Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
Die Seele ist in Adam todt, Und kan sich nicht im Geist bewegen, Der Rede Nachdruck weiß zur Noth, Jm Blute etwas aufzuregen; Allein das Hertz ist hart wie Stein, Und Fleisch und Blut wagt keine Stürme, Sein Andachts-Feuer giebet Schein, Doch zündets nicht, und zeuget Würme. So bleibt der Tod im Topf, Biß daß der Todten-Kopf, Von Gnaden-Winden angeblasen, Nach Christi Bild erwacht, Und alle Thiere schlacht't, Die um den todten Adam rasen. Denn stellt der Glaube eine Kraft, Die heißt Gerechtigkeit des Lebens. Was die Natur nicht weggeschaft, Bekämpft die Erbarkeit vergebens; Kaum aber, daß das Kind des Lichts Jm Geist die Augen aufgeschlagen, Da faßt es alles, und zerbrichts, Womit sich Fleisch und Blut getragen, Das leidet keinen Feind, Der offenbahr erscheint, Will ja ein Feind den Platz nicht missen, Und nach und nach empor, So giebt er Gutes vor, Sonst würd er von der Kraft zerrissen. Der erste falsche Freund heist Stoltz, Der weiß dem Geiste süß zu pfeiffen, Und
Die Seele iſt in Adam todt, Und kan ſich nicht im Geiſt bewegen, Der Rede Nachdruck weiß zur Noth, Jm Blute etwas aufzuregen; Allein das Hertz iſt hart wie Stein, Und Fleiſch und Blut wagt keine Stuͤrme, Sein Andachts-Feuer giebet Schein, Doch zuͤndets nicht, und zeuget Wuͤrme. So bleibt der Tod im Topf, Biß daß der Todten-Kopf, Von Gnaden-Winden angeblaſen, Nach Chriſti Bild erwacht, Und alle Thiere ſchlacht’t, Die um den todten Adam raſen. Denn ſtellt der Glaube eine Kraft, Die heißt Gerechtigkeit des Lebens. Was die Natur nicht weggeſchaft, Bekaͤmpft die Erbarkeit vergebens; Kaum aber, daß das Kind des Lichts Jm Geiſt die Augen aufgeſchlagen, Da faßt es alles, und zerbrichts, Womit ſich Fleiſch und Blut getragen, Das leidet keinen Feind, Der offenbahr erſcheint, Will ja ein Feind den Platz nicht miſſen, Und nach und nach empor, So giebt er Gutes vor, Sonſt wuͤrd er von der Kraft zerriſſen. Der erſte falſche Freund heiſt Stoltz, Der weiß dem Geiſte ſuͤß zu pfeiffen, Und
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1730.
So moͤgen andre vor mich bitten.
Bald tritt die Kraft herzu,
So die wahrhafte Ruh
Aus JEſu blutgen Wunden ziehet;
All ein die Suͤnde druͤckt,
Biß ſich die Seele buͤckt,
Und ſich mit Angſt ums Heyl bemuͤhet.
Die Seele iſt in Adam todt,
Und kan ſich nicht im Geiſt bewegen,
Der Rede Nachdruck weiß zur Noth,
Jm Blute etwas aufzuregen;
Allein das Hertz iſt hart wie Stein,
Und Fleiſch und Blut wagt keine Stuͤrme,
Sein Andachts-Feuer giebet Schein,
Doch zuͤndets nicht, und zeuget Wuͤrme.
So bleibt der Tod im Topf,
Biß daß der Todten-Kopf,
Von Gnaden-Winden angeblaſen,
Nach Chriſti Bild erwacht,
Und alle Thiere ſchlacht’t,
Die um den todten Adam raſen.
Denn ſtellt der Glaube eine Kraft,
Die heißt Gerechtigkeit des Lebens.
Was die Natur nicht weggeſchaft,
Bekaͤmpft die Erbarkeit vergebens;
Kaum aber, daß das Kind des Lichts
Jm Geiſt die Augen aufgeſchlagen,
Da faßt es alles, und zerbrichts,
Womit ſich Fleiſch und Blut getragen,
Das leidet keinen Feind,
Der offenbahr erſcheint,
Will ja ein Feind den Platz nicht miſſen,
Und nach und nach empor,
So giebt er Gutes vor,
Sonſt wuͤrd er von der Kraft zerriſſen.
Der erſte falſche Freund heiſt Stoltz,
Der weiß dem Geiſte ſuͤß zu pfeiffen,
Und
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