Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.Einleitung. der Thierwelt, aber andrerseits auch als blitzartig, wie ein großeshistorisches Genie, wie Pallas aus Zeus' Haupte, aus der urzeit- lichen Organismenreihe hervorgegangene neue und höhere Schöpfung; will Edm. Pfleiderer der Jdee eines vergangenen goldenen Zeitalters jedenfalls einen "hohen Jdealwerth" beigelegt wissen, gleichwie auch der mosaische Schöpfungsbericht trotz aller Ausstellungen der mo- dernen Kritik "ein geniales Philosophem bleibe, das nur prosaische Altklugheit unverstanden verachten köune." Ja, eine gewisse Zeit früherer Glückseligkeit, meint derselbe, sei doch wohl anzunehmen, nur nicht als in die erste Kindheit unsres Geschlechts fallend, wohin die Sage vom goldnen Zeitalter sie zurückschiebe, sondern als einer etwas späteren Entwicklungsstufe angehörig; die Erinnerung an diese vergangene schöne Zeit "begleite den Menschen auf der Bahn der Geschichte als sein guter Genius" etc. 1) Die moderne liberale Theologie, mag sie von Schleiermacher 1) Lotze, Mikrokosmus (bei Rocholl, S. 328). Carriere, Die sittl. Weltordnung, 1877. Edm. Pfleiderer, Die Jdee des goldnen Zeitalters, Berlin 1877, S. 24 f. 2) Schleiermacher, Der christl. Glaube nach den Grundsätzen der ev.
Kirche, 3. Aufl., Berlin 1835, S. 59 (S. 323 f.), § 60. 61 (S. 326 ff.). Einleitung. der Thierwelt, aber andrerſeits auch als blitzartig, wie ein großeshiſtoriſches Genie, wie Pallas aus Zeus’ Haupte, aus der urzeit- lichen Organismenreihe hervorgegangene neue und höhere Schöpfung; will Edm. Pfleiderer der Jdee eines vergangenen goldenen Zeitalters jedenfalls einen „hohen Jdealwerth‟ beigelegt wiſſen, gleichwie auch der moſaiſche Schöpfungsbericht trotz aller Ausſtellungen der mo- dernen Kritik „ein geniales Philoſophem bleibe, das nur proſaiſche Altklugheit unverſtanden verachten köune.‟ Ja, eine gewiſſe Zeit früherer Glückſeligkeit, meint derſelbe, ſei doch wohl anzunehmen, nur nicht als in die erſte Kindheit unſres Geſchlechts fallend, wohin die Sage vom goldnen Zeitalter ſie zurückſchiebe, ſondern als einer etwas ſpäteren Entwicklungsſtufe angehörig; die Erinnerung an dieſe vergangene ſchöne Zeit „begleite den Menſchen auf der Bahn der Geſchichte als ſein guter Genius‟ ꝛc. 1) Die moderne liberale Theologie, mag ſie von Schleiermacher 1) Lotze, Mikrokosmus (bei Rocholl, S. 328). Carriere, Die ſittl. Weltordnung, 1877. Edm. Pfleiderer, Die Jdee des goldnen Zeitalters, Berlin 1877, S. 24 f. 2) Schleiermacher, Der chriſtl. Glaube nach den Grundſätzen der ev.
Kirche, 3. Aufl., Berlin 1835, S. 59 (S. 323 f.), § 60. 61 (S. 326 ff.). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0014" n="4"/><fw place="top" type="header">Einleitung.</fw><lb/> der Thierwelt, aber andrerſeits auch als blitzartig, wie ein großes<lb/> hiſtoriſches Genie, wie Pallas aus Zeus’ Haupte, aus der urzeit-<lb/> lichen Organismenreihe hervorgegangene neue und höhere Schöpfung;<lb/> will Edm. Pfleiderer der Jdee eines vergangenen goldenen Zeitalters<lb/> jedenfalls einen „hohen Jdealwerth‟ beigelegt wiſſen, gleichwie auch<lb/> der moſaiſche Schöpfungsbericht trotz aller Ausſtellungen der mo-<lb/> dernen Kritik „ein geniales Philoſophem bleibe, das nur proſaiſche<lb/> Altklugheit unverſtanden verachten köune.‟ Ja, eine gewiſſe Zeit<lb/> früherer Glückſeligkeit, meint derſelbe, ſei doch wohl anzunehmen,<lb/> nur nicht als in die erſte Kindheit unſres Geſchlechts fallend, wohin<lb/> die Sage vom goldnen Zeitalter ſie zurückſchiebe, ſondern als einer<lb/> etwas ſpäteren Entwicklungsſtufe angehörig; die Erinnerung an<lb/> dieſe vergangene ſchöne Zeit „begleite den Menſchen auf der Bahn<lb/> der Geſchichte als ſein guter Genius‟ ꝛc. <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Lotze,</hi> Mikrokosmus (bei Rocholl, S. 328). <hi rendition="#g">Carriere,</hi> Die ſittl.