Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.1722. Jch fürchte mich deswegen doch kein Haar: Mein Glaub ist Sieg, mein Zweck ist Wunderbar. Mein Alles! meine gantze Welt! Mein Freund! der ewig Farbe hält, Mein weiß- und rother Bräutigam! Mein immerwährend Oster-Lamm! Mein Leit-Stern! meine Liebe! meine Zier! Sey ewiglich mein Steinritz, mein Panier! Hast du mich in der Zeit gewollt, Die Räder schnell von dannen rollt? So miß mir selbst die Stunden ab! Sey meiner Reise Wander-Stab! Sey meines Thuns sein Schöpffer! führe mich Jn allem dir zu wandeln würdiglich! Soll ich viel Jahr im Karren fort; So zeige mir den Ruhe-Port, Von ferne zeige mir die Stadt, Die deine Hand bereitet hat, Das güldne Seraphinen Liebes-Licht: So schrecket mich die lange Reise nicht. Und wenn ich meiner Brüder Zahl Nach deiner holden Gnaden-Wahl An meinem Theile auch erfüllt; Wenns endlich auch Belohnens gilt: So weist du, daß mein Lohn, mein Licht und Ruh Nur du alleine werden sollst, Nur Du. XV. Auf die Heimführung der Gräfin Theo- Mein Bruder, gönne mir, daß sich von ferne herdore Reußin geb. Gräfin zu Castell, nach Ebersdorff. Noch eines Freundes Hertz mit deinem Geist ver binde, Und dich mit einem Blatt voll lautrer Liebe ehr: Es kommt nicht eher an, damit es Musse finde. So hat dich Ebersdorff nun wiederum erlangt, Und schließt dich feste ein mit deiner Theodoren; Dein
1722. Jch fuͤrchte mich deswegen doch kein Haar: Mein Glaub iſt Sieg, mein Zweck iſt Wunderbar. Mein Alles! meine gantze Welt! Mein Freund! der ewig Farbe haͤlt, Mein weiß- und rother Braͤutigam! Mein immerwaͤhrend Oſter-Lamm! Mein Leit-Stern! meine Liebe! meine Zier! Sey ewiglich mein Steinritz, mein Panier! Haſt du mich in der Zeit gewollt, Die Raͤder ſchnell von dannen rollt? So miß mir ſelbſt die Stunden ab! Sey meiner Reiſe Wander-Stab! Sey meines Thuns ſein Schoͤpffer! fuͤhre mich Jn allem dir zu wandeln wuͤrdiglich! Soll ich viel Jahr im Karren fort; So zeige mir den Ruhe-Port, Von ferne zeige mir die Stadt, Die deine Hand bereitet hat, Das guͤldne Seraphinen Liebes-Licht: So ſchrecket mich die lange Reiſe nicht. Und wenn ich meiner Bruͤder Zahl Nach deiner holden Gnaden-Wahl An meinem Theile auch erfuͤllt; Wenns endlich auch Belohnens gilt: So weiſt du, daß mein Lohn, mein Licht und Ruh Nur du alleine werden ſollſt, Nur Du. XV. Auf die Heimfuͤhrung der Graͤfin Theo- Mein Bruder, goͤnne mir, daß ſich von ferne herdore Reußin geb. Graͤfin zu Caſtell, nach Ebersdorff. Noch eines Freundes Hertz mit deinem Geiſt ver binde, Und dich mit einem Blatt voll lautrer Liebe ehr: Es kommt nicht eher an, damit es Muſſe finde. So hat dich Ebersdorff nun wiederum erlangt, Und ſchließt dich feſte ein mit deiner Theodoren; Dein
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1722.
Jch fuͤrchte mich deswegen doch kein Haar:
Mein Glaub iſt Sieg, mein Zweck iſt Wunderbar.
Mein Alles! meine gantze Welt!
Mein Freund! der ewig Farbe haͤlt,
Mein weiß- und rother Braͤutigam!
Mein immerwaͤhrend Oſter-Lamm!
Mein Leit-Stern! meine Liebe! meine Zier!
Sey ewiglich mein Steinritz, mein Panier!
Haſt du mich in der Zeit gewollt,
Die Raͤder ſchnell von dannen rollt?
So miß mir ſelbſt die Stunden ab!
Sey meiner Reiſe Wander-Stab!
Sey meines Thuns ſein Schoͤpffer! fuͤhre mich
Jn allem dir zu wandeln wuͤrdiglich!
Soll ich viel Jahr im Karren fort;
So zeige mir den Ruhe-Port,
Von ferne zeige mir die Stadt,
Die deine Hand bereitet hat,
Das guͤldne Seraphinen Liebes-Licht:
So ſchrecket mich die lange Reiſe nicht.
Und wenn ich meiner Bruͤder Zahl
Nach deiner holden Gnaden-Wahl
An meinem Theile auch erfuͤllt;
Wenns endlich auch Belohnens gilt:
So weiſt du, daß mein Lohn, mein Licht und Ruh
Nur du alleine werden ſollſt, Nur Du.
XV. Auf die Heimfuͤhrung der Graͤfin Theo-
dore Reußin geb. Graͤfin zu Caſtell,
nach Ebersdorff.
Mein Bruder, goͤnne mir, daß ſich von ferne her
Noch eines Freundes Hertz mit deinem Geiſt ver binde,
Und dich mit einem Blatt voll lautrer Liebe ehr:
Es kommt nicht eher an, damit es Muſſe finde.
So hat dich Ebersdorff nun wiederum erlangt,
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