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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1725.
Wer sich kein neues Hertz und neuen Geist geschaft,
Der liegt (und wär er gleich der Frömmste) noch im Tode;
Jst einer noch so gut, und fehlt ihm nichts als Kraft:
So bleibt der Hof des HErrn bey seiner alten Mode.
Das Rühmen ist umsonst; da läst man keinen ein,
Er muß von oben her aus Geist gezeuget seyn.
Wer gleich nicht gar verstockt, und ohne Fühlung ist;
Dergleichen Leute kaum errettet werden können,
Weil sich ihr frecher Stoltz auch gegen GOtt vermißt,
Und sie mit Sprung und Streich in ihr Verderben rennen,
Der ist doch oftermals tief in das Netz verstrickt,
Das unser Feind mit Geld, und Ehr und Lust gespickt.
Weil Satan seine Brut in Finsternissen heckt;
So sorgt er, daß sie ja die Furcht der Nacht nicht fühlen;
Bald wird man in den Schlaf der Sicherheit gestreckt;
Bald aber muß man sich im Schlamm der Lüste sühlen.
Kurtz, da sey einer tod, verstrickt in Fleischlichkeit,
Demselben ist kein Ort bey Christo zubereit.
XLI. Auf der Frau Geh. Raths-Directorin
und Land-Vögtin letzten Geburts-Tag.
ZWar bebt der Erden-Kreiß von so viel eiteln Lasten;
Doch ist sein kleinster Theil am allerschlimmsten dran:
Weil er das gantze Heer der Christlichen Phantasten
Auf seinen Boden trägt, und kaum ertragen kan.
Wo hat ein Wanders-Mann bey solcherley Barbaren,
Da man das Menschen-Fleisch zu feilen Kauffe trägt,
So einen Glaubens-Grund gelesen und erfahren,
Drauf mancher unter uns sein Haupt so sanfte legt?
Solt ein und anderer der fernen Hottentotten
Das Christliche Gesetz, und einen Christen sehn,
Und wüste nicht, wie der, des Heiligsten zu spotten;
So würden ihm gewiß die Augen übergehn.
Wie man dem Teufel sonst in abgelegnem Häyne
Mit zitterndem Verdruß bey denen Heyden dient;
So weyht man hier dem HErrn die unbelebten Steine,
Da Satans Bild und Sinn davor im Hertzen grünt.
Vermeynte
1725.
Wer ſich kein neues Hertz und neuen Geiſt geſchaft,
Der liegt (und waͤr er gleich der Froͤmmſte) noch im Tode;
Jſt einer noch ſo gut, und fehlt ihm nichts als Kraft:
So bleibt der Hof des HErrn bey ſeiner alten Mode.
Das Ruͤhmen iſt umſonſt; da laͤſt man keinen ein,
Er muß von oben her aus Geiſt gezeuget ſeyn.
Wer gleich nicht gar verſtockt, und ohne Fuͤhlung iſt;
Dergleichen Leute kaum errettet werden koͤnnen,
Weil ſich ihr frecher Stoltz auch gegen GOtt vermißt,
Und ſie mit Sprung und Streich in ihr Verderben rennen,
Der iſt doch oftermals tief in das Netz verſtrickt,
Das unſer Feind mit Geld, und Ehr und Luſt geſpickt.
Weil Satan ſeine Brut in Finſterniſſen heckt;
So ſorgt er, daß ſie ja die Furcht der Nacht nicht fuͤhlen;
Bald wird man in den Schlaf der Sicherheit geſtreckt;
Bald aber muß man ſich im Schlamm der Luͤſte ſuͤhlen.
Kurtz, da ſey einer tod, verſtrickt in Fleiſchlichkeit,
Demſelben iſt kein Ort bey Chriſto zubereit.
XLI. Auf der Frau Geh. Raths-Directorin
und Land-Voͤgtin letzten Geburts-Tag.
ZWar bebt der Erden-Kreiß von ſo viel eiteln Laſten;
Doch iſt ſein kleinſter Theil am allerſchlimmſten dran:
Weil er das gantze Heer der Chriſtlichen Phantaſten
Auf ſeinen Boden traͤgt, und kaum ertragen kan.
Wo hat ein Wanders-Mann bey ſolcherley Barbaren,
Da man das Menſchen-Fleiſch zu feilen Kauffe traͤgt,
So einen Glaubens-Grund geleſen und erfahren,
Drauf mancher unter uns ſein Haupt ſo ſanfte legt?
Solt ein und anderer der fernen Hottentotten
Das Chriſtliche Geſetz, und einen Chriſten ſehn,
Und wuͤſte nicht, wie der, des Heiligſten zu ſpotten;
So wuͤrden ihm gewiß die Augen uͤbergehn.
Wie man dem Teufel ſonſt in abgelegnem Haͤyne
Mit zitterndem Verdruß bey denen Heyden dient;
So weyht man hier dem HErrn die unbelebten Steine,
Da Satans Bild und Sinn davor im Hertzen gruͤnt.
Vermeynte
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[100/0110] 1725. Wer ſich kein neues Hertz und neuen Geiſt geſchaft, Der liegt (und waͤr er gleich der Froͤmmſte) noch im Tode; Jſt einer noch ſo gut, und fehlt ihm nichts als Kraft: So bleibt der Hof des HErrn bey ſeiner alten Mode. Das Ruͤhmen iſt umſonſt; da laͤſt man keinen ein, Er muß von oben her aus Geiſt gezeuget ſeyn. Wer gleich nicht gar verſtockt, und ohne Fuͤhlung iſt; Dergleichen Leute kaum errettet werden koͤnnen, Weil ſich ihr frecher Stoltz auch gegen GOtt vermißt, Und ſie mit Sprung und Streich in ihr Verderben rennen, Der iſt doch oftermals tief in das Netz verſtrickt, Das unſer Feind mit Geld, und Ehr und Luſt geſpickt. Weil Satan ſeine Brut in Finſterniſſen heckt; So ſorgt er, daß ſie ja die Furcht der Nacht nicht fuͤhlen; Bald wird man in den Schlaf der Sicherheit geſtreckt; Bald aber muß man ſich im Schlamm der Luͤſte ſuͤhlen. Kurtz, da ſey einer tod, verſtrickt in Fleiſchlichkeit, Demſelben iſt kein Ort bey Chriſto zubereit. XLI. Auf der Frau Geh. Raths-Directorin und Land-Voͤgtin letzten Geburts-Tag. ZWar bebt der Erden-Kreiß von ſo viel eiteln Laſten; Doch iſt ſein kleinſter Theil am allerſchlimmſten dran: Weil er das gantze Heer der Chriſtlichen Phantaſten Auf ſeinen Boden traͤgt, und kaum ertragen kan. Wo hat ein Wanders-Mann bey ſolcherley Barbaren, Da man das Menſchen-Fleiſch zu feilen Kauffe traͤgt, So einen Glaubens-Grund geleſen und erfahren, Drauf mancher unter uns ſein Haupt ſo ſanfte legt? Solt ein und anderer der fernen Hottentotten Das Chriſtliche Geſetz, und einen Chriſten ſehn, Und wuͤſte nicht, wie der, des Heiligſten zu ſpotten; So wuͤrden ihm gewiß die Augen uͤbergehn. Wie man dem Teufel ſonſt in abgelegnem Haͤyne Mit zitterndem Verdruß bey denen Heyden dient; So weyht man hier dem HErrn die unbelebten Steine, Da Satans Bild und Sinn davor im Hertzen gruͤnt. Vermeynte

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/110>, abgerufen am 24.11.2024.