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Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Armen nicht nachdenken, noch weniger läßt sich die Noth nachfühlen. Dort am Ausgang des Sees habe ich einmal einen armen Menschen, der K[i]bitzeier gesucht, nachdem er athemlos von meinen Leuten gejagt war, die Eier im Tuch zerdrückt, über die Thränen des Unglücklichen nicht nur gelacht, sondern ihn auch ins Gericht schleppen lassen. Dies ist meine schlechteste Handlung, aber seitdem ich selbst in diesem Bruche mich abgequält, seitdem ich darin gehungert --

Nun, wenn Sie nichts Böseres begangen, wird Gott, vor dem wir bald stehen werden, gnädig sein, unterbrach ihn der Müller. Wir sündigen in jeder Stunde, und da ich so schweren Tod sterben muß, werd ich es auch wohl verdient haben, obwohl ich selbst nichts weiß, und auch die Welt nie etwas an mir gefunden, als das Unglück mit der Mahlmetze. --

Der Justizrath bedeckte sich die Augen und weinte innig. Endlich wandte er sich zum Müller.

Hört mich an! Ich muß Eure Vergebung haben, ich kann nicht anders sterben, schon brennen mir die Eingeweide, und es könnte bald zu spät sein. Ihr wißt vielleicht selbst nicht, wie schwer ich gegen Euch gesündigt, und es ist Gottes Fügung, daß Ihr mich leiden und sterben seht. Ihr müßt gerettet werden, und sollten Euch Engel von hinnen tragen; denn Ihr habt viel gelitten, viel durch mich, und Ihr könnt, Ihr dürft nicht untergehen um meinetwillen, oder es ist kein Gott. --

Schweigt, sagte der Müller ernst, und lästert nicht.

Armen nicht nachdenken, noch weniger läßt sich die Noth nachfühlen. Dort am Ausgang des Sees habe ich einmal einen armen Menschen, der K[i]bitzeier gesucht, nachdem er athemlos von meinen Leuten gejagt war, die Eier im Tuch zerdrückt, über die Thränen des Unglücklichen nicht nur gelacht, sondern ihn auch ins Gericht schleppen lassen. Dies ist meine schlechteste Handlung, aber seitdem ich selbst in diesem Bruche mich abgequält, seitdem ich darin gehungert —

Nun, wenn Sie nichts Böseres begangen, wird Gott, vor dem wir bald stehen werden, gnädig sein, unterbrach ihn der Müller. Wir sündigen in jeder Stunde, und da ich so schweren Tod sterben muß, werd ich es auch wohl verdient haben, obwohl ich selbst nichts weiß, und auch die Welt nie etwas an mir gefunden, als das Unglück mit der Mahlmetze. —

Der Justizrath bedeckte sich die Augen und weinte innig. Endlich wandte er sich zum Müller.

Hört mich an! Ich muß Eure Vergebung haben, ich kann nicht anders sterben, schon brennen mir die Eingeweide, und es könnte bald zu spät sein. Ihr wißt vielleicht selbst nicht, wie schwer ich gegen Euch gesündigt, und es ist Gottes Fügung, daß Ihr mich leiden und sterben seht. Ihr müßt gerettet werden, und sollten Euch Engel von hinnen tragen; denn Ihr habt viel gelitten, viel durch mich, und Ihr könnt, Ihr dürft nicht untergehen um meinetwillen, oder es ist kein Gott. —

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[0064] Armen nicht nachdenken, noch weniger läßt sich die Noth nachfühlen. Dort am Ausgang des Sees habe ich einmal einen armen Menschen, der Kibitzeier gesucht, nachdem er athemlos von meinen Leuten gejagt war, die Eier im Tuch zerdrückt, über die Thränen des Unglücklichen nicht nur gelacht, sondern ihn auch ins Gericht schleppen lassen. Dies ist meine schlechteste Handlung, aber seitdem ich selbst in diesem Bruche mich abgequält, seitdem ich darin gehungert — Nun, wenn Sie nichts Böseres begangen, wird Gott, vor dem wir bald stehen werden, gnädig sein, unterbrach ihn der Müller. Wir sündigen in jeder Stunde, und da ich so schweren Tod sterben muß, werd ich es auch wohl verdient haben, obwohl ich selbst nichts weiß, und auch die Welt nie etwas an mir gefunden, als das Unglück mit der Mahlmetze. — Der Justizrath bedeckte sich die Augen und weinte innig. Endlich wandte er sich zum Müller. Hört mich an! Ich muß Eure Vergebung haben, ich kann nicht anders sterben, schon brennen mir die Eingeweide, und es könnte bald zu spät sein. Ihr wißt vielleicht selbst nicht, wie schwer ich gegen Euch gesündigt, und es ist Gottes Fügung, daß Ihr mich leiden und sterben seht. Ihr müßt gerettet werden, und sollten Euch Engel von hinnen tragen; denn Ihr habt viel gelitten, viel durch mich, und Ihr könnt, Ihr dürft nicht untergehen um meinetwillen, oder es ist kein Gott. — Schweigt, sagte der Müller ernst, und lästert nicht.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:10:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:10:09Z)

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Zitationshilfe: Ziegler, Franz Wilhelm: Saat und Ernte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 129–196. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ziegler_ernte_1910/64>, abgerufen am 27.11.2024.