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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1721.


VIII. Eingang in die Schmach JEsu. *
HErr JEsu! Du hast mich in deinen Schirm genommen,
Laß mich darinnen stets genau verwahret seyn!
So mag der Teufel selbst mit seinem Heere kommen,
Er legt an meiner Ehr nur Schimpf und Schande ein.
Jch bin durch dich gerecht, und deine tiefe Wunden
Sind mir ein freyer Ort und eine Artzeney;
Den Krancken helfen sie, nicht aber den Gesunden:
Gib, daß ich nur recht kranck nach deiner Liebe sey!
Will mir die Welt nicht wohl; wohlan, es wird mir gehen,
Wie es dem Haupte selbst vor dem ergangen ist;
Verdammt mich jederman, so werd ich besser sehen,
Was du selbst vor ein Fluch und Scheusal worden bist.
Jch lege mich getrost zu deinen Füssen nieder,
Und höre meine Pflicht aus deinem Munde an:
Du singest in der Nacht die allerschönsten Lieder,
Ja einen Lobgesang, eh man dich abgethan.
Und ich soll in der Noth nur Klage-Lieder heulen,
Jch soll bis in den Tod betrübt zu sehen seyn:
Das überlasse ich der Welt und ihren Eulen,
Jch dringe mit Gedult in deinen Willen ein.
Vollkommner Prediger, der in der That erwiesen,
Was er von dieser Kunst die Seinigen gelehrt,
Ach! würde doch an mir dein Ebenbild gepriesen,
Und mein Bekänntniß bald in Geist und Kraft verkehrt!
Ach! zieh mich doch hinein in den geheimen Willen,
Der deiner Kinder Winck und Glück zu nennen ist;
Wird sich in dessen Rath mein armes Hertze stillen;
So weiß ich gantz gewiß, daß er mich nicht vergist.
Du führst es wohl hinaus, die Ruhe folgt aufs Kämpffen,
Und werd ich im Gebet recht ernstlich und getreu,
So wird dein Arm vor mich der Feinde Kräffte dämpffen,
Und deine Güte mir an jedem Morgen neu.
IX.
* Zu Ebersdorff im Mertz.
1721.


VIII. Eingang in die Schmach JEſu. *
HErr JEſu! Du haſt mich in deinen Schirm genommen,
Laß mich darinnen ſtets genau verwahret ſeyn!
So mag der Teufel ſelbſt mit ſeinem Heere kommen,
Er legt an meiner Ehr nur Schimpf und Schande ein.
Jch bin durch dich gerecht, und deine tiefe Wunden
Sind mir ein freyer Ort und eine Artzeney;
Den Krancken helfen ſie, nicht aber den Geſunden:
Gib, daß ich nur recht kranck nach deiner Liebe ſey!
Will mir die Welt nicht wohl; wohlan, es wird mir gehen,
Wie es dem Haupte ſelbſt vor dem ergangen iſt;
Verdammt mich jederman, ſo werd ich beſſer ſehen,
Was du ſelbſt vor ein Fluch und Scheuſal worden biſt.
Jch lege mich getroſt zu deinen Fuͤſſen nieder,
Und hoͤre meine Pflicht aus deinem Munde an:
Du ſingeſt in der Nacht die allerſchoͤnſten Lieder,
Ja einen Lobgeſang, eh man dich abgethan.
Und ich ſoll in der Noth nur Klage-Lieder heulen,
Jch ſoll bis in den Tod betruͤbt zu ſehen ſeyn:
Das uͤberlaſſe ich der Welt und ihren Eulen,
Jch dringe mit Gedult in deinen Willen ein.
Vollkommner Prediger, der in der That erwieſen,
Was er von dieſer Kunſt die Seinigen gelehrt,
Ach! wuͤrde doch an mir dein Ebenbild geprieſen,
Und mein Bekaͤnntniß bald in Geiſt und Kraft verkehrt!
Ach! zieh mich doch hinein in den geheimen Willen,
Der deiner Kinder Winck und Gluͤck zu nennen iſt;
Wird ſich in deſſen Rath mein armes Hertze ſtillen;
So weiß ich gantz gewiß, daß er mich nicht vergiſt.
Du fuͤhrſt es wohl hinaus, die Ruhe folgt aufs Kaͤmpffen,
Und werd ich im Gebet recht ernſtlich und getreu,
So wird dein Arm vor mich der Feinde Kraͤffte daͤmpffen,
Und deine Guͤte mir an jedem Morgen neu.
IX.
* Zu Ebersdorff im Mertz.
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[12/0022] 1721. VIII. Eingang in die Schmach JEſu. * HErr JEſu! Du haſt mich in deinen Schirm genommen, Laß mich darinnen ſtets genau verwahret ſeyn! So mag der Teufel ſelbſt mit ſeinem Heere kommen, Er legt an meiner Ehr nur Schimpf und Schande ein. Jch bin durch dich gerecht, und deine tiefe Wunden Sind mir ein freyer Ort und eine Artzeney; Den Krancken helfen ſie, nicht aber den Geſunden: Gib, daß ich nur recht kranck nach deiner Liebe ſey! Will mir die Welt nicht wohl; wohlan, es wird mir gehen, Wie es dem Haupte ſelbſt vor dem ergangen iſt; Verdammt mich jederman, ſo werd ich beſſer ſehen, Was du ſelbſt vor ein Fluch und Scheuſal worden biſt. Jch lege mich getroſt zu deinen Fuͤſſen nieder, Und hoͤre meine Pflicht aus deinem Munde an: Du ſingeſt in der Nacht die allerſchoͤnſten Lieder, Ja einen Lobgeſang, eh man dich abgethan. Und ich ſoll in der Noth nur Klage-Lieder heulen, Jch ſoll bis in den Tod betruͤbt zu ſehen ſeyn: Das uͤberlaſſe ich der Welt und ihren Eulen, Jch dringe mit Gedult in deinen Willen ein. Vollkommner Prediger, der in der That erwieſen, Was er von dieſer Kunſt die Seinigen gelehrt, Ach! wuͤrde doch an mir dein Ebenbild geprieſen, Und mein Bekaͤnntniß bald in Geiſt und Kraft verkehrt! Ach! zieh mich doch hinein in den geheimen Willen, Der deiner Kinder Winck und Gluͤck zu nennen iſt; Wird ſich in deſſen Rath mein armes Hertze ſtillen; So weiß ich gantz gewiß, daß er mich nicht vergiſt. Du fuͤhrſt es wohl hinaus, die Ruhe folgt aufs Kaͤmpffen, Und werd ich im Gebet recht ernſtlich und getreu, So wird dein Arm vor mich der Feinde Kraͤffte daͤmpffen, Und deine Guͤte mir an jedem Morgen neu. IX. * Zu Ebersdorff im Mertz.

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/22>, abgerufen am 21.11.2024.