Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Assenat
liche/ so fürtrefliche/ so schöne früchte trug ihm seine
Gottesfurcht. Assenat war die schönste/ die Tugend-
volkomneste/ und/ nächst der Königlichen Fürstin
Nitokris/ die allerfürnehmste junge Fürstin des gan-
tzen Egiptens. Eine so fürtrefliche Braut ward dem
Josef zu teile. Ein so edeler schatz muste die bitterkeit
seines gelittenen elendes versüßen. Aus dem Hause/
da man ihm die meiste schmaach zugefüget/ ward er mit
ehren gekröhnet/ mit freuden erfüllet/ mit wohllust ge-
sättiget. Jederman war/ mit ihm/ erfreuet. Jeder-
man wündschte den neuen Breuten glük. Unter dem
getöhne der klingspiele/ unter dem schalle der trompeten/
erhub sich/ durch den gantzen saal/ ein fröhlicher zuruf.
Und dieser währete so lange/ bis die spähte nacht sie zu
scheiden nöhtigte.

Auf den morgen ward der tag zum Beilager bestim-
met. Inzwischen solte alles darzu auf des Königes ko-
sten/ färtig gemacht werden. Inzwischen wolte Josef
das Ober- und Mittel-Egipten durchreisen. Alda
wolte er gleich also/ wie er im Unter-Egipten getahn/
zur einsamlung des getreidichs anstalt machen. Nach
dieser entschliessung begab sich der Ertzbischof/ samt sei-
ner gemahlin und Freulein Tochter/ wieder nach He-
liopel.
Der Schaltkönig begleitete sie: und als man
daselbsten angelanget/ besahe er zugleich die heilige
Sonnenburg/ die zwanzigjährige wohnung der schö-
nen Assenat.

Diese Burg lag recht vor dem Ertzbischoflichen
Schlosse/ rundherüm mit Lust-Baum- und andern
gärten/ als auch einer starken und hohen mauer ümge-
ben. Zwei tohre gingen in den hof des gemelten Schlos-
ses/ und eben so viel nach der stadt zu: jene gegen mor-
gen und mittag/ diese gegen abend und mitternacht.
Auf der Morgenseite lag der Lustgarten: auf der mit-
tagsseite der Baumgarten: auf der abendseite der Kü-

chen-

Der Aſſenat
liche/ ſo fuͤrtrefliche/ ſo ſchoͤne fruͤchte trug ihm ſeine
Gottesfurcht. Aſſenat war die ſchoͤnſte/ die Tugend-
volkomneſte/ und/ naͤchſt der Koͤniglichen Fuͤrſtin
Nitokris/ die allerfuͤrnehmſte junge Fuͤrſtin des gan-
tzen Egiptens. Eine ſo fuͤrtrefliche Braut ward dem
Joſef zu teile. Ein ſo edeler ſchatz muſte die bitterkeit
ſeines gelittenen elendes verſuͤßen. Aus dem Hauſe/
da man ihm die meiſte ſchmaach zugefuͤget/ ward er mit
ehren gekroͤhnet/ mit freuden erfuͤllet/ mit wohlluſt ge-
ſaͤttiget. Jederman war/ mit ihm/ erfreuet. Jeder-
man wuͤndſchte den neuen Breuten gluͤk. Unter dem
getoͤhne der klingſpiele/ unter dem ſchalle der trompeten/
erhub ſich/ durch den gantzen ſaal/ ein froͤhlicher zuruf.
Und dieſer waͤhrete ſo lange/ bis die ſpaͤhte nacht ſie zu
ſcheiden noͤhtigte.

Auf den morgen ward der tag zum Beilager beſtim-
met. Inzwiſchen ſolte alles darzu auf des Koͤniges ko-
ſten/ faͤrtig gemacht werden. Inzwiſchen wolte Joſef
das Ober- und Mittel-Egipten durchreiſen. Alda
wolte er gleich alſo/ wie er im Unter-Egipten getahn/
zur einſamlung des getreidichs anſtalt machen. Nach
dieſer entſchlieſſung begab ſich der Ertzbiſchof/ ſamt ſei-
ner gemahlin und Freulein Tochter/ wieder nach He-
liopel.
Der Schaltkoͤnig begleitete ſie: und als man
daſelbſten angelanget/ beſahe er zugleich die heilige
Sonnenburg/ die zwanzigjaͤhrige wohnung der ſchoͤ-
nen Aſſenat.

