Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
So verkläre bald Deines Lichts-Gestalt: Oeffne die verschloßne Siegel, Brich den unvollkommnen Spiegel, Und verkläre bald Unsere Gestalt. Doch wenn dirs gefällt, Daß wir auf der Welt Länger noch mit lahmen Füssen Unsre Strasse wandeln müssen; O so zeig uns nur Die gerade Spur. Richte unser Hertz Zeitlich Himmel-wärts, Daß die Zeichen dieser Zeiten Uns zur letzten Zeit bereiten, Richte unsern Sinn Auf das Ende hin. Gibt es in der Zeit Schein-Vergnüglichkeit: So verleide uns ein Leben, Das kein wahres Wohlseyn geben, Noch den letzten Tag Uns versüssen mag. Solls uns harte gehn, Laß uns feste stehn, Und so gar in schweren Tagen Niemahls über Lasten klagen; Denn das ist der Weg, Zu der Sternen-Steg. Kracht der Hütten Thor, Zeuch den Geist hervor, Laß ihn zu den frohen Schaaren, Der erlößten Geister fahren, Daß
So verklaͤre bald Deines Lichts-Geſtalt: Oeffne die verſchloßne Siegel, Brich den unvollkommnen Spiegel, Und verklaͤre bald Unſere Geſtalt. Doch wenn dirs gefaͤllt, Daß wir auf der Welt Laͤnger noch mit lahmen Fuͤſſen Unſre Straſſe wandeln muͤſſen; O ſo zeig uns nur Die gerade Spur. Richte unſer Hertz Zeitlich Himmel-waͤrts, Daß die Zeichen dieſer Zeiten Uns zur letzten Zeit bereiten, Richte unſern Sinn Auf das Ende hin. Gibt es in der Zeit Schein-Vergnuͤglichkeit: So verleide uns ein Leben, Das kein wahres Wohlſeyn geben, Noch den letzten Tag Uns verſuͤſſen mag. Solls uns harte gehn, Laß uns feſte ſtehn, Und ſo gar in ſchweren Tagen Niemahls uͤber Laſten klagen; Denn das iſt der Weg, Zu der Sternen-Steg. Kracht der Huͤtten Thor, Zeuch den Geiſt hervor, Laß ihn zu den frohen Schaaren, Der erloͤßten Geiſter fahren, Daß
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1721
Weil die Lebens-Zeit
Voller Dunckelheit:
So verklaͤre bald
Deines Lichts-Geſtalt:
Oeffne die verſchloßne Siegel,
Brich den unvollkommnen Spiegel,
Und verklaͤre bald
Unſere Geſtalt.
Doch wenn dirs gefaͤllt,
Daß wir auf der Welt
Laͤnger noch mit lahmen Fuͤſſen
Unſre Straſſe wandeln muͤſſen;
O ſo zeig uns nur
Die gerade Spur.
Richte unſer Hertz
Zeitlich Himmel-waͤrts,
Daß die Zeichen dieſer Zeiten
Uns zur letzten Zeit bereiten,
Richte unſern Sinn
Auf das Ende hin.
Gibt es in der Zeit
Schein-Vergnuͤglichkeit:
So verleide uns ein Leben,
Das kein wahres Wohlſeyn geben,
Noch den letzten Tag
Uns verſuͤſſen mag.
Solls uns harte gehn,
Laß uns feſte ſtehn,
Und ſo gar in ſchweren Tagen
Niemahls uͤber Laſten klagen;
Denn das iſt der Weg,
Zu der Sternen-Steg.
Kracht der Huͤtten Thor,
Zeuch den Geiſt hervor,
Laß ihn zu den frohen Schaaren,
Der erloͤßten Geiſter fahren,
Daß
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