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Zesen, Philipp von: Deütscher Helicon. Bd. 1. Wittenberg, 1641.

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das erste von Dactylischen Versen gelesen/
nun wunderts mich nicht wenig/ daß sich nie-
mand vnterwindet/ dieser art Verse weiter aus-
zuarbeiten/ in dem sie nicht weniger anmuth
mit jhrer so flüchtigen liebligkeit den ohren er-
wecken als etwan andere/ wo sie nur recht aus-
gemacht vnd zu rechter zeit gebraucht werden/
denn bey begräbnüssen haben sie schon solche
anmuth nicht/ als bey Hochzeiten vnd andern
frölichen dingen/ es sey denn sache/ daß ich deß
verstorbenen freünde trösten vnd die übergrosse
lust der Himlischen Bürgerschafft/ dahin er
durch den zeitlichen todt versetzt/ jhnen vorlegen
vnd beschreiben wolte/ so könten sie etlicher
massen vergönnet werden. Die Dactylischen
Verse seyn aber alle entweder Catalectische
oder Brachycatalectische/ denn sie haben im-
mer eine oder mehr sylben zu wenig/ vnd gehen
niemals gleich auff wie vnter den Jambischen
die männlichen/ vnd vnter den Trochäischen
die weiblichen/ da keine sylbe überbleibt; son-
dern der Männliche bey jhnen hat zwo sylben
zu wenig/ der Weibliche aber eine/ vnd erstrecken
sich fürnemlich in folgende 6. arten.

1. blumen

das erſte von Dactyliſchen Verſen geleſen/
nun wunderts mich nicht wenig/ daß ſich nie-
mand vnterwindet/ dieſer art Verſe weiter aus-
zuarbeiten/ in dem ſie nicht weniger anmuth
mit jhrer ſo fluͤchtigen liebligkeit den ohren er-
wecken als etwan andere/ wo ſie nur recht aus-
gemacht vnd zu rechter zeit gebraucht werden/
denn bey begraͤbnuͤſſen haben ſie ſchon ſolche
anmuth nicht/ als bey Hochzeiten vnd andern
froͤlichen dingen/ es ſey denn ſache/ daß ich deß
verſtorbenen freuͤnde troͤſten vnd die uͤbergroſſe
luſt der Himliſchen Buͤrgerſchafft/ dahin er
durch den zeitlichen todt verſetzt/ jhnen vorlegen
vnd beſchreiben wolte/ ſo koͤnten ſie etlicher
maſſen vergoͤnnet werden. Die Dactyliſchen
Verſe ſeyn aber alle entweder Catalectiſche
oder Brachycatalectiſche/ denn ſie haben im-
mer eine oder mehr ſylben zu wenig/ vnd gehen
niemals gleich auff wie vnter den Jambiſchen
die maͤnnlichen/ vnd vnter den Trochaͤiſchen
die weiblichen/ da keine ſylbe uͤberbleibt; ſon-
dern der Maͤnnliche bey jhnen hat zwo ſylben
zu wenig/ der Weibliche aber eine/ vnd erſtrecken
ſich fuͤrnemlich in folgende 6. arten.

1. blumen
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[0031] das erſte von Dactyliſchen Verſen geleſen/ nun wunderts mich nicht wenig/ daß ſich nie- mand vnterwindet/ dieſer art Verſe weiter aus- zuarbeiten/ in dem ſie nicht weniger anmuth mit jhrer ſo fluͤchtigen liebligkeit den ohren er- wecken als etwan andere/ wo ſie nur recht aus- gemacht vnd zu rechter zeit gebraucht werden/ denn bey begraͤbnuͤſſen haben ſie ſchon ſolche anmuth nicht/ als bey Hochzeiten vnd andern froͤlichen dingen/ es ſey denn ſache/ daß ich deß verſtorbenen freuͤnde troͤſten vnd die uͤbergroſſe luſt der Himliſchen Buͤrgerſchafft/ dahin er durch den zeitlichen todt verſetzt/ jhnen vorlegen vnd beſchreiben wolte/ ſo koͤnten ſie etlicher maſſen vergoͤnnet werden. Die Dactyliſchen Verſe ſeyn aber alle entweder Catalectiſche oder Brachycatalectiſche/ denn ſie haben im- mer eine oder mehr ſylben zu wenig/ vnd gehen niemals gleich auff wie vnter den Jambiſchen die maͤnnlichen/ vnd vnter den Trochaͤiſchen die weiblichen/ da keine ſylbe uͤberbleibt; ſon- dern der Maͤnnliche bey jhnen hat zwo ſylben zu wenig/ der Weibliche aber eine/ vnd erſtrecken ſich fuͤrnemlich in folgende 6. arten. 1. blumen

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Zitationshilfe: Zesen, Philipp von: Deütscher Helicon. Bd. 1. Wittenberg, 1641, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zesen_helikon01_1640/31>, abgerufen am 21.11.2024.