Denn wie wir zu verfahren<lb/> haben, um richtige Vorstellungen zu gewinnen, diess<lb/> werden wir nur nach Maassgabe der Bedingungen be¬<lb/> urtheilen können, an welche die Bildung unserer Vor¬<lb/> stellungen durch die Natur unseres Geistes geknüpft ist;<lb/> diese Bedingungen aber soll eben die Erkenntnisstheorie<lb/> untersuchen, und hienach bestimmen, ob und unter wel¬<lb/> chen Voraussetzungen der menschliche Geist zur Er¬<lb/> kenntniss der Wahrheit befähigt ist. Das Bedürfniss<lb/> solcher Untersuchungen hat sich daher der Philosophie<lb/> aufgedrängt, seit ihr durch Sokrates die Idee eines<lb/> methodischen, von einer bestimmten Ueberzeugung über<lb/> die Natur des Wissens geleiteten Verfahrens zum Be¬<lb/> wusstsein gebracht worden ist. Aber erst in den letzten<lb/> Jahrhunderten ist ihre volle Bedeutung hervorgetreten<lb/> und ihre Aufgabe schärfer bestimmt worden. Schon in<lb/> den ersten Begründern der neueren Philosophie, in <hi rendition="#g">Baco</hi><lb/> und <hi rendition="#g">Descartes</hi>, traten sich die zwei wissenschaftlichen<lb/> Richtungen des Empirismus und des Rationalismus ge¬<lb/> genüber. Hatte <hi rendition="#g">Baco</hi> vorausgesetzt, dass alles Wissen<lb/> aus der Erfahrung entspringe, so suchte <hi rendition="#g">Hobbes</hi> ge¬<lb/> nauer zu zeigen, in welcher Weise unsere Vorstellungen<lb/> und Gedanken aus der sinnlichen Empfindung hervor¬<lb/> gehen; und <hi rendition="#g">Locke</hi> wies, unter ausdrücklicher Bestrei¬<lb/> tung der angeborenen Ideen, in der äusseren und inneren<lb/> Erfahrung die zwei Quellen nach, aus denen der ganze<lb/> Inhalt unseres Bewusstseins ausschliesslich herzuleiten sei.<lb/> Gegen ihn verfocht <hi rendition="#g">Leibnitz</hi> die cartesianische An¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0015]
überhaupt ausgehen muss. Denn wie wir zu verfahren
haben, um richtige Vorstellungen zu gewinnen, diess
werden wir nur nach Maassgabe der Bedingungen be¬
urtheilen können, an welche die Bildung unserer Vor¬
stellungen durch die Natur unseres Geistes geknüpft ist;
diese Bedingungen aber soll eben die Erkenntnisstheorie
untersuchen, und hienach bestimmen, ob und unter wel¬
chen Voraussetzungen der menschliche Geist zur Er¬
kenntniss der Wahrheit befähigt ist. Das Bedürfniss
solcher Untersuchungen hat sich daher der Philosophie
aufgedrängt, seit ihr durch Sokrates die Idee eines
methodischen, von einer bestimmten Ueberzeugung über
die Natur des Wissens geleiteten Verfahrens zum Be¬
wusstsein gebracht worden ist. Aber erst in den letzten
Jahrhunderten ist ihre volle Bedeutung hervorgetreten
und ihre Aufgabe schärfer bestimmt worden. Schon in
den ersten Begründern der neueren Philosophie, in Baco
und Descartes, traten sich die zwei wissenschaftlichen
Richtungen des Empirismus und des Rationalismus ge¬
genüber. Hatte Baco vorausgesetzt, dass alles Wissen
aus der Erfahrung entspringe, so suchte Hobbes ge¬
nauer zu zeigen, in welcher Weise unsere Vorstellungen
und Gedanken aus der sinnlichen Empfindung hervor¬
gehen; und Locke wies, unter ausdrücklicher Bestrei¬
tung der angeborenen Ideen, in der äusseren und inneren
Erfahrung die zwei Quellen nach, aus denen der ganze
Inhalt unseres Bewusstseins ausschliesslich herzuleiten sei.
Gegen ihn verfocht Leibnitz die cartesianische An¬
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