Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite
1725.
Wir sehen deine Herrlichkeit
Jm Thal der Demuth blühn,
Und uns durch dein empfindlich Leid
Aus allem Leiden ziehn.
Daß du nun unser Bürge bist,
Das heist man wohl gethan,
Und nimmt den Menschen JEsum Christ
Zum Sünden-Tilger an.
Allein, wie wenig wird man sehn,
Die zu bereden seyn,
Daß niemand kan ins Leben gehn,
Als durch die Creutzes-Pein.
So gieb denn deinem Wort vom Creutz
Jn denen Seelen Kraft,
Daß es dieselben allerseits
Mithin zum Creutze raft.
Denn das ist einmal gantz gewiß,
Du bist zu gleicher Zeit
Ein Gegen-Gift vors Todes-Biß,
Und unsre Heiligkeit.
Drum, der du angekommen bist,
Jn Knechts-Gestalt zu gehn,
Des Weise nie gewesen ist,
Sich selber zu erhöhn.
Komm! wincke unsrer stoltzen Art
Jns edle Nichts hinein,
Darinn sich erstlich offenbahrt,
Daß wir GOtt Etwas seyn.
Der du noch in der letzten Nacht,
Eh dich der Feind gefaßt,
Den Deinen von der Liebe Macht
So schön gepredigt hast.
Erinnre deine kleine Schaar,
Die sich so leichte zweyt,
Was deine letzte Sorge war:
Der Glieder Einigkeit.
Du
1725.
Wir ſehen deine Herrlichkeit
Jm Thal der Demuth bluͤhn,
Und uns durch dein empfindlich Leid
Aus allem Leiden ziehn.
Daß du nun unſer Buͤrge biſt,
Das heiſt man wohl gethan,
Und nimmt den Menſchen JEſum Chriſt
Zum Suͤnden-Tilger an.
Allein, wie wenig wird man ſehn,
Die zu bereden ſeyn,
Daß niemand kan ins Leben gehn,
Als durch die Creutzes-Pein.
So gieb denn deinem Wort vom Creutz
Jn denen Seelen Kraft,
Daß es dieſelben allerſeits
Mithin zum Creutze raft.
Denn das iſt einmal gantz gewiß,
Du biſt zu gleicher Zeit
Ein Gegen-Gift vors Todes-Biß,
Und unſre Heiligkeit.
Drum, der du angekommen biſt,
Jn Knechts-Geſtalt zu gehn,
Des Weiſe nie geweſen iſt,
Sich ſelber zu erhoͤhn.
Komm! wincke unſrer ſtoltzen Art
Jns edle Nichts hinein,
Darinn ſich erſtlich offenbahrt,
Daß wir GOtt Etwas ſeyn.
Der du noch in der letzten Nacht,
Eh dich der Feind gefaßt,
Den Deinen von der Liebe Macht
So ſchoͤn gepredigt haſt.
Erinnre deine kleine Schaar,
Die ſich ſo leichte zweyt,
Was deine letzte Sorge war:
Der Glieder Einigkeit.
Du
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0105" n="95"/>
          <fw place="top" type="header">1725.</fw><lb/>
          <lg n="11">
            <l>Wir &#x017F;ehen deine Herrlichkeit</l><lb/>
            <l>Jm Thal der Demuth blu&#x0364;hn,</l><lb/>
            <l>Und uns durch dein empfindlich Leid</l><lb/>
            <l>Aus allem Leiden ziehn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="12">
            <l>Daß du nun un&#x017F;er Bu&#x0364;rge bi&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Das hei&#x017F;t man wohl gethan,</l><lb/>
            <l>Und nimmt den Men&#x017F;chen JE&#x017F;um Chri&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Zum Su&#x0364;nden-Tilger an.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="13">
            <l>Allein, wie wenig wird man &#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Die zu bereden &#x017F;eyn,</l><lb/>
            <l>Daß niemand kan ins Leben gehn,</l><lb/>
            <l>Als durch die Creutzes-Pein.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="14">
            <l>So gieb denn deinem Wort vom Creutz</l><lb/>
            <l>Jn denen Seelen Kraft,</l><lb/>
            <l>Daß es die&#x017F;elben aller&#x017F;eits</l><lb/>
            <l>Mithin zum Creutze raft.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="15">
            <l>Denn das i&#x017F;t einmal gantz gewiß,</l><lb/>
            <l>Du bi&#x017F;t zu gleicher Zeit</l><lb/>
            <l>Ein Gegen-Gift vors Todes-Biß,</l><lb/>
            <l>Und un&#x017F;re Heiligkeit.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="16">
            <l>Drum, der du angekommen bi&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Jn Knechts-Ge&#x017F;talt zu gehn,</l><lb/>
            <l>Des Wei&#x017F;e nie gewe&#x017F;en i&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Sich &#x017F;elber zu erho&#x0364;hn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="17">
            <l>Komm! wincke un&#x017F;rer &#x017F;toltzen Art</l><lb/>
            <l>Jns edle Nichts hinein,</l><lb/>
            <l>Darinn &#x017F;ich er&#x017F;tlich offenbahrt,</l><lb/>
            <l>Daß wir GOtt Etwas &#x017F;eyn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="18">
            <l>Der du noch in der letzten Nacht,</l><lb/>
            <l>Eh dich der Feind gefaßt,</l><lb/>
            <l>Den Deinen von der Liebe Macht</l><lb/>
            <l>So &#x017F;cho&#x0364;n gepredigt ha&#x017F;t.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="19">
            <l>Erinnre deine kleine Schaar,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;ich &#x017F;o leichte zweyt,</l><lb/>
            <l>Was deine letzte Sorge war:</l><lb/>
            <l>Der Glieder Einigkeit.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Du</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0105] 1725. Wir ſehen deine Herrlichkeit Jm Thal der Demuth bluͤhn, Und uns durch dein empfindlich Leid Aus allem Leiden ziehn. Daß du nun unſer Buͤrge biſt, Das heiſt man wohl gethan, Und nimmt den Menſchen JEſum Chriſt Zum Suͤnden-Tilger an. Allein, wie wenig wird man ſehn, Die zu bereden ſeyn, Daß niemand kan ins Leben gehn, Als durch die Creutzes-Pein. So gieb denn deinem Wort vom Creutz Jn denen Seelen Kraft, Daß es dieſelben allerſeits Mithin zum Creutze raft. Denn das iſt einmal gantz gewiß, Du biſt zu gleicher Zeit Ein Gegen-Gift vors Todes-Biß, Und unſre Heiligkeit. Drum, der du angekommen biſt, Jn Knechts-Geſtalt zu gehn, Des Weiſe nie geweſen iſt, Sich ſelber zu erhoͤhn. Komm! wincke unſrer ſtoltzen Art Jns edle Nichts hinein, Darinn ſich erſtlich offenbahrt, Daß wir GOtt Etwas ſeyn. Der du noch in der letzten Nacht, Eh dich der Feind gefaßt, Den Deinen von der Liebe Macht So ſchoͤn gepredigt haſt. Erinnre deine kleine Schaar, Die ſich ſo leichte zweyt, Was deine letzte Sorge war: Der Glieder Einigkeit. Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/105
Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/105>, abgerufen am 30.04.2024.