Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.vierdes Buch. deuterei unverhindert üben konte. Zu dem ende ginger viel üm mit einem gefangenen Kaldeer. Den ent- schlug er auch von seiner arbeit; damit er die geheimnüs- se dieser Kunst von ihm üm so viel besser erfahren könte. In kurtzer zeit gelangte er darinnen so weit/ daß er aus dem stande des Gestirnes in seiner gebuhrtsstunde das gantze glük und unglük seines Lebens ersahe. Er sahe/ was ihm vormahls begegnet; was ihm itzund begegne- te; und was ihm noch künftig begegnen würde. Er sa- he/ daß er über zwei jahr auf eine hohe staffel der ehren würde erhoben werden. Auch untersuchte er den stern- stand in der gebuhrtsstunde seines Vaters/ die ihm noch wohl bewust war. Darinnen befand er/ daß Ja- kob kurtzkünftig in ein fremdes land ziehen solte; und alda würde er sterben. Solchergestalt übte sich Josef in dieser Kunst/ die ge- K iij
vierdes Buch. deuterei unverhindert uͤben konte. Zu dem ende ginger viel uͤm mit einem gefangenen Kaldeer. Den ent- ſchlug er auch von ſeiner arbeit; damit er die geheimnuͤſ- ſe dieſer Kunſt von ihm uͤm ſo viel beſſer erfahren koͤnte. In kurtzer zeit gelangte er darinnen ſo weit/ daß er aus dem ſtande des Geſtirnes in ſeiner gebuhrtsſtunde das gantze gluͤk und ungluͤk ſeines Lebens erſahe. Er ſahe/ was ihm vormahls begegnet; was ihm itzund begegne- te; und was ihm noch kuͤnftig begegnen wuͤrde. Er ſa- he/ daß er uͤber zwei jahr auf eine hohe ſtaffel der ehren wuͤrde erhoben werden. Auch unterſuchte er den ſtern- ſtand in der gebuhrtsſtunde ſeines Vaters/ die ihm noch wohl bewuſt war. Darinnen befand er/ daß Ja- kob kurtzkuͤnftig in ein fremdes land ziehen ſolte; und alda wuͤrde er ſterben. Solchergeſtalt uͤbte ſich Joſef in dieſer Kunſt/ die ge- K iij
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vierdes Buch.
deuterei unverhindert uͤben konte. Zu dem ende ging
er viel uͤm mit einem gefangenen Kaldeer. Den ent-
ſchlug er auch von ſeiner arbeit; damit er die geheimnuͤſ-
ſe dieſer Kunſt von ihm uͤm ſo viel beſſer erfahren koͤnte.
In kurtzer zeit gelangte er darinnen ſo weit/ daß er aus
dem ſtande des Geſtirnes in ſeiner gebuhrtsſtunde das
gantze gluͤk und ungluͤk ſeines Lebens erſahe. Er ſahe/
was ihm vormahls begegnet; was ihm itzund begegne-
te; und was ihm noch kuͤnftig begegnen wuͤrde. Er ſa-
he/ daß er uͤber zwei jahr auf eine hohe ſtaffel der ehren
wuͤrde erhoben werden. Auch unterſuchte er den ſtern-
ſtand in der gebuhrtsſtunde ſeines Vaters/ die ihm
noch wohl bewuſt war. Darinnen befand er/ daß Ja-
kob kurtzkuͤnftig in ein fremdes land ziehen ſolte; und
alda wuͤrde er ſterben.
Solchergeſtalt uͤbte ſich Joſef in dieſer Kunſt/ die
verborgenheiten der Sternſchrift zu erforſchen/ tag und
nacht. Dieſes große Buch der Natur war ihm nun
nicht mehr dunkel zu leſen. Sein ſcharf ſinniger ver-
ſtand drung faſt durch alle deſſelben geheimnuͤſſe hin.
Jedoch war er in dieſer ſache ſo abergleubiſch nicht/ als
die Kaldeer. Er machte daraus keine nohtwendigkeit/
wie ſie. Er wuſte zwar/ daß Gott die Natur geſchaffen/
und daß Er ihren lauf eingerichtet. Aber er wuſte auch/
daß es in ſeiner macht ſtuͤnde/ ſie/ zuſamt ihrem lauf-
ſe/ zu aͤndern: welches Er gleichwohl ohne hochwuͤchti-
ge urſachen niemahls taͤhte. Er wuſte/ daß das Stern-
buch anders nicht/ als Gottes Warn- und zeichen-buch
ſei: dadurch Er zugleich den Menſchen ſeine Almacht/
ſo wohl im zorne das ungluͤk/ als in der guͤhte das gluͤk
kommen zu laßen/ vor augen geſtellet: daß Er naͤhm-
lich/ wan ſie in ihren ſuͤnden verharreten/ boͤſes/ und
wan ſie darvon abſtuͤnden/ guhtes tuhn koͤnte; aber
nicht alzeit wolte: indem Er das angezeigte oder ver-
ſprochene guhte/ wan ſie boͤſes taͤhten/ ſo wohl als das
ge-
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