Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.
Wir haben uns, GOtt lob! zwölff Jahr daher gekannt, Wir wissen was der HErr vor Züge an uns bringet, Und wie er nach und nach zu seinen Füssen zwinget, Was ihm nicht eben ist, und hat die Oberhand. Dein Herrenhutisches bewährtes Pilger-Leben Kan uns von deinem Sinn erst rechte Nachricht geben. Ein Volck, das an der Stirn und Brust gezeichnet geht, Das seines Tauff-Bunds Krafft nicht gern verrauchen läs- set, Dem andrer Seelen Noth manch Seuffzen ausgepresset, Ein Volck, das nach dem Winck der Liebe geht und steht, Sonst abgeschieden lebt, bezeuget offenbahr, Wie dein Zugegenseyn ihm recht erbaulich war. So eile denn dahin, wo dich dein HErr gesetzt, Geh von dem Volck des HErrn viel hundert mahl geseeg- net, Getrost, wenn dir hinfort zuweilen was begegnet, Das unter Christi Schutz die Leidenden ergötzt, Wenn du dich vor der Welt und Eitelkeit verriegelst, Und die Gedult am Reich mit deiner Treu versiegelst. Natur und Gnade hat uns vielfach angeschnürt; Und wär ein Menschen-Kind noch nach dem Fleisch zu ken- nen, So müst ich dich gewiß allein dazu ernennen: Denn eines hat bey uns das andre eingeführt. Jch kan mich unsers Bands von aussen nicht erinnern, Es fällt mir alsobald sehr vieles ein vom Jnnern. Der HErr, der uns gesetzt, daß wir uns nahe seyn, Der spreche über uns aus den Gemeinschaffts-Seegen: Und will sich eine Krafft der Nacht dazwischen legen, So wolle uns davon sein Gnaden-Strahl befreyn. Jch will, so lang ich bin, dich und dein Amts-Geschäffte Mit brüderlicher Treu bedienen. HErr, gieb Kräffte. CXVII. S 4
Wir haben uns, GOtt lob! zwoͤlff Jahr daher gekannt, Wir wiſſen was der HErr vor Zuͤge an uns bringet, Und wie er nach und nach zu ſeinen Fuͤſſen zwinget, Was ihm nicht eben iſt, und hat die Oberhand. Dein Herrenhutiſches bewaͤhrtes Pilger-Leben Kan uns von deinem Sinn erſt rechte Nachricht geben. Ein Volck, das an der Stirn und Bruſt gezeichnet geht, Das ſeines Tauff-Bunds Krafft nicht gern verrauchen laͤſ- ſet, Dem andrer Seelen Noth manch Seuffzen ausgepreſſet, Ein Volck, das nach dem Winck der Liebe geht und ſteht, Sonſt abgeſchieden lebt, bezeuget offenbahr, Wie dein Zugegenſeyn ihm recht erbaulich war. So eile denn dahin, wo dich dein HErr geſetzt, Geh von dem Volck des HErrn viel hundert mahl geſeeg- net, Getroſt, wenn dir hinfort zuweilen was begegnet, Das unter Chriſti Schutz die Leidenden ergoͤtzt, Wenn du dich vor der Welt und Eitelkeit verriegelſt, Und die Gedult am Reich mit deiner Treu verſiegelſt. Natur und Gnade hat uns vielfach angeſchnuͤrt; Und waͤr ein Menſchen-Kind noch nach dem Fleiſch zu ken- nen, So muͤſt ich dich gewiß allein dazu ernennen: Denn eines hat bey uns das andre eingefuͤhrt. Jch kan mich unſers Bands von auſſen nicht erinnern, Es faͤllt mir alſobald ſehr vieles ein vom Jnnern. Der HErr, der uns geſetzt, daß wir uns nahe ſeyn, Der ſpreche uͤber uns aus den Gemeinſchaffts-Seegen: Und will ſich eine Krafft der Nacht dazwiſchen legen, So wolle uns davon ſein Gnaden-Strahl befreyn. Jch will, ſo lang ich bin, dich und dein Amts-Geſchaͤffte Mit bruͤderlicher Treu bedienen. HErr, gieb Kraͤffte. CXVII. S 4
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1733.
Jm Zeugniß, das uns auch vor Satanas verthaͤdigt,
Der wird an Haupt und Hertz aufs toͤdlichſte beſchaͤdigt.
Wir haben uns, GOtt lob! zwoͤlff Jahr daher gekannt,
Wir wiſſen was der HErr vor Zuͤge an uns bringet,
Und wie er nach und nach zu ſeinen Fuͤſſen zwinget,
Was ihm nicht eben iſt, und hat die Oberhand.
Dein Herrenhutiſches bewaͤhrtes Pilger-Leben
Kan uns von deinem Sinn erſt rechte Nachricht geben.
Ein Volck, das an der Stirn und Bruſt gezeichnet geht,
Das ſeines Tauff-Bunds Krafft nicht gern verrauchen laͤſ-
ſet,
Dem andrer Seelen Noth manch Seuffzen ausgepreſſet,
Ein Volck, das nach dem Winck der Liebe geht und ſteht,
Sonſt abgeſchieden lebt, bezeuget offenbahr,
Wie dein Zugegenſeyn ihm recht erbaulich war.
So eile denn dahin, wo dich dein HErr geſetzt,
Geh von dem Volck des HErrn viel hundert mahl geſeeg-
net,
Getroſt, wenn dir hinfort zuweilen was begegnet,
Das unter Chriſti Schutz die Leidenden ergoͤtzt,
Wenn du dich vor der Welt und Eitelkeit verriegelſt,
Und die Gedult am Reich mit deiner Treu verſiegelſt.
Natur und Gnade hat uns vielfach angeſchnuͤrt;
Und waͤr ein Menſchen-Kind noch nach dem Fleiſch zu ken-
nen,
So muͤſt ich dich gewiß allein dazu ernennen:
Denn eines hat bey uns das andre eingefuͤhrt.
Jch kan mich unſers Bands von auſſen nicht erinnern,
Es faͤllt mir alſobald ſehr vieles ein vom Jnnern.
Der HErr, der uns geſetzt, daß wir uns nahe ſeyn,
Der ſpreche uͤber uns aus den Gemeinſchaffts-Seegen:
Und will ſich eine Krafft der Nacht dazwiſchen legen,
So wolle uns davon ſein Gnaden-Strahl befreyn.
Jch will, ſo lang ich bin, dich und dein Amts-Geſchaͤffte
Mit bruͤderlicher Treu bedienen. HErr, gieb Kraͤffte.
CXVII.
S 4
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