Dieſe Burg lag recht vor dem Ertzbiſchoflichen
Schloſſe/ rundheruͤm mit Luſt-Baum- und andern
gaͤrten/ als auch einer ſtarken und hohen mauer uͤmge-
ben. Zwei tohre gingen in den hof des gemelten Schlos-
ſes/ und eben ſo viel nach der ſtadt zu: jene gegen mor-
gen und mittag/ dieſe gegen abend und mitternacht.
Auf der Morgenſeite lag der Luſtgarten: auf der mit-
tagsſeite der Baumgarten: auf der abendſeite der Kuͤ-

chen-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0248" n="224"/><fw place="top" type="header">Der A&#x017F;&#x017F;enat</fw><lb/>
liche/ &#x017F;o fu&#x0364;rtrefliche/ &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;ne fru&#x0364;chte trug ihm &#x017F;eine<lb/>
Gottesfurcht. <hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;enat</hi> war die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te/ die Tugend-<lb/>
volkomne&#x017F;te/ und/ na&#x0364;ch&#x017F;t der Ko&#x0364;niglichen Fu&#x0364;r&#x017F;tin<lb/><hi rendition="#fr">Nitokris</hi>/ die allerfu&#x0364;rnehm&#x017F;te junge Fu&#x0364;r&#x017F;tin des gan-<lb/>
tzen Egiptens. Eine &#x017F;o fu&#x0364;rtrefliche Braut ward dem<lb/><hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi> zu teile. Ein &#x017F;o edeler &#x017F;chatz mu&#x017F;te die bitterkeit<lb/>
&#x017F;eines gelittenen elendes ver&#x017F;u&#x0364;ßen. Aus dem Hau&#x017F;e/<lb/>
da man ihm die mei&#x017F;te &#x017F;chmaach zugefu&#x0364;get/ ward er mit<lb/>
ehren gekro&#x0364;hnet/ mit freuden erfu&#x0364;llet/ mit wohllu&#x017F;t ge-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;ttiget. Jederman war/ mit ihm/ erfreuet. Jeder-<lb/>
man wu&#x0364;nd&#x017F;chte den neuen Breuten glu&#x0364;k. Unter dem<lb/>
geto&#x0364;hne der kling&#x017F;piele/ unter dem &#x017F;challe der trompeten/<lb/>
erhub &#x017F;ich/ durch den gantzen &#x017F;aal/ ein fro&#x0364;hlicher zuruf.<lb/>
Und die&#x017F;er wa&#x0364;hrete &#x017F;o lange/ bis die &#x017F;pa&#x0364;hte nacht &#x017F;ie zu<lb/>
&#x017F;cheiden no&#x0364;htigte.</p><lb/>
        <p>Auf den morgen ward der tag zum Beilager be&#x017F;tim-<lb/>
met. Inzwi&#x017F;chen &#x017F;olte alles darzu auf des Ko&#x0364;niges ko-<lb/>
&#x017F;ten/ fa&#x0364;rtig gemacht werden. Inzwi&#x017F;chen wolte <hi rendition="#fr">Jo&#x017F;ef</hi><lb/>
das <hi rendition="#fr">Ober- und Mittel-Egipten</hi> durchrei&#x017F;en. Alda<lb/>
wolte er gleich al&#x017F;o/ wie er im <hi rendition="#fr">Unter-Egipten</hi> getahn/<lb/>
zur ein&#x017F;amlung des getreidichs an&#x017F;talt machen. Nach<lb/>
die&#x017F;er ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung begab &#x017F;ich der Ertzbi&#x017F;chof/ &#x017F;amt &#x017F;ei-<lb/>
ner gemahlin und Freulein Tochter/ wieder nach <hi rendition="#fr">He-<lb/>
liopel.</hi> Der Schaltko&#x0364;nig begleitete &#x017F;ie: und als man<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;ten angelanget/ be&#x017F;ahe er zugleich die heilige<lb/><hi rendition="#fr">Sonnenburg</hi>/ die zwanzigja&#x0364;hrige wohnung der &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
