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Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670.

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zweites Buch.
nacht heimlich wieder heraus zu ziehen/ und seinem
Vater zu bringen. Und eben zu dem ende ging er von
seinen brüdern weg. Er gab vor/ eine andere weide zu
suchen. Aber sein einiger wundsch war seinen guhten
vorsatz zu volziehen. Er dankte Gott/ daß er ihm die-
sen raht eingegeben. Er verlangte nach der nacht: und
das übrige dieses tages dünkte ihn so lang zu sein/ als
sonst zween volle tage.

Mitlerweile erblikten die andern brüder/ auf der
heerstraße von Gilead/ eine große Gespanschaft der
Ismaeler. Diese hatten Würtze/ balsam/ und mirren
aus Arabien gehohlet. Damit gedachten sie nach
Egipten. Sehet/ alhier/ sagte Judah/ bekommen
wir das rechtgewündschte mittel/ Josefs/ ohne bluht-
vergiessen/ loß zu werden. Was hilft es uns/ daß sich
unsere hände an ihm vergreiffen? Er ist ja unser Bru-
der/ unser fleisch und bluht. Komt! wir wollen ihn den
Ismaelern verkauffen. Diesen worten gehorchten die
andern. Von stunden an lieffen Gad und Judah
hin/ und zogen den Josef aus der Wolfsgrube. Auch
verkauften sie ihn vor dreissig silberlinge: wiewohl sie
nur zwantzig bekanten. Aber sie bedungen darbei: daß
die Keuffer ihn nicht wieder in der nachbarschaft ver-
kauften. Er solte in ferne länder geführet werden. Das
bedungen sie ausdrüklich. Dan sie gedachten/ kommet
er so weit in die fremde/ so wird er uns nicht mehr im
wege stehen. Und so wird er ein ewiger leibeigner/ des-
sen leibeigne wir zu werden uns besorgeten. Aber Si-
meon/
der mitlerweile zu Sichem gewesen/ war viel
anders gesinnet. Dan als er wiederkahm/ und den
Josef verkauft sahe/ erzürnete er sich über den Judah
dermaßen/ daß er ihm den tod dreuete. Auch were den
worten gewislich die taht gefolget; wo es Gott nicht
verhindert. Die hand/ damit er ihm dreuete/ verdorre-
te zusehens. Und also konte er seine boßheit nicht vol-

brin-

zweites Buch.
nacht heimlich wieder heraus zu ziehen/ und ſeinem
Vater zu bringen. Und eben zu dem ende ging er von
ſeinen bruͤdern weg. Er gab vor/ eine andere weide zu
ſuchen. Aber ſein einiger wundſch war ſeinen guhten
vorſatz zu volziehen. Er dankte Gott/ daß er ihm die-
ſen raht eingegeben. Er verlangte nach der nacht: und
das uͤbrige dieſes tages duͤnkte ihn ſo lang zu ſein/ als
ſonſt zween volle tage.

Mitlerweile erblikten die andern bruͤder/ auf der
heerſtraße von Gilead/ eine große Geſpanſchaft der
Iſmaeler. Dieſe hatten Wuͤrtze/ balſam/ und mirren
aus Arabien gehohlet. Damit gedachten ſie nach
Egipten. Sehet/ alhier/ ſagte Judah/ bekommen
wir das rechtgewuͤndſchte mittel/ Joſefs/ ohne bluht-
vergieſſen/ loß zu werden. Was hilft es uns/ daß ſich
unſere haͤnde an ihm vergreiffen? Er iſt ja unſer Bru-
der/ unſer fleiſch und bluht. Komt! wir wollen ihn den
Ismaelern verkauffen. Dieſen worten gehorchten die
andern. Von ſtunden an lieffen Gad und Judah
hin/ und zogen den Joſef aus der Wolfsgrube. Auch
verkauften ſie ihn vor dreiſſig ſilberlinge: wiewohl ſie
nur zwantzig bekanten. Aber ſie bedungen darbei: daß
die Keuffer ihn nicht wieder in der nachbarſchaft ver-
kauften. Er ſolte in ferne laͤnder gefuͤhret werden. Das
bedungen ſie ausdruͤklich. Dan ſie gedachten/ kommet
er ſo weit in die fremde/ ſo wird er uns nicht mehr im
wege ſtehen. Und ſo wird er ein ewiger leibeigner/ deſ-
ſen leibeigne wir zu werden uns beſorgeten. Aber Si-
meon/
der mitlerweile zu Sichem geweſen/ war viel
anders geſinnet. Dan als er wiederkahm/ und den
Joſef verkauft ſahe/ erzuͤrnete er ſich uͤber den Judah
dermaßen/ daß er ihm den tod dreuete. Auch were den
worten gewislich die taht gefolget; wo es Gott nicht
verhindert. Die hand/ damit er ihm dreuete/ verdorre-
te zuſehens. Und alſo konte er ſeine boßheit nicht vol-

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[75/0099] zweites Buch. nacht heimlich wieder heraus zu ziehen/ und ſeinem Vater zu bringen. Und eben zu dem ende ging er von ſeinen bruͤdern weg. Er gab vor/ eine andere weide zu ſuchen. Aber ſein einiger wundſch war ſeinen guhten vorſatz zu volziehen. Er dankte Gott/ daß er ihm die- ſen raht eingegeben. Er verlangte nach der nacht: und das uͤbrige dieſes tages duͤnkte ihn ſo lang zu ſein/ als ſonſt zween volle tage. Mitlerweile erblikten die andern bruͤder/ auf der heerſtraße von Gilead/ eine große Geſpanſchaft der Iſmaeler. Dieſe hatten Wuͤrtze/ balſam/ und mirren aus Arabien gehohlet. Damit gedachten ſie nach Egipten. Sehet/ alhier/ ſagte Judah/ bekommen wir das rechtgewuͤndſchte mittel/ Joſefs/ ohne bluht- vergieſſen/ loß zu werden. Was hilft es uns/ daß ſich unſere haͤnde an ihm vergreiffen? Er iſt ja unſer Bru- der/ unſer fleiſch und bluht. Komt! wir wollen ihn den Ismaelern verkauffen. Dieſen worten gehorchten die andern. Von ſtunden an lieffen Gad und Judah hin/ und zogen den Joſef aus der Wolfsgrube. Auch verkauften ſie ihn vor dreiſſig ſilberlinge: wiewohl ſie nur zwantzig bekanten. Aber ſie bedungen darbei: daß die Keuffer ihn nicht wieder in der nachbarſchaft ver- kauften. Er ſolte in ferne laͤnder gefuͤhret werden. Das bedungen ſie ausdruͤklich. Dan ſie gedachten/ kommet er ſo weit in die fremde/ ſo wird er uns nicht mehr im wege ſtehen. Und ſo wird er ein ewiger leibeigner/ deſ- ſen leibeigne wir zu werden uns beſorgeten. Aber Si- meon/ der mitlerweile zu Sichem geweſen/ war viel anders geſinnet. Dan als er wiederkahm/ und den Joſef verkauft ſahe/ erzuͤrnete er ſich uͤber den Judah dermaßen/ daß er ihm den tod dreuete. Auch were den worten gewislich die taht gefolget; wo es Gott nicht verhindert. Die hand/ damit er ihm dreuete/ verdorre- te zuſehens. Und alſo konte er ſeine boßheit nicht vol- brin-

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Assenat. Amsterdam, 1670, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_assenat_1670/99>, abgerufen am 22.12.2024.