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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1725.
Jch bin ein Knecht des HErrn, ich darf des Lobes nicht,
Und mag den Brüdern selbst kein eitles Lob erthönen:
Jch weiß es auch im HErrn, wie wehe dir geschicht
Mit Lob beschämt zu seyn vor denen Menschen-Söhnen.
Jch breche willig ab, diß eine muß ich doch
Dem HErrn der Herrlichkeit zu Ehren f[r]ey bekennen:
Jch gehe deinen Weg, ich zieh an gleichem Joch;
Und darf mich gegen dir nur einen Schüler nennen.
Du hast, o Seelen-Freund! der Wunder-schönen Eh'
Des Wauevillschen Paars nun einen Sohn gegeben;
Gieb, daß die gantze Welt an diesem Hause seh:
Wie groß die Menschen seyn, die bloß vor JEsum leben!
XL. Uber die verkehrte Anwendung des
achten Gebots.
WJe kommt es immermehr? wenn man des Teufels ist,
So gilts Entschuldigen, und alls zum Besten kehren; (*)
Wie, daß man diese Pflicht gleich gegen uns vergißt,
Wenn wir zu GOtt bekehrt, und JEsu zugehören?
Wie, daß man einen Klotz im Auge nicht ersieht,
Und zum Präservativ an allen Splittern zieht?
Gewiß, ein Christe hat viel Ungelegenheit.
Vor ein natürlich Mensch bleibt immer gute Meynung,
Und ist doch ein Gefäß des Zorns in Ewigkeit,
Da jener Hofnung hat zur seligen Erscheinung.
Die kleinste Neu-Geburt geh in das Hauß der Ruh;
Der edelsten Vernunft schlägt man die Thüre zu.
Die Kinder sind nicht gleich, was alte Leute sind.
Doch spielt der kleine Sohn inzwischen mit der Docke,
Daß die erwachsne Magd an ihrem Wercke spinnt.
Der Kleine erbt das Hauß, die Magd bekommt zum Rocke.
Der gröste Todte schweigt, und liegt, und steht nicht auf:
Das Kind lallt, biß es redt, und taumelt biß zum Lauf.
Wer
(*) Worte des achten Gebots in der Auslegung.
G 2
1725.
Jch bin ein Knecht des HErrn, ich darf des Lobes nicht,
Und mag den Bruͤdern ſelbſt kein eitles Lob erthoͤnen:
Jch weiß es auch im HErrn, wie wehe dir geſchicht
Mit Lob beſchaͤmt zu ſeyn vor denen Menſchen-Soͤhnen.
Jch breche willig ab, diß eine muß ich doch
Dem HErrn der Herrlichkeit zu Ehren f[r]ey bekennen:
Jch gehe deinen Weg, ich zieh an gleichem Joch;
Und darf mich gegen dir nur einen Schuͤler nennen.
Du haſt, o Seelen-Freund! der Wunder-ſchoͤnen Eh’
Des Wauevillſchen Paars nun einen Sohn gegeben;
Gieb, daß die gantze Welt an dieſem Hauſe ſeh:
Wie groß die Menſchen ſeyn, die bloß vor JEſum leben!
XL. Uber die verkehrte Anwendung des
achten Gebots.
WJe kommt es immermehr? wenn man des Teufels iſt,
So gilts Entſchuldigen, und alls zum Beſten kehren; (*)
Wie, daß man dieſe Pflicht gleich gegen uns vergißt,
Wenn wir zu GOtt bekehrt, und JEſu zugehoͤren?
Wie, daß man einen Klotz im Auge nicht erſieht,
Und zum Praͤſervativ an allen Splittern zieht?
Gewiß, ein Chriſte hat viel Ungelegenheit.
Vor ein natuͤrlich Menſch bleibt immer gute Meynung,
Und iſt doch ein Gefaͤß des Zorns in Ewigkeit,
Da jener Hofnung hat zur ſeligen Erſcheinung.
Die kleinſte Neu-Geburt geh in das Hauß der Ruh;
Der edelſten Vernunft ſchlaͤgt man die Thuͤre zu.
Die Kinder ſind nicht gleich, was alte Leute ſind.
Doch ſpielt der kleine Sohn inzwiſchen mit der Docke,
Daß die erwachsne Magd an ihrem Wercke ſpinnt.
Der Kleine erbt das Hauß, die Magd bekommt zum Rocke.
Der groͤſte Todte ſchweigt, und liegt, und ſteht nicht auf:
Das Kind lallt, biß es redt, und taumelt biß zum Lauf.
Wer
(*) Worte des achten Gebots in der Auslegung.
G 2
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[99/0109] 1725. Jch bin ein Knecht des HErrn, ich darf des Lobes nicht, Und mag den Bruͤdern ſelbſt kein eitles Lob erthoͤnen: Jch weiß es auch im HErrn, wie wehe dir geſchicht Mit Lob beſchaͤmt zu ſeyn vor denen Menſchen-Soͤhnen. Jch breche willig ab, diß eine muß ich doch Dem HErrn der Herrlichkeit zu Ehren frey bekennen: Jch gehe deinen Weg, ich zieh an gleichem Joch; Und darf mich gegen dir nur einen Schuͤler nennen. Du haſt, o Seelen-Freund! der Wunder-ſchoͤnen Eh’ Des Wauevillſchen Paars nun einen Sohn gegeben; Gieb, daß die gantze Welt an dieſem Hauſe ſeh: Wie groß die Menſchen ſeyn, die bloß vor JEſum leben! XL. Uber die verkehrte Anwendung des achten Gebots. WJe kommt es immermehr? wenn man des Teufels iſt, So gilts Entſchuldigen, und alls zum Beſten kehren; (*) Wie, daß man dieſe Pflicht gleich gegen uns vergißt, Wenn wir zu GOtt bekehrt, und JEſu zugehoͤren? Wie, daß man einen Klotz im Auge nicht erſieht, Und zum Praͤſervativ an allen Splittern zieht? Gewiß, ein Chriſte hat viel Ungelegenheit. Vor ein natuͤrlich Menſch bleibt immer gute Meynung, Und iſt doch ein Gefaͤß des Zorns in Ewigkeit, Da jener Hofnung hat zur ſeligen Erſcheinung. Die kleinſte Neu-Geburt geh in das Hauß der Ruh; Der edelſten Vernunft ſchlaͤgt man die Thuͤre zu. Die Kinder ſind nicht gleich, was alte Leute ſind. Doch ſpielt der kleine Sohn inzwiſchen mit der Docke, Daß die erwachsne Magd an ihrem Wercke ſpinnt. Der Kleine erbt das Hauß, die Magd bekommt zum Rocke. Der groͤſte Todte ſchweigt, und liegt, und ſteht nicht auf: Das Kind lallt, biß es redt, und taumelt biß zum Lauf. Wer (*) Worte des achten Gebots in der Auslegung. G 2

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/109>, abgerufen am 24.11.2024.