Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.IV. Die Opposition des modernen Naturalismus. katholische Geschichtsphilosoph Rosmini, Jtaliens Leibniz, zu nennen.Seine "Theodicee" (1827) läßt die menschliche Entwicklung von einem zwar noch uncivilisirten, aber sowohl unschuldigen als glück- seligen Zustande ausgehen; sie schließt sich in den meisten Einzel- heiten eng an den römischen Katechismus an. 1) Geringer, wenn nicht an Zahl doch an nachhaltigem wissen- 1) Ueber die meisten hier Genannten handelt Rocholl, S. 232--240; vgl. S. 216. -- Von v. Eckstein gehört hieher bes. seine Schrift: "Geschicht- liches über die Askesis der alten heidn. u. jüd. Welt" etc. (Freiburg 1862). 2) Ganz anders noch als Comte hatte C. de Brosses, der erste Bahn- brecher für die religions-wissenschaftliche Erforschung der felischistischen Culte (in Zöckler, Urstand. 9
IV. Die Oppoſition des modernen Naturalismus. katholiſche Geſchichtsphiloſoph Rosmini, Jtaliens Leibniz, zu nennen.Seine „Theodicee‟ (1827) läßt die menſchliche Entwicklung von einem zwar noch unciviliſirten, aber ſowohl unſchuldigen als glück- ſeligen Zuſtande ausgehen; ſie ſchließt ſich in den meiſten Einzel- heiten eng an den römiſchen Katechismus an. 1) Geringer, wenn nicht an Zahl doch an nachhaltigem wiſſen- 1) Ueber die meiſten hier Genannten handelt Rocholl, S. 232—240; vgl. S. 216. — Von v. Eckſtein gehört hieher beſ. ſeine Schrift: „Geſchicht- liches über die Askeſis der alten heidn. u. jüd. Welt‟ ꝛc. (Freiburg 1862). 2) Ganz anders noch als Comte hatte C. de Broſſes, der erſte Bahn- brecher für die religions-wiſſenſchaftliche Erforſchung der feliſchiſtiſchen Culte (in Zöckler, Urſtand. 9
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IV. Die Oppoſition des modernen Naturalismus.
katholiſche Geſchichtsphiloſoph Rosmini, Jtaliens Leibniz, zu nennen.
Seine „Theodicee‟ (1827) läßt die menſchliche Entwicklung von
einem zwar noch unciviliſirten, aber ſowohl unſchuldigen als glück-
ſeligen Zuſtande ausgehen; ſie ſchließt ſich in den meiſten Einzel-
heiten eng an den römiſchen Katechismus an. 1)
Geringer, wenn nicht an Zahl doch an nachhaltigem wiſſen-
ſchaftlichem Einfluſſe blieben bis um die Mitte unſres Jahrhunderts
die radikalen Gegner der Annahme eines Standes urſprünglicher
Jntegrität des Menſchengeſchlechts. Aber ſie erſetzten, was ihnen
an exacter Schärfe und Fülle von Argumenten für ihren einſeitigen
Evolutionismus abgieng, durch die Heftigkeit ihrer Polemik oder
auch durch vornehme Jgnorirung der Theorieen ihrer Gegner. —
Jn Frankreich war es beſonders Auguſte Comte, der vielgefeierte
Begründer des modernen Poſitivismus, der die antidegradationiſtiſche
Denkweiſe in ein für weitere Kreiſe maaßgebend gewordnes Syſtem
brachte. Seine auf Vico und Campanella zurückgehende Gliederung
alles menſchlichen Geiſteslebens nach den drei Hauptſtufen oder
Zeitaltern der theologiſchen Fiction, der metaphyſiſchen Abſtraction
und des poſitiven Wiſſens ſchließt, was die erſte oder theologiſche
Stufe betrifft, das berühmte Schema: Fetiſchismus, Polytheismus,
Monotheismus in ſich. Beſonders Comte, auf religionshiſtoriſchem
Gebiete ein Schriftſteller ohne allen wiſſenſchaftlichen Beruf, hat
dieſe grundverkehrte Annahme, als ob die früheſte Form aller
Religioſität der Fetiſchdienſt, die abergläubige Verehrung von Holz-
ſtücken oder Steinblöcken, geweſen ſei und als ob man erſt ganz
zuletzt, nach vielhundertjährigem Umherirren in den Jrrgängen des
Polytheismus, zu monotheiſtiſchen Gottesvorſtellungen gelangt ſei,
zuerſt angelegentlich cultivirt und in Umlauf geſetzt. 2) Die Zahl
1) Ueber die meiſten hier Genannten handelt Rocholl, S. 232—240;
vgl. S. 216. — Von v. Eckſtein gehört hieher beſ. ſeine Schrift: „Geſchicht-
liches über die Askeſis der alten heidn. u. jüd. Welt‟ ꝛc. (Freiburg 1862).
2) Ganz anders noch als Comte hatte C. de Broſſes, der erſte Bahn-
brecher für die religions-wiſſenſchaftliche Erforſchung der feliſchiſtiſchen Culte (in
Zöckler, Urſtand. 9
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