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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1731.

Nicht, wenn sie seinem Strahl für Schwachheit ausgewichen,
Nicht, wenn sie hingestreckt, Verweseten geglichen,
Noch, wenn das blinde Volck ihn selber nicht gekannt;
Das sehe kräfftiglich auf diß erhabne Zwey,
Und mache, daß ihr Blick so wieder seine sey!

Das Ohr Jmmanuels, das sich im Lauff der Zeiten
Auch dem geringsten Theil der Menschen offen hielt,
Wie wohl er nichts geglaubt, als was das Hertz gefühlt,
Das Ohr, das so geneigt zu denen Niedrigkeiten;
Das höre dein Gebet, um deiner Reiche Flohr:
Du aber, Königs-Paar, hab auch ein offnes Ohr.
Der Mund, der so geredt, wie sonst kein Mensch vermag,
(Ein Zeugniß, welches Jhm auch seine Feinde gaben,)

Der aber sonderlich, was elend hieß, zu laben
So offt es nöthig war, sich zu eröffnen pflag;
Der ruffe, so geschichts; der wolle, so wirds wahr:
So rührt des Königs Mund die Kohle vom Altar.
Sein Hertz war unverrückt voll friedlicher Gedancken,
Und sein Vergnügen hat auf unserm Wohl beruht;
Ein Hertze, das sich auch zu denen nahe thut,
Die bald zu Jhme zu, bald wieder seitwärts wancken:
Durch dieses Hertzens Ritz seh König Christian
Die Freunde vor beglückt, den Feind vor elend an.
Der von der Stunde an des Gehns nicht müde ward,
Da ihn des Vaters Schluß zur kleinen Schaar verbunden,
Der die Beschwerlichkeit von Erd und Meer empfunden,
Und der in dieser Pflicht biß an das Ziel verharrt;
Der lehr des Königs Fuß jetzt Land und Sund durchgehen,
Jetzt, wenns die Noth, erheischt, zum Seegen stille stehen.
Die ansgereckte Hand, die sich nie armg egeben,
Weil Geben seliger als Nehmen bey ihr war,
Die vor dem Fall ergriff, verbannte die Gefahr,
Und zielete so gar bey Sterbenden aufs Leben;
Die segne unsern Herrn, und unsre Frau zugleich,

Und stärcke ihre Hand, so fühlts das gantze Reich!
Gesalbter! der Du Dich so gern zur Menschheit bücktest,
Und unterliefst des Rechts auf uns gezuckten Blitz,
Als

1731.

Nicht, wenn ſie ſeinem Strahl fuͤr Schwachheit ausgewichen,
Nicht, wenn ſie hingeſtreckt, Verweſeten geglichen,
Noch, wenn das blinde Volck ihn ſelber nicht gekannt;
Das ſehe kraͤfftiglich auf diß erhabne Zwey,
Und mache, daß ihr Blick ſo wieder ſeine ſey!

Das Ohr Jmmanuels, das ſich im Lauff der Zeiten
Auch dem geringſten Theil der Menſchen offen hielt,
Wie wohl er nichts geglaubt, als was das Hertz gefuͤhlt,
Das Ohr, das ſo geneigt zu denen Niedrigkeiten;
Das hoͤre dein Gebet, um deiner Reiche Flohr:
Du aber, Koͤnigs-Paar, hab auch ein offnes Ohr.
Der Mund, der ſo geredt, wie ſonſt kein Menſch vermag,
(Ein Zeugniß, welches Jhm auch ſeine Feinde gaben,)

