Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.erstes Buch. frauen lieffen herzu. Ja die alten Mütter selbsten ver-mochten nicht in den heusern zu bleiben. Die unver- gleichliche schönheit des Ebreischen Leibeignen machte sie alle entzükt. Aller augen sahen auf ihn. Niemand konte/ selbst mit tausend anblikken/ sein gesichte genug sättigen. Je mehr sie ihn ansahen/ ie schöner er schien. Josef war auch in warheit so wunderschön/ daß er ge- A iij
erſtes Buch. frauen lieffen herzu. Ja die alten Muͤtter ſelbſten ver-mochten nicht in den heuſern zu bleiben. Die unver- gleichliche ſchoͤnheit des Ebreiſchen Leibeignen machte ſie alle entzuͤkt. Aller augen ſahen auf ihn. Niemand konte/ ſelbſt mit tauſend anblikken/ ſein geſichte genug ſaͤttigen. Je mehr ſie ihn anſahen/ ie ſchoͤner er ſchien. Joſef war auch in warheit ſo wunderſchoͤn/ daß er ge- A iij
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erſtes Buch.
frauen lieffen herzu. Ja die alten Muͤtter ſelbſten ver-
mochten nicht in den heuſern zu bleiben. Die unver-
gleichliche ſchoͤnheit des Ebreiſchen Leibeignen machte
ſie alle entzuͤkt. Aller augen ſahen auf ihn. Niemand
konte/ ſelbſt mit tauſend anblikken/ ſein geſichte genug
ſaͤttigen. Je mehr ſie ihn anſahen/ ie ſchoͤner er ſchien.
Joſef war auch in warheit ſo wunderſchoͤn/ daß er
zu der zeit vor das allerſchoͤnſte geſchoͤpfe/ ja ſelbſt vor
das allervolkommenſte meiſterſtuͤkke der Zeugemut-
ter aller dinge nicht unbillich geſchaͤtzet ward. Ja es iſt
kein wunder. Sara war ſeine Vorgroßmutter; und
ſo uͤberaus ſchoͤn/ daß ſich zwee Koͤnige/ der von Egip-
ten/ und der von Gerar/ in ihre ſchoͤnheit verliebeten.
Rebekka war ſeine Großmutter; und eben ſo wun-
derſchoͤn/ daß es wenig fehlete/ der letztgemelte Koͤnig
der Filiſter hette ſich auch an ihr vernarret. Ja ſeine
Mutter ſelbſten/ die hold- und lieb-ſeelige Rahel/
fchien alle beide/ durch ihre mehr als menſchliche ſchoͤn-
heit/ weit zu uͤbertreffen. Ihr gantzer leib befand ſich ſo
ausbuͤndig zierlich gebildet/ und ſo uͤber die maße ſchoͤn/
daß der tadel ſelbſten keinen einigen fehler an ihr zu fin-
den wuſte. Ihre haut war ſo hochweis/ ſo klahr/ ſo
zahrt/ ſo rein/ und ſo ſanfte/ als ein erſtgefallener ſchnee.
Durch dieſe ſo reinklare haut ſchimmerten hier und
dar/ gleich als im allerweiſſeſten marmel/ die zaͤhrte-
ſten aͤderlein/ ſo wohl roht/ als blau: und auf den ahrti-
gen ſchneeber glein der wangen bluͤhete eine recht anmuh-
tige roſenroͤhte/ nicht zu hoch und nicht zu bleich. Alda
hatte ihren eigenen ſitz die Schaam/ die eigne/ wo nicht
einige zier des Frauenzimmers. Uber dem allerzier-
lichſten ſchneehuͤgel des kinnes erhub ſich des mundes
ſchlos/ mit ſtrahlrohten rubienwaͤllen uͤmgeben. Hier
wohnete die Liebe. Hier laͤchelte die freundligkeit. Hier
ſpielete die wohlredenheit. Unter der ſtirne/ der erho-
benen ſinnenburg/ ſtrahlete/ ja blitzelte das zweifache
ge-
A iij
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