Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.1723. Wohlan, so eile denn zur stoltzen Ewigkeit,Auf! folge diesem Ruf, zur Ruhe! geh im Seegen. Ach! tritt der Boßheit Stoltz nun unter deinen Fuß, Die Ungerechtigkeit, die dir das Hertz gebrochen: Von dieser Tages-Last und stündlichem Verdruß Jst dein befreyter Geist nun ewig loß gesprochen. Jhr, die ihr eure Last nach GOttes weisem Rath, Als ein bescheiden Theil noch eine Weile traget, Jhr, deren Treue sich vors Recht bemühet hat, Kommt höret, was man ihm zum letzten Lob-Spruch saget. Jch ruffete hierzu die Feinde selber auf; Denn seiner Tugend Preiß bedarff wohl keiner Freunde, Die aus Ergebenheit ihm crönen seinen Lauff, Allein, er sagte uns: Er habe keine Feinde. Jst, theurer Friedrich Ernst, der keiner dann zur Hand, Die deine Trefflichkeit beschämt erheben können, Wie Uberwundne sonst dem Sieger vorgespannt, So wird dein häufigs Lob sich selbst den Weg verrennen. Dir aber, dem es nie um Ruhm und Ehre galt, Dir, dessen wahrer Preiß in Niedrigkeit gegrünet, Dir ist in deinem Sitz: Der Wonne Auffenthalt, Mit einer Blumen-Streu aufs Grab, nicht viel gedienet. Doch werden die ins Recht hinein verwickelt steh'n, Die in dem Jammerthal vor der Chicane Tischen, Offt voll Verzweiffelung um Trost und Hülffe fleh'n, Dir wenigstens den Staub mit ihren Thränen mischen. HErr! der du diesen Knecht der Welt geliehen hast, Und gönnest deinem Volck, dich freundlichen zu loben, Sey für des Seeligen nun abgelegte Last, Für seine Tugenden und alles, hoch erhoben! Gelobt sey deine Krafft, die durch Benigne Hand (Das arbeitsame Glied des Ausbunds aller Frauen,) Den Grafen als ein Kind bereits dahin gewandt, Sich einen Felsen-Bau, kein Garten-Hauß, zu bauen. Gelobt sey dein Befehl, der ihn zum Dienst ernennt, Dort, wo Gerechtigkeit schon lange thronen können, Wohin der helle Hauff bedrückter Menschen rennt, Die ausgewichne Ruh durchs Rechten zu errennen. Du
1723. Wohlan, ſo eile denn zur ſtoltzen Ewigkeit,Auf! folge dieſem Ruf, zur Ruhe! geh im Seegen. Ach! tritt der Boßheit Stoltz nun unter deinen Fuß, Die Ungerechtigkeit, die dir das Hertz gebrochen: Von dieſer Tages-Laſt und ſtuͤndlichem Verdruß Jſt dein befreyter Geiſt nun ewig loß geſprochen. Jhr, die ihr eure Laſt nach GOttes weiſem Rath, Als ein beſcheiden Theil noch eine Weile traget, Jhr, deren Treue ſich vors Recht bemuͤhet hat, Kommt hoͤret, was man ihm zum letzten Lob-Spruch ſaget. Jch ruffete hierzu die Feinde ſelber auf; Denn ſeiner Tugend Preiß bedarff wohl keiner Freunde, Die aus Ergebenheit ihm croͤnen ſeinen Lauff, Allein, er ſagte uns: Er habe keine Feinde. Jſt, theurer Friedrich Ernſt, der keiner dann zur Hand, Die deine Trefflichkeit beſchaͤmt erheben koͤnnen, Wie Uberwundne ſonſt dem Sieger vorgeſpannt, So wird dein haͤufigs Lob ſich ſelbſt den Weg verrennen. Dir aber, dem es nie um Ruhm und Ehre galt, Dir, deſſen wahrer Preiß in Niedrigkeit gegruͤnet, Dir iſt in deinem Sitz: Der Wonne Auffenthalt, Mit einer Blumen-Streu aufs Grab, nicht viel gedienet. Doch werden die ins Recht hinein verwickelt ſteh’n, Die in dem Jammerthal vor der Chicane Tiſchen, Offt voll Verzweiffelung um Troſt und Huͤlffe fleh’n, Dir wenigſtens den Staub mit ihren Thraͤnen miſchen. HErr! der du dieſen Knecht der Welt geliehen haſt, Und goͤnneſt deinem Volck, dich freundlichen zu loben, Sey fuͤr des Seeligen nun abgelegte Laſt, Fuͤr ſeine Tugenden und alles, hoch erhoben! Gelobt ſey deine Krafft, die durch Benigne Hand (Das arbeitſame Glied des Ausbunds aller Frauen,) Den Grafen als ein Kind bereits dahin gewandt, Sich einen Felſen-Bau, kein Garten-Hauß, zu bauen. Gelobt ſey dein Befehl, der ihn zum Dienſt ernennt, Dort, wo Gerechtigkeit ſchon lange thronen koͤnnen, Wohin der helle Hauff bedruͤckter Menſchen rennt, Die ausgewichne Ruh durchs Rechten zu errennen. Du
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1723.