Der aber ſonderlich, was elend hieß, zu laben
So offt es noͤthig war, ſich zu eroͤffnen pflag;
Der ruffe, ſo geſchichts; der wolle, ſo wirds wahr:
So ruͤhrt des Koͤnigs Mund die Kohle vom Altar.
Sein Hertz war unverruͤckt voll friedlicher Gedancken,
Und ſein Vergnuͤgen hat auf unſerm Wohl beruht;
Ein Hertze, das ſich auch zu denen nahe thut,
Die bald zu Jhme zu, bald wieder ſeitwaͤrts wancken:
Durch dieſes Hertzens Ritz ſeh Koͤnig Chriſtian
Die Freunde vor begluͤckt, den Feind vor elend an.
Der von der Stunde an des Gehns nicht muͤde ward,
Da ihn des Vaters Schluß zur kleinen Schaar verbunden,
Der die Beſchwerlichkeit von Erd und Meer empfunden,
Und der in dieſer Pflicht biß an das Ziel verharrt;
Der lehr des Koͤnigs Fuß jetzt Land und Sund durchgehen,
Jetzt, wenns die Noth, erheiſcht, zum Seegen ſtille ſtehen.
Die ansgereckte Hand, die ſich nie armg egeben,
Weil Geben ſeliger als Nehmen bey ihr war,
Die vor dem Fall ergriff, verbannte die Gefahr,
Und zielete ſo gar bey Sterbenden aufs Leben;
Die ſegne unſern Herrn, und unſre Frau zugleich,

Und ſtaͤrcke ihre Hand, ſo fuͤhlts das gantze Reich!
Geſalbter! der Du Dich ſo gern zur Menſchheit buͤckteſt,
Und unterliefſt des Rechts auf uns gezuckten Blitz,
Als
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[130[230]/0240] 1731. Nicht, wenn ſie ſeinem Strahl fuͤr Schwachheit ausgewichen, Nicht, wenn ſie hingeſtreckt, Verweſeten geglichen, Noch, wenn das blinde Volck ihn ſelber nicht gekannt; Das ſehe kraͤfftiglich auf diß erhabne Zwey, Und mache, daß ihr Blick ſo wieder ſeine ſey! Das Ohr Jmmanuels, das ſich im Lauff der Zeiten Auch dem geringſten Theil der Menſchen offen hielt, Wie wohl er nichts geglaubt, als was das Hertz gefuͤhlt, Das Ohr, das ſo geneigt zu denen Niedrigkeiten; Das hoͤre dein Gebet, um deiner Reiche Flohr: Du aber, Koͤnigs-Paar, hab auch ein offnes Ohr. Der Mund, der ſo geredt, wie ſonſt kein Menſch vermag, (Ein Zeugniß, welches Jhm auch ſeine Feinde gaben,) Der aber ſonderlich, was elend hieß, zu laben So offt es noͤthig war, ſich zu eroͤffnen pflag; Der ruffe, ſo geſchichts; der wolle, ſo wirds wahr: So ruͤhrt des Koͤnigs Mund die Kohle vom Altar. Sein Hertz war unverruͤckt voll friedlicher Gedancken, Und ſein Vergnuͤgen hat auf unſerm Wohl beruht; Ein Hertze, das ſich auch zu denen nahe thut, Die bald zu Jhme zu, bald wieder ſeitwaͤrts wancken: Durch dieſes Hertzens Ritz ſeh Koͤnig Chriſtian Die Freunde vor begluͤckt, den Feind vor elend an. Der von der Stunde an des Gehns nicht muͤde ward, Da ihn des Vaters Schluß zur kleinen Schaar verbunden, Der die Beſchwerlichkeit von Erd und Meer empfunden, Und der in dieſer Pflicht biß an das Ziel verharrt; Der lehr des Koͤnigs Fuß jetzt Land und Sund durchgehen, Jetzt, wenns die Noth, erheiſcht, zum Seegen ſtille ſtehen. Die ansgereckte Hand, die ſich nie armg egeben, Weil Geben ſeliger als Nehmen bey ihr war, Die vor dem Fall ergriff, verbannte die Gefahr, Und zielete ſo gar bey Sterbenden aufs Leben; Die ſegne unſern Herrn, und unſre Frau zugleich, Und ſtaͤrcke ihre Hand, ſo fuͤhlts das gantze Reich! Geſalbter! der Du Dich ſo gern zur Menſchheit buͤckteſt, Und unterliefſt des Rechts auf uns gezuckten Blitz, Als

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 130[230]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/240>, abgerufen am 21.11.2024.