nen <hi rendition="#fr">A&#x017F;&#x017F;enat.</hi></p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Burg lag recht vor dem Ertzbi&#x017F;choflichen<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;e/ rundheru&#x0364;m mit Lu&#x017F;t-Baum- und andern<lb/>
ga&#x0364;rten/ als auch einer &#x017F;tarken und hohen mauer u&#x0364;mge-<lb/>
ben. Zwei tohre gingen in den hof des gemelten Schlos-<lb/>
&#x017F;es/ und eben &#x017F;o viel nach der &#x017F;tadt zu: jene gegen mor-<lb/>
gen und mittag/ die&#x017F;e gegen abend und mitternacht.<lb/>
Auf der Morgen&#x017F;eite lag der Lu&#x017F;tgarten: auf der mit-<lb/>
tags&#x017F;eite der Baumgarten: auf der abend&#x017F;eite der Ku&#x0364;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">chen-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0248] Der Aſſenat liche/ ſo fuͤrtrefliche/ ſo ſchoͤne fruͤchte trug ihm ſeine Gottesfurcht. Aſſenat war die ſchoͤnſte/ die Tugend- volkomneſte/ und/ naͤchſt der Koͤniglichen Fuͤrſtin Nitokris/ die allerfuͤrnehmſte junge Fuͤrſtin des gan- tzen Egiptens. Eine ſo fuͤrtrefliche Braut ward dem Joſef zu teile. Ein ſo edeler ſchatz muſte die bitterkeit ſeines gelittenen elendes verſuͤßen. Aus dem Hauſe/ da man ihm die meiſte ſchmaach zugefuͤget/ ward er mit ehren gekroͤhnet/ mit freuden erfuͤllet/ mit wohlluſt ge- ſaͤttiget. Jederman war/ mit ihm/ erfreuet. Jeder- man wuͤndſchte den neuen Breuten gluͤk. Unter dem getoͤhne der klingſpiele/ unter dem ſchalle der trompeten/ erhub ſich/ durch den gantzen ſaal/ ein froͤhlicher zuruf. Und dieſer waͤhrete ſo lange/ bis die ſpaͤhte nacht ſie zu ſcheiden noͤhtigte. Auf den morgen ward der tag zum Beilager beſtim- met. Inzwiſchen ſolte alles darzu auf des Koͤniges ko- ſten/ faͤrtig gemacht werden. Inzwiſchen wolte Joſef das Ober- und Mittel-Egipten durchreiſen. Alda wolte er gleich alſo/ wie er im Unter-Egipten getahn/ zur einſamlung des getreidichs anſtalt machen. Nach dieſer entſchlieſſung begab ſich der Ertzbiſchof/ ſamt ſei- ner gemahlin und Freulein Tochter/ wieder nach He- liopel. Der Schaltkoͤnig begleitete ſie: und als man daſelbſten angelanget/ beſahe er zugleich die heilige Sonnenburg/ die zwanzigjaͤhrige wohnung der ſchoͤ- nen Aſſenat. Dieſe Burg lag recht vor dem Ertzbiſchoflichen Schloſſe/ rundheruͤm mit Luſt-Baum- und andern gaͤrten/ als auch einer ſtarken und hohen mauer uͤmge- ben. Zwei tohre gingen in den hof des gemelten Schlos- ſes/ und eben ſo viel nach der ſtadt zu: jene gegen mor- gen und mittag/ dieſe gegen abend und mitternacht. Auf der Morgenſeite lag der Luſtgarten: auf der mit- tagsſeite der Baumgarten: auf der abendſeite der Kuͤ- chen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/248
Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/248>, abgerufen am 22.12.2024.