Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

Bild:
<< vorherige Seite

1722.

Es sey der Mann denn Christi Braut,
Und auch das Weib dem HErrn vertraut.

Auf diese Weise laß ichs gelten,
Daß du dir eine Braut erließt,
Wenn Christus dir vor tausend Welten
Und vor dir selbst am liebsten ist,
Und ist dein Weib
Ein Glied am Leib
Des Bräutigams; so lieb es dann
Allein in Jhm, denn Er ist Mann.
So darffst du denn auch wenig sorgen,
Wie lange sie bey dir verweilt;
Vielmehr da heute oder morgen
Die Ehgehülffin heimwarts eilt,
So dringt dein Sinn,
Zugleich dahin,
Wo sie beym rechten Schatze ruht,
Und hält es ihm und ihr zu gut.
Sie läst sichs ebenfalls gefallen,
Wenn JEsus ihr verlobter Freund,
Mit dem sie, vor den andern allen,
Es hertzlich gut und redlich meynt,
Den lieben Mann,
Der sie gewann,
Aus dieses Lebens rauher Lufft
Jn seine stille Hütte rufft.
Nur will gar viel darzu gehören
Jn dieser Fassung fest zu stehn:
Man läst sich durch das Fleisch bethören
Jn göldne Fesseln einzugehn,
Man meynt dabey:
Wie starck man sey?
Und wann man sich verstricket hat;
So ist die Reue gern zu spat.
Drum
C 2

1722.

Es ſey der Mann denn Chriſti Braut,
Und auch das Weib dem HErrn vertraut.

Auf dieſe Weiſe laß ichs gelten,
Daß du dir eine Braut erließt,
Wenn Chriſtus dir vor tauſend Welten
Und vor dir ſelbſt am liebſten iſt,
Und iſt dein Weib
Ein Glied am Leib
Des Braͤutigams; ſo lieb es dann
Allein in Jhm, denn Er iſt Mann.
So darffſt du denn auch wenig ſorgen,
Wie lange ſie bey dir verweilt;
Vielmehr da heute oder morgen
Die Ehgehuͤlffin heimwarts eilt,
So dringt dein Sinn,
Zugleich dahin,
Wo ſie beym rechten Schatze ruht,
Und haͤlt es ihm und ihr zu gut.
Sie laͤſt ſichs ebenfalls gefallen,
Wenn JEſus ihr verlobter Freund,
Mit dem ſie, vor den andern allen,
Es hertzlich gut und redlich meynt,
Den lieben Mann,
Der ſie gewann,
Aus dieſes Lebens rauher Lufft
Jn ſeine ſtille Huͤtte rufft.
Nur will gar viel darzu gehoͤren
Jn dieſer Faſſung feſt zu ſtehn:
Man laͤſt ſich durch das Fleiſch bethoͤren
Jn goͤldne Feſſeln einzugehn,
Man meynt dabey:
Wie ſtarck man ſey?
Und wann man ſich verſtricket hat;
So iſt die Reue gern zu ſpat.
Drum
C 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <lg type="poem">
          <lg n="19">
            <l>
              <pb facs="#f0045" n="35"/>
              <fw place="top" type="header">1722.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Es &#x017F;ey der Mann denn Chri&#x017F;ti Braut,</l><lb/>
            <l>Und auch das Weib dem HErrn vertraut.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="20">
            <l>Auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e laß ichs gelten,</l><lb/>
            <l>Daß du dir eine Braut erließt,</l><lb/>
            <l>Wenn Chri&#x017F;tus dir vor tau&#x017F;end Welten</l><lb/>
            <l>Und vor dir &#x017F;elb&#x017F;t am lieb&#x017F;ten i&#x017F;t,</l><lb/>
            <l>Und i&#x017F;t dein Weib</l><lb/>
            <l>Ein Glied am Leib</l><lb/>
            <l>Des Bra&#x0364;utigams; &#x017F;o lieb es dann</l><lb/>
            <l>Allein in Jhm, denn Er i&#x017F;t Mann.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="21">
            <l>So darff&#x017F;t du denn auch wenig &#x017F;orgen,</l><lb/>
            <l>Wie lange &#x017F;ie bey dir verweilt;</l><lb/>
            <l>Vielmehr da heute oder morgen</l><lb/>
            <l>Die Ehgehu&#x0364;lffin heimwarts eilt,</l><lb/>
            <l>So dringt dein Sinn,</l><lb/>
            <l>Zugleich dahin,</l><lb/>
            <l>Wo &#x017F;ie beym rechten Schatze ruht,</l><lb/>
            <l>Und ha&#x0364;lt es ihm und ihr zu gut.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="22">
            <l>Sie la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ichs ebenfalls gefallen,</l><lb/>
            <l>Wenn JE&#x017F;us ihr verlobter Freund,</l><lb/>
            <l>Mit dem &#x017F;ie, vor den andern allen,</l><lb/>
            <l>Es hertzlich gut und redlich meynt,</l><lb/>
            <l>Den lieben Mann,</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;ie gewann,</l><lb/>
            <l>Aus die&#x017F;es Lebens rauher Lufft</l><lb/>
            <l>Jn &#x017F;eine &#x017F;tille Hu&#x0364;tte rufft.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="23">
            <l>Nur will gar viel darzu geho&#x0364;ren</l><lb/>
            <l>Jn die&#x017F;er Fa&#x017F;&#x017F;ung fe&#x017F;t zu &#x017F;tehn:</l><lb/>
            <l>Man la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich durch das Flei&#x017F;ch betho&#x0364;ren</l><lb/>
            <l>Jn go&#x0364;ldne Fe&#x017F;&#x017F;eln einzugehn,</l><lb/>
            <l>Man meynt dabey:</l><lb/>
            <l>Wie &#x017F;tarck man &#x017F;ey?</l><lb/>
            <l>Und wann man &#x017F;ich ver&#x017F;tricket hat;</l><lb/>
            <l>So i&#x017F;t die Reue gern zu &#x017F;pat.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">C 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Drum</fw><lb/>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0045] 1722. Es ſey der Mann denn Chriſti Braut, Und auch das Weib dem HErrn vertraut. Auf dieſe Weiſe laß ichs gelten, Daß du dir eine Braut erließt, Wenn Chriſtus dir vor tauſend Welten Und vor dir ſelbſt am liebſten iſt, Und iſt dein Weib Ein Glied am Leib Des Braͤutigams; ſo lieb es dann Allein in Jhm, denn Er iſt Mann. So darffſt du denn auch wenig ſorgen, Wie lange ſie bey dir verweilt; Vielmehr da heute oder morgen Die Ehgehuͤlffin heimwarts eilt, So dringt dein Sinn, Zugleich dahin, Wo ſie beym rechten Schatze ruht, Und haͤlt es ihm und ihr zu gut. Sie laͤſt ſichs ebenfalls gefallen, Wenn JEſus ihr verlobter Freund, Mit dem ſie, vor den andern allen, Es hertzlich gut und redlich meynt, Den lieben Mann, Der ſie gewann, Aus dieſes Lebens rauher Lufft Jn ſeine ſtille Huͤtte rufft. Nur will gar viel darzu gehoͤren Jn dieſer Faſſung feſt zu ſtehn: Man laͤſt ſich durch das Fleiſch bethoͤren Jn goͤldne Feſſeln einzugehn, Man meynt dabey: Wie ſtarck man ſey? Und wann man ſich verſtricket hat; So iſt die Reue gern zu ſpat. Drum C 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/45
Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/45>, abgerufen am 26.04.2024.