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Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735.

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1723.
Der Adel dieser Welt ist etwas; aber still!
Die gute liebe Welt weiß selbst nicht, was sie will:
Der Knecht spielt einen Herrn; ein Herr kan ja nicht leben,
Er muß sich irgendswo in einen Dienst begeben.
So aber steht es nicht um Christi Adel-Brief,
Da der die Seele erst zum Priesterthum berief,
Und zu der Crone selbst: Da ward sie freygebohren,
Und war zu keinem Zwang des Sclaven-Stands erkohren.
Der König, welchem wir als Knechte eigen sind,
Der nennt uns anders nicht, als Bruder, Freund und Kind,
Es heißt: Wir dienen ihm; Er aber dient uns besser:
Er macht durch seinen Dienst uns alle Tage grösser.
Und wir, wir solten uns des Ordens, den er giebt,
Und dessen, der uns so, als wie sein Hertze liebt,
Vor dem geringen Schwarm der Unterthanen schämen,
Und nicht fein öffentlich uns diese Ehre nehmen?
O Vater! schencke uns den königlichen Sinn,
Der alles hinten läßt, auf daß er dich gewinn,
Und gönne mehreren, die itzo furchtsam schweigen,
Den Ruhm, den hohen Ruhm, der treuen Lammes-Zeugen.
Gieb Weißheit, leite uns dir nach, untadelich,
Und deinem Gnaden-Ruf zu wandeln würdiglich:
Gieb Liebe, alles dieß mit Sanftmuth zu ertragen,
Was man von unserm Thun will dencken oder sagen!
Du aber, treuer Knecht! geh eilends ein zur Ruh:
Der süsse Bräutigam schließt selbst die Cammer zu:
Dring auf, erlöster Geist! zu dem, den du bekennet,
Und der dich dermaleinst vor seinem Vater nennet.
XXVII. An eines begabten Lehrers Nah-
mens-Tage.
*
DU hochgebenedeyte Liebe,
Man sagt in Bethel: Höre her.
O daß
* Am 30. Novembr.
E
1723.
Der Adel dieſer Welt iſt etwas; aber ſtill!
Die gute liebe Welt weiß ſelbſt nicht, was ſie will:
Der Knecht ſpielt einen Herrn; ein Herr kan ja nicht leben,
Er muß ſich irgendswo in einen Dienſt begeben.
So aber ſteht es nicht um Chriſti Adel-Brief,
Da der die Seele erſt zum Prieſterthum berief,
Und zu der Crone ſelbſt: Da ward ſie freygebohren,
Und war zu keinem Zwang des Sclaven-Stands erkohren.
Der Koͤnig, welchem wir als Knechte eigen ſind,
Der nennt uns anders nicht, als Bruder, Freund und Kind,
Es heißt: Wir dienen ihm; Er aber dient uns beſſer:
Er macht durch ſeinen Dienſt uns alle Tage groͤſſer.
Und wir, wir ſolten uns des Ordens, den er giebt,
Und deſſen, der uns ſo, als wie ſein Hertze liebt,
Vor dem geringen Schwarm der Unterthanen ſchaͤmen,
Und nicht fein oͤffentlich uns dieſe Ehre nehmen?
O Vater! ſchencke uns den koͤniglichen Sinn,
Der alles hinten laͤßt, auf daß er dich gewinn,
Und goͤnne mehreren, die itzo furchtſam ſchweigen,
Den Ruhm, den hohen Ruhm, der treuen Lammes-Zeugen.
Gieb Weißheit, leite uns dir nach, untadelich,
Und deinem Gnaden-Ruf zu wandeln wuͤrdiglich:
Gieb Liebe, alles dieß mit Sanftmuth zu ertragen,
Was man von unſerm Thun will dencken oder ſagen!
Du aber, treuer Knecht! geh eilends ein zur Ruh:
Der ſuͤſſe Braͤutigam ſchließt ſelbſt die Cammer zu:
Dring auf, erloͤſter Geiſt! zu dem, den du bekennet,
Und der dich dermaleinſt vor ſeinem Vater nennet.
XXVII. An eines begabten Lehrers Nah-
mens-Tage.
*
DU hochgebenedeyte Liebe,
Man ſagt in Bethel: Hoͤre her.
O daß
* Am 30. Novembr.
E
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[65/0075] 1723. Der Adel dieſer Welt iſt etwas; aber ſtill! Die gute liebe Welt weiß ſelbſt nicht, was ſie will: Der Knecht ſpielt einen Herrn; ein Herr kan ja nicht leben, Er muß ſich irgendswo in einen Dienſt begeben. So aber ſteht es nicht um Chriſti Adel-Brief, Da der die Seele erſt zum Prieſterthum berief, Und zu der Crone ſelbſt: Da ward ſie freygebohren, Und war zu keinem Zwang des Sclaven-Stands erkohren. Der Koͤnig, welchem wir als Knechte eigen ſind, Der nennt uns anders nicht, als Bruder, Freund und Kind, Es heißt: Wir dienen ihm; Er aber dient uns beſſer: Er macht durch ſeinen Dienſt uns alle Tage groͤſſer. Und wir, wir ſolten uns des Ordens, den er giebt, Und deſſen, der uns ſo, als wie ſein Hertze liebt, Vor dem geringen Schwarm der Unterthanen ſchaͤmen, Und nicht fein oͤffentlich uns dieſe Ehre nehmen? O Vater! ſchencke uns den koͤniglichen Sinn, Der alles hinten laͤßt, auf daß er dich gewinn, Und goͤnne mehreren, die itzo furchtſam ſchweigen, Den Ruhm, den hohen Ruhm, der treuen Lammes-Zeugen. Gieb Weißheit, leite uns dir nach, untadelich, Und deinem Gnaden-Ruf zu wandeln wuͤrdiglich: Gieb Liebe, alles dieß mit Sanftmuth zu ertragen, Was man von unſerm Thun will dencken oder ſagen! Du aber, treuer Knecht! geh eilends ein zur Ruh: Der ſuͤſſe Braͤutigam ſchließt ſelbſt die Cammer zu: Dring auf, erloͤſter Geiſt! zu dem, den du bekennet, Und der dich dermaleinſt vor ſeinem Vater nennet. XXVII. An eines begabten Lehrers Nah- mens-Tage. * DU hochgebenedeyte Liebe, Man ſagt in Bethel: Hoͤre her. O daß * Am 30. Novembr. E

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Zitationshilfe: Zinzendorf, Nicolaus Ludwig von: Teutscher Gedichte Erster Theil. Herrnhuth, 1735, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zinzendorf_gedichte_1735/75>, abgerufen am 24.11.2024.