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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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IV. Die Opposition des modernen Naturalismus.
diese zu halten suchen, also an der Annahme einer gottbildlichen
Erschaffung der Menschheit und eines nur allmählig in Folge der
Sünde eingetretenen Verwilderungsprocesses festhalten.1)

Aehnlich steht es dermalen in Deutschland. Die unbedingte
Gegnerschaft gegen jedwede Entartungstheorie erscheint seit dem
Ueberhandnehmen darwinistischer Speculationen als der besonders
auf allen Naturforscher- und Archäologen-Congressen dominirende
Factor. Schon bei einer Archäologen-Versammlung zu Bonn 1868
fand ein die Urgeschichte der Menschheit im Sinne des einseitigsten
Evolutionismus behandelnder Vortrag des jüdischen Sprachgelehrten
Lazar Geiger fast nur Einen Gegner (v. Quast), dessen Einwürfe
der Vorsitzende Schaaffhausen unter ziemlich allgemeinem Beifalle
als Producte dogmatischer Befangenheit zurückwies. Allerdings haben
spätere Versammlungen dieser Art auch manches besonnenere Urtheil
zur Geltung gebracht. Der französisch-belgischen Schwärmerei für
pliocäne oder miocäne Urmenschen ist bisher noch ziemlich regelmäßig
deutscherseits widersprochen worden; ja auf dem Anthropologencongreß
zu Dresden 1874 wagte der Vorsitzende Oscar Fraas den Tertiär-
menschen -- dieses sprachlose, feuersteinschlagende Geschöpf französischer
Einbildungskraft, "halb Frühgeburt halb Mißgeburt" -- ohne Weiteres
feierlich zu begraben2). Auch sind die schwindelhaften Altersberech-
nungen, welche schweizerische und französische Forscher auf Grund
der Pfahlbautenfunde seit Mitte der 50er Jahre versucht hatten,
gerade durch deutsche Untersuchungen nüchternerer Art widerlegt worden.
Den eine ähnliche Tendenz verfolgenden Bronze- und Eisenalter-
Speculationen der Skandinavier sammt den mit ihnen zusammen-

1) So z. B. der Marquis de Nadaillac, L'anciennete de l'homme.
Par.
1870. -- Bischof Meignan v. Chalons: Le monde et l'homme selon
la Bible, Par. 1869. -- F. Lenormant, Les premieres civilisations,
Par. 1874, T. I, p.
53. 58.
2) Vgl. E. aus'm Weerth, Der internationale Congreß für Alterthums-
kunde und Geschichte zu Bonn im Sept. 1868, sowie H. v. Jhering, Der
deutsche Anthropologen-Congreß zu Dresden 1874 (S. 57).

IV. Die Oppoſition des modernen Naturalismus.
dieſe zu halten ſuchen, alſo an der Annahme einer gottbildlichen
Erſchaffung der Menſchheit und eines nur allmählig in Folge der
Sünde eingetretenen Verwilderungsproceſſes feſthalten.1)

Aehnlich ſteht es dermalen in Deutſchland. Die unbedingte
Gegnerſchaft gegen jedwede Entartungstheorie erſcheint ſeit dem
Ueberhandnehmen darwiniſtiſcher Speculationen als der beſonders
auf allen Naturforſcher- und Archäologen-Congreſſen dominirende
Factor. Schon bei einer Archäologen-Verſammlung zu Bonn 1868
fand ein die Urgeſchichte der Menſchheit im Sinne des einſeitigſten
Evolutionismus behandelnder Vortrag des jüdiſchen Sprachgelehrten
Lazar Geiger faſt nur Einen Gegner (v. Quaſt), deſſen Einwürfe
der Vorſitzende Schaaffhauſen unter ziemlich allgemeinem Beifalle
als Producte dogmatiſcher Befangenheit zurückwies. Allerdings haben
ſpätere Verſammlungen dieſer Art auch manches beſonnenere Urtheil
zur Geltung gebracht. Der franzöſiſch-belgiſchen Schwärmerei für
pliocäne oder miocäne Urmenſchen iſt bisher noch ziemlich regelmäßig
deutſcherſeits widerſprochen worden; ja auf dem Anthropologencongreß
zu Dresden 1874 wagte der Vorſitzende Oscar Fraas den Tertiär-
menſchen — dieſes ſprachloſe, feuerſteinſchlagende Geſchöpf franzöſiſcher
Einbildungskraft, „halb Frühgeburt halb Mißgeburt‟ — ohne Weiteres
feierlich zu begraben2). Auch ſind die ſchwindelhaften Altersberech-
nungen, welche ſchweizeriſche und franzöſiſche Forſcher auf Grund
der Pfahlbautenfunde ſeit Mitte der 50er Jahre verſucht hatten,
gerade durch deutſche Unterſuchungen nüchternerer Art widerlegt worden.
Den eine ähnliche Tendenz verfolgenden Bronze- und Eiſenalter-
Speculationen der Skandinavier ſammt den mit ihnen zuſammen-