<lb/> Weltordnung, 1877. <hi rendition="#g">Edm. Pfleiderer,</hi> Die Jdee des goldnen Zeitalters,<lb/> Berlin 1877, S. 24 f.</note></p><lb/> <p>Die moderne liberale Theologie, mag ſie von Schleiermacher<lb/> ausgegangen ſein, oder mag ſie ſich nach anderen Meiſtern nennen,<lb/> ſteht weſentlich auf demſelben Standpunkte einer auf alle Fälle nur<lb/> ſehr mäßigen Werthſchätzung des Urſtandsdogma’s. Wenn Schleier-<lb/> macher die urſprüngliche Vollkommenheit des Menſchen idealiſirend<lb/> verflüchtigte, ſie für die Richtung des Geiſteslebens auf das Gottes-<lb/> bewußtſein erklärend, gleichzeitig aber auch betonend, daß „davon,<lb/> wie unter dieſer Vorausſetzung die erſten Menſchen ſich entwickelt<lb/> haben, uns die Geſchichte fehle‟, weßhalb … „keine Veranlaſſung<lb/> ſei, beſondere Glaubensſätze aufzuſtellen, deren Gegenſtände die erſten<lb/> Menſchen wären,‟ und weßhalb auch das Paradies nur als „die<lb/> Zulänglichkeit der Natur für das Beſtehen der menſchlichen Or-<lb/> ganiſation, wie ſie aller Entwicklung der Kräfte des Menſchen voraus-<lb/> gieng‟, zu verſtehen ſei: <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#g">Schleiermacher,</hi> Der chriſtl. Glaube nach den Grundſätzen der ev.<lb/> Kirche, 3. Aufl., Berlin 1835, S. 59 (S. 323 f.), § 60. 61 (S. 326 ff.).</note> ſo war damit im Allgemeinen die Grenze<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [4/0014]
Einleitung.
der Thierwelt, aber andrerſeits auch als blitzartig, wie ein großes
hiſtoriſches Genie, wie Pallas aus Zeus’ Haupte, aus der urzeit-
lichen Organismenreihe hervorgegangene neue und höhere Schöpfung;
will Edm. Pfleiderer der Jdee eines vergangenen goldenen Zeitalters
jedenfalls einen „hohen Jdealwerth‟ beigelegt wiſſen, gleichwie auch
der moſaiſche Schöpfungsbericht trotz aller Ausſtellungen der mo-
dernen Kritik „ein geniales Philoſophem bleibe, das nur proſaiſche
Altklugheit unverſtanden verachten köune.‟ Ja, eine gewiſſe Zeit
früherer Glückſeligkeit, meint derſelbe, ſei doch wohl anzunehmen,
nur nicht als in die erſte Kindheit unſres Geſchlechts fallend, wohin
die Sage vom goldnen Zeitalter ſie zurückſchiebe, ſondern als einer
etwas ſpäteren Entwicklungsſtufe angehörig; die Erinnerung an
dieſe vergangene ſchöne Zeit „begleite den Menſchen auf der Bahn
der Geſchichte als ſein guter Genius‟ ꝛc. 1)
Die moderne liberale Theologie, mag ſie von Schleiermacher
ausgegangen ſein, oder mag ſie ſich nach anderen Meiſtern nennen,
ſteht weſentlich auf demſelben Standpunkte einer auf alle Fälle nur
ſehr mäßigen Werthſchätzung des Urſtandsdogma’s. Wenn Schleier-
macher die urſprüngliche Vollkommenheit des Menſchen idealiſirend
verflüchtigte, ſie für die Richtung des Geiſteslebens auf das Gottes-
bewußtſein erklärend, gleichzeitig aber auch betonend, daß „davon,
wie unter dieſer Vorausſetzung die erſten Menſchen ſich entwickelt
haben, uns die Geſchichte fehle‟, weßhalb … „keine Veranlaſſung
ſei, beſondere Glaubensſätze aufzuſtellen, deren Gegenſtände die erſten
Menſchen wären,‟ und weßhalb auch das Paradies nur als „die
Zulänglichkeit der Natur für das Beſtehen der menſchlichen Or-
ganiſation, wie ſie aller Entwicklung der Kräfte des Menſchen voraus-
gieng‟, zu verſtehen ſei: 2) ſo war damit im Allgemeinen die Grenze
1) Lotze, Mikrokosmus (bei Rocholl, S. 328). Carriere, Die ſittl.
Weltordnung, 1877. Edm. Pfleiderer, Die Jdee des goldnen Zeitalters,
Berlin 1877, S. 24 f.
2) Schleiermacher, Der chriſtl. Glaube nach den Grundſätzen der ev.
Kirche, 3. Aufl., Berlin 1835, S. 59 (S. 323 f.), § 60. 61 (S. 326 ff.).
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