Wohlan, ſo eile denn zur ſtoltzen Ewigkeit,
Auf! folge dieſem Ruf, zur Ruhe! geh im Seegen.
Ach! tritt der Boßheit Stoltz nun unter deinen Fuß,
Die Ungerechtigkeit, die dir das Hertz gebrochen:
Von dieſer Tages-Laſt und ſtuͤndlichem Verdruß
Jſt dein befreyter Geiſt nun ewig loß geſprochen.
Jhr, die ihr eure Laſt nach GOttes weiſem Rath,
Als ein beſcheiden Theil noch eine Weile traget,
Jhr, deren Treue ſich vors Recht bemuͤhet hat,
Kommt hoͤret, was man ihm zum letzten Lob-Spruch ſaget.
Jch ruffete hierzu die Feinde ſelber auf;
Denn ſeiner Tugend Preiß bedarff wohl keiner Freunde,
Die aus Ergebenheit ihm croͤnen ſeinen Lauff,
Allein, er ſagte uns: Er habe keine Feinde.
Jſt, theurer Friedrich Ernſt, der keiner dann zur Hand,
Die deine Trefflichkeit beſchaͤmt erheben koͤnnen,
Wie Uberwundne ſonſt dem Sieger vorgeſpannt,
So wird dein haͤufigs Lob ſich ſelbſt den Weg verrennen.
Dir aber, dem es nie um Ruhm und Ehre galt,
Dir, deſſen wahrer Preiß in Niedrigkeit gegruͤnet,
Dir iſt in deinem Sitz: Der Wonne Auffenthalt,
Mit einer Blumen-Streu aufs Grab, nicht viel gedienet.
Doch werden die ins Recht hinein verwickelt ſteh’n,
Die in dem Jammerthal vor der Chicane Tiſchen,
Offt voll Verzweiffelung um Troſt und Huͤlffe fleh’n,
Dir wenigſtens den Staub mit ihren Thraͤnen miſchen.
HErr! der du dieſen Knecht der Welt geliehen haſt,
Und goͤnneſt deinem Volck, dich freundlichen zu loben,
Sey fuͤr des Seeligen nun abgelegte Laſt,
Fuͤr ſeine Tugenden und alles, hoch erhoben!
Gelobt ſey deine Krafft, die durch Benigne Hand
(Das arbeitſame Glied des Ausbunds aller Frauen,)
Den Grafen als ein Kind bereits dahin gewandt,
Sich einen Felſen-Bau, kein Garten-Hauß, zu bauen.
Gelobt ſey dein Befehl, der ihn zum Dienſt ernennt,
Dort, wo Gerechtigkeit ſchon lange thronen koͤnnen,
Wohin der helle Hauff bedruͤckter Menſchen rennt,
Die ausgewichne Ruh durchs Rechten zu errennen.
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