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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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V. Prüfung der vorgeschichtlich-anthropologischen Gegeninstanzen.
Lappen sind, ziemlich ähnlich gewesen sein; neben den Renthieren
mit welchen zusammen sie gegen das Ende einer längeren Vereisungs-
periode das westliche Europa bewohnten, hat ihre Erscheinung so
wenig etwas Auffallendes, zur Hypothese eines Thierursprungs Zwin-
gendes, wie die der ähnlich gearteten jetzigen Bewohner des höchsten
europäischen Nordens.1) -- Von den deutschen Zeitgenossen dieser
belgischen und französischen Renthiermenschen, den Renthier-Schwaben
von Schussenried, dem Hohlefels, Thayngen etc., läßt sich mit Be-
stimmtheit muthmaaßen, daß sie, ungeachtet ihres Zusammenlebens
nicht nur mit Renthieren, sondern vielleicht auch noch mit Höhlen-
bären, Höhlenlöwen etc., doch unsrer historischen Zeit keineswegs sehr
fern standen. Man ist übrigens betreffs der Feststellung des Eigen-
thümlichen dieser oberdeutschen Race fast ganz auf den indirecten
Weg des Folgerns aus Kunstresten, und zwar aus bis jetzt nur
spärlich vorhandenen, angewiesen.

Dieser Umstand legt es nahe, überhaupt von der Kunst der
in Rede stehenden Urbewohner unsres Erdtheils, sowie was dabei
unvermeidlich von der in Betreff ihrer vorgekommenen Fälschungen
und Betrügereien, ein Wort zu sagen. Die bekannten, erst vor
Kurzem bei Ausgrabung des Kesslerlochs von Thayngen unweit
Schaffhausen (1875) zu Tage getretenen Schwindeleien, bestehend in
Einmischung zierlich auf Knochen geschnitzter moderner Reliefbilder
verschiedner Thiere unter den fossilen Jnhalt der Höhle, zusammen
mit mehreren früheren Fälschungsgeschichten ähnlicher Art aus
Frankreich, Nordamerika etc., machen es zu einer Nothwendigkeit,
zwischen der Annahme eines ziemlich hohen Grades von Geschicklich-
keit und edlem Kunstgeschmack jener Urmenschen einerseits und der
eines Untergeschobenseins der betreffenden, oft auffallend schönen
Kunstleistungen zu wählen. Ja ein drittes Mittleres zwischen Beiden
scheint nicht selten angenommen werden zu müssen, ein aus kritischer

1) Vgl. Broca's Vortrag vor der Association scientifique zu Havre, 1877,
sowie Quatrefages, II, 29 ff. 58 ff.; auch Zittel, a. a. O., 521 ff.
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V. Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen.
Lappen ſind, ziemlich ähnlich geweſen ſein; neben den Renthieren
mit welchen zuſammen ſie gegen das Ende einer längeren Vereiſungs-
periode das weſtliche Europa bewohnten, hat ihre Erſcheinung ſo
wenig etwas Auffallendes, zur Hypotheſe eines Thierurſprungs Zwin-
gendes, wie die der ähnlich gearteten jetzigen Bewohner des höchſten
europäiſchen Nordens.1) — Von den deutſchen Zeitgenoſſen dieſer
belgiſchen und franzöſiſchen Renthiermenſchen, den Renthier-Schwaben
von Schuſſenried, dem Hohlefels, Thayngen ꝛc., läßt ſich mit Be-
ſtimmtheit muthmaaßen, daß ſie, ungeachtet ihres Zuſammenlebens
nicht nur mit Renthieren, ſondern vielleicht auch noch mit Höhlen-
bären, Höhlenlöwen ꝛc., doch unſrer hiſtoriſchen Zeit keineswegs ſehr
fern ſtanden. Man iſt übrigens betreffs der Feſtſtellung des Eigen-
thümlichen dieſer oberdeutſchen Race faſt ganz auf den indirecten
Weg des Folgerns aus Kunſtreſten, und zwar aus bis jetzt nur
ſpärlich vorhandenen, angewieſen.

Dieſer Umſtand legt es nahe, überhaupt von der Kunſt der
in Rede ſtehenden Urbewohner unſres Erdtheils, ſowie was dabei
unvermeidlich