Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.Kurtzbündige nig nach der sündfluht. Und unter diesem nahmen/der aus Misorim/ durch versetzung der buchst aben/ gebildet/ wie bei den Heiden/ wan sie ihre Wohltäh- ter vergötlichten/ gebreuchlich/ ehreten die Egipter fürnehmlich die liebreiche Kraft der irdischen und him- lischen dinge. Als erstlich die Sonne/ so fern sie den liechtlosen Mohn erleuchtet/ und das kalte Erdreich erwärmet: darnach den Niel/ so fern er/ durch seinen überlauf das trukne und durstige land tränket und fruchtbar machet; wie Seldenus erweiset. Und also war Osiris dort eine himlische/ hier eine irdische Gottheit; ich wil sagen ein Sonnen- und Flus- götze: den sie ehreten/ als andere Völker ihren Apol- lo oder Föbus/ und Bachus oder Liber; indem sie ihm die erfindung des Weinbaues/ und Gerstesäens/ wie Augustien bezeuget/ zuschrieben. Auch scheinet es/ daß sie ihm den nahmen Osiris üm so viel lieber gege- ben; weil sie gesehen/ daß Osir vieläugig/ welches sonst der Sonne/ die sie die einige Gottheit des himmels nenten/ zugeeignet wird/ bedeutet. Dan die Sonne wirft ihre strahlen überal hin/ und beschauet gleich als mit vielen augen den gantzen erdkreus/ samt der see: daher auch Homerus/ im 3 seiner Trojanerin/ sie also anredet:
Das ist/ o Sonne/ die du alles siehest/ und alles hörest. Und Eschiel sagt in seinem Prometeus; Kai t panopten kuklon eliou kalo. Das ist/ ich nenne ihn den Sonnenkreus/ der alles siehet. Ja Osi- ris selbsten gab dem Ziprischen Könige Nikokreon/ als er ihn fragte/ was er vor ein Gott sei/ folgende antwort:
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Kurtzbuͤndige nig nach der ſuͤndfluht. Und unter dieſem nahmen/der aus Miſorim/ durch verſetzung der buchſt aben/ gebildet/ wie bei den Heiden/ wan ſie ihre Wohltaͤh- ter vergoͤtlichten/ gebreuchlich/ ehreten die Egipter fuͤrnehmlich die liebreiche Kraft der irdiſchen und him- liſchen dinge. Als erſtlich die Sonne/ ſo fern ſie den liechtloſen Mohn erleuchtet/ und das kalte Erdreich erwaͤrmet: darnach den Niel/ ſo fern er/ durch ſeinen uͤberlauf das trukne und durſtige land traͤnket und fruchtbar machet; wie Seldenus erweiſet. Und alſo war Oſiris dort eine himliſche/ hier eine irdiſche Gottheit; ich wil ſagen ein Sonnen- und Flus- goͤtze: den ſie ehreten/ als andere Voͤlker ihren Apol- lo oder Foͤbus/ und Bachus oder Liber; indem ſie ihm die erfindung des Weinbaues/ und Gerſteſaͤens/ wie Auguſtien bezeuget/ zuſchrieben. Auch ſcheinet es/ daß ſie ihm den nahmen Oſiris uͤm ſo viel lieber gege- ben; weil ſie geſehen/ daß Oſir vielaͤugig/ welches ſonſt der Sonne/ die ſie die einige Gottheit des him̃els nenten/ zugeeignet wird/ bedeutet. Dan die Sonne wirft ihre ſtrahlen uͤberal hin/ und beſchauet gleich als mit vielen augen den gantzen erdkreus/ ſamt der ſee: daher auch Homerus/ im 3 ſeiner Trojanerin/ ſie alſo anredet:
Das iſt/ o Sonne/ die du alles ſieheſt/ und alles hoͤreſt. Und Eſchiel ſagt in ſeinem Prometeus; Καὶ τ̏ πανόπτην κύκλον ἡλίου καλῶ. Das iſt/ ich nenne ihn den Sonnenkreus/ der alles ſiehet. Ja Oſi- ris ſelbſten gab dem Zipriſchen Koͤnige Nikokreon/ als er ihn fragte/ was er vor ein Gott ſei/ folgende antwort:
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Kurtzbuͤndige
nig nach der ſuͤndfluht. Und unter dieſem nahmen/
der aus Miſorim/ durch verſetzung der buchſt aben/
gebildet/ wie bei den Heiden/ wan ſie ihre Wohltaͤh-
ter vergoͤtlichten/ gebreuchlich/ ehreten die Egipter
fuͤrnehmlich die liebreiche Kraft der irdiſchen und him-
liſchen dinge. Als erſtlich die Sonne/ ſo fern ſie den
liechtloſen Mohn erleuchtet/ und das kalte Erdreich
erwaͤrmet: darnach den Niel/ ſo fern er/ durch ſeinen
uͤberlauf das trukne und durſtige land traͤnket und
fruchtbar machet; wie Seldenus erweiſet. Und
alſo war Oſiris dort eine himliſche/ hier eine irdiſche
Gottheit; ich wil ſagen ein Sonnen- und Flus-
goͤtze: den ſie ehreten/ als andere Voͤlker ihren Apol-
lo oder Foͤbus/ und Bachus oder Liber; indem ſie
ihm die erfindung des Weinbaues/ und Gerſteſaͤens/
wie Auguſtien bezeuget/ zuſchrieben. Auch ſcheinet es/
daß ſie ihm den nahmen Oſiris uͤm ſo viel lieber gege-
ben; weil ſie geſehen/ daß Oſir vielaͤugig/ welches
ſonſt der Sonne/ die ſie die einige Gottheit des him̃els
nenten/ zugeeignet wird/ bedeutet. Dan die Sonne
wirft ihre ſtrahlen uͤberal hin/ und beſchauet gleich als
mit vielen augen den gantzen erdkreus/ ſamt der ſee:
daher auch Homerus/ im 3 ſeiner Trojanerin/ ſie alſo
anredet:
Ἡέλιος ϑ̕ὅς πάντ̕ ἐφορᾷς, καὶ παντ̕ ἐπακούεις.
Das iſt/ o Sonne/ die du alles ſieheſt/ und alles
hoͤreſt. Und Eſchiel ſagt in ſeinem Prometeus;
Καὶ τ̏ πανόπτην κύκλον ἡλίου καλῶ. Das iſt/ ich nenne
ihn den Sonnenkreus/ der alles ſiehet. Ja Oſi-
ris ſelbſten gab dem Zipriſchen Koͤnige Nikokreon/
als er ihn fragte/ was er vor ein Gott ſei/ folgende
antwort:
Ἐιμὶ ϑεὸς, τοῖος δὲ μαθεῖν, οἷον κ̕ ἀγὼ εἴπω,
ὀυϱάνιος κόσμος κεφαλὴ, ὁ ἀστὴρ δὲ ϑάλασσα,
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Zitationshilfe: | Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/380>, abgerufen am 27.07.2024. |