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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1730.
Jch will Mardachai seyn, sey du Werber und Versprecher,
Und der grosse Sohn des Königs sey der Esther Ehe-Mann!
XCIII. Auf eben demselben. Ubersetzung ei-
nes Schreibens der
XXIX. Frau Grä-
fin zu Ebersdorf.
JCh bin ungemein erfreut, daß es unser HErr gefüget,
Daß ich gegenwärtig bin, da dich dieser Tag vergnüget.
Allertheurste Hertzens-Schwester! dreyßig Jahre sind
zurück;

Und es strahlt noch diesen Abend Christi erster Gnaden-Blick.
Billig ruft dein froher Mund: Solt ich meinen GOtt nicht
singen?

Denn ich sehe, wie ers meynt, er ist treu in all en Dingen:
Meiner Seelen Wohlergehen hat er seliglich bedacht.
Will dem Leibe Noth zu stehen, nimmt ers gleichfalls gut in acht.
Wenn ich nichts mehr machen kan, aus gewissen Unvermögen,
Kommt mein GOtt und hebt mir an sein Vermögen bey zulegen:
Dieses hast du jüngst erfahren. O wohlan! erwecke dich,
Lobe diesen mächtgen Konig, diesen Guten, inniglich.
Ruhe! denn es wäre ja nicht erlaubet mehr zu sorgen,
Und der Zweck der Prüffungen ist dir selber unverborgen:
Die in unsre treue Liebe sinckende Gelassenheit,
Jst die Absicht unsers Königs und des Raths der Ewigkeit.
Schwester! wirf denn hinter dich, zum Beschluß der dreyßig
Jahre,

All es, was dahinten ist, und zum Ziel der Freyheit fahre,
Und der König, dem wir dienen, ruffe dir nach seiner Treu.
Und nach meinem Wunsch entgegen: Sieh! ich mache alles neu.
Dieses neue Lebens-Jahr stelle dich mit neuen Kräften
Deinem gantzen Hause dar zu den stärcksten Lichts-Geschäften,
Daß du unsers HErrn Gewerbe treibest in und ausser dir,
Und dem grossen Chor der Schwestern, als ein Stern-Licht,
leuchtest für.

Welch ein unvergleichlich Lob wird durch alle Reigen dringen,
Wenn sie ihres Meisters Ruhm über deinem Preiß besingen!
Und
1730.
Jch will Mardachai ſeyn, ſey du Werber und Verſprecher,
Und der groſſe Sohn des Koͤnigs ſey der Eſther Ehe-Mann!
XCIII. Auf eben demſelben. Uberſetzung ei-
nes Schreibens der
XXIX. Frau Graͤ-
fin zu Ebersdorf.
JCh bin ungemein erfreut, daß es unſer HErr gefuͤget,
Daß ich gegenwaͤrtig bin, da dich dieſer Tag vergnuͤget.
Allertheurſte Hertzens-Schweſter! dreyßig Jahre ſind
zuruͤck;

Und es ſtrahlt noch dieſen Abend Chriſti erſter Gnaden-Blick.
Billig ruft dein froher Mund: Solt ich meinen GOtt nicht
ſingen?

Denn ich ſehe, wie ers meynt, er iſt treu in all en Dingen:
Meiner Seelen Wohlergehen hat er ſeliglich bedacht.
Will dem Leibe Noth zu ſtehen, nimmt ers gleichfalls gut in acht.
Wenn ich nichts mehr machen kan, aus gewiſſen Unvermoͤgen,
Kommt mein GOtt und hebt mir an ſein Vermoͤgen bey zulegen:
Dieſes haſt du juͤngſt erfahren. O wohlan! erwecke dich,
Lobe dieſen maͤchtgen Konig, dieſen Guten, inniglich.
Ruhe! denn es waͤre ja nicht erlaubet mehr zu ſorgen,
Und der Zweck der Pruͤffungen iſt dir ſelber unverborgen:
Die in unſre treue Liebe ſinckende Gelaſſenheit,
Jſt die Abſicht unſers Koͤnigs und des Raths der Ewigkeit.
Schweſter! wirf denn hinter dich, zum Beſchluß der dreyßig
Jahre,

All es, was dahinten iſt, und zum Ziel der Freyheit fahre,
Und der Koͤnig, dem wir dienen, ruffe dir nach ſeiner Treu.
Und nach meinem Wunſch entgegen: Sieh! ich mache alles neu.
Dieſes neue Lebens-Jahr ſtelle dich mit neuen Kraͤften
Deinem gantzen Hauſe dar zu den ſtaͤrckſten Lichts-Geſchaͤften,
Daß du unſers HErrn Gewerbe treibeſt in und auſſer dir,
Und dem groſſen Chor der Schweſtern, als ein Stern-Licht,
leuchteſt fuͤr.

Welch ein unvergleichlich Lob wird durch alle Reigen dringen,
Wenn ſie ihres Meiſters Ruhm uͤber deinem Preiß beſingen!
Und
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[220/0230] 1730. Jch will Mardachai ſeyn, ſey du Werber und Verſprecher, Und der groſſe Sohn des Koͤnigs ſey der Eſther Ehe-Mann! XCIII. Auf eben demſelben. Uberſetzung ei- nes Schreibens der XXIX. Frau Graͤ- fin zu Ebersdorf. JCh bin ungemein erfreut, daß es unſer HErr gefuͤget, Daß ich gegenwaͤrtig bin, da dich dieſer Tag vergnuͤget. Allertheurſte Hertzens-Schweſter! dreyßig Jahre ſind zuruͤck; Und es ſtrahlt noch dieſen Abend Chriſti erſter Gnaden-Blick. Billig ruft dein froher Mund: Solt ich meinen GOtt nicht ſingen? Denn ich ſehe, wie ers meynt, er iſt treu in all en Dingen: Meiner Seelen Wohlergehen hat er ſeliglich bedacht. Will dem Leibe Noth zu ſtehen, nimmt ers gleichfalls gut in acht. Wenn ich nichts mehr machen kan, aus gewiſſen Unvermoͤgen, Kommt mein GOtt und hebt mir an ſein Vermoͤgen bey zulegen: Dieſes haſt du juͤngſt erfahren. O wohlan! erwecke dich, Lobe dieſen maͤchtgen Konig, dieſen Guten, inniglich. Ruhe! denn es waͤre ja nicht erlaubet mehr zu ſorgen, Und der Zweck der Pruͤffungen iſt dir ſelber unverborgen: Die in unſre treue Liebe ſinckende Gelaſſenheit, Jſt die Abſicht unſers Koͤnigs und des Raths der Ewigkeit. Schweſter! wirf denn hinter dich, zum Beſchluß der dreyßig Jahre, All es, was dahinten iſt, und zum Ziel der Freyheit fahre, Und der Koͤnig, dem wir dienen, ruffe dir nach ſeiner Treu. Und nach meinem Wunſch entgegen: Sieh! ich mache alles neu. Dieſes neue Lebens-Jahr ſtelle dich mit neuen Kraͤften Deinem gantzen Hauſe dar zu den ſtaͤrckſten Lichts-Geſchaͤften, Daß du unſers HErrn Gewerbe treibeſt in und auſſer dir, Und dem groſſen Chor der Schweſtern, als ein Stern-Licht, leuchteſt fuͤr. Welch ein unvergleichlich Lob wird durch alle Reigen dringen, Wenn ſie ihres Meiſters Ruhm uͤber deinem Preiß beſingen! Und

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/230>, abgerufen am 04.05.2024.