1) So z. B. der Marquis de Nadaillac, L’ancienneté de l’homme.
Par.
1870. — Biſchof Meignan v. Chalons: Le monde et l’homme selon
la Bible, Par. 1869. — F. Lenormant, Les premières civilisations,
Par. 1874, T. I, p.
53. 58.
2) Vgl. E. aus’m Weerth, Der internationale Congreß für Alterthums-
kunde und Geſchichte zu Bonn im Sept. 1868, ſowie H. v. Jhering, Der
deutſche Anthropologen-Congreß zu Dresden 1874 (S. 57).
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[146/0156] IV. Die Oppoſition des modernen Naturalismus. dieſe zu halten ſuchen, alſo an der Annahme einer gottbildlichen Erſchaffung der Menſchheit und eines nur allmählig in Folge der Sünde eingetretenen Verwilderungsproceſſes feſthalten. 1) Aehnlich ſteht es dermalen in Deutſchland. Die unbedingte Gegnerſchaft gegen jedwede Entartungstheorie erſcheint ſeit dem Ueberhandnehmen darwiniſtiſcher Speculationen als der beſonders auf allen Naturforſcher- und Archäologen-Congreſſen dominirende Factor. Schon bei einer Archäologen-Verſammlung zu Bonn 1868 fand ein die Urgeſchichte der Menſchheit im Sinne des einſeitigſten Evolutionismus behandelnder Vortrag des jüdiſchen Sprachgelehrten Lazar Geiger faſt nur Einen Gegner (v. Quaſt), deſſen Einwürfe der Vorſitzende Schaaffhauſen unter ziemlich allgemeinem Beifalle als Producte dogmatiſcher Befangenheit zurückwies. Allerdings haben ſpätere Verſammlungen dieſer Art auch manches beſonnenere Urtheil zur Geltung gebracht. Der franzöſiſch-belgiſchen Schwärmerei für pliocäne oder miocäne Urmenſchen iſt bisher noch ziemlich regelmäßig deutſcherſeits widerſprochen worden; ja auf dem Anthropologencongreß zu Dresden 1874 wagte der Vorſitzende Oscar Fraas den Tertiär- menſchen — dieſes ſprachloſe, feuerſteinſchlagende Geſchöpf franzöſiſcher Einbildungskraft, „halb Frühgeburt halb Mißgeburt‟ — ohne Weiteres feierlich zu begraben 2). Auch ſind die ſchwindelhaften Altersberech- nungen, welche ſchweizeriſche und franzöſiſche Forſcher auf Grund der Pfahlbautenfunde ſeit Mitte der 50er Jahre verſucht hatten, gerade durch deutſche Unterſuchungen nüchternerer Art widerlegt worden. Den eine ähnliche Tendenz verfolgenden Bronze- und Eiſenalter- Speculationen der Skandinavier ſammt den mit ihnen zuſammen- 1) So z. B. der Marquis de Nadaillac, L’ancienneté de l’homme. Par. 1870. — Biſchof Meignan v. Chalons: Le monde et l’homme selon la Bible, Par. 1869. — F. Lenormant, Les premières civilisations, Par. 1874, T. I, p. 53. 58. 2) Vgl. E. aus’m Weerth, Der internationale Congreß für Alterthums- kunde und Geſchichte zu Bonn im Sept. 1868, ſowie H. v. Jhering, Der deutſche Anthropologen-Congreß zu Dresden 1874 (S. 57).

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/156>, abgerufen am 21.11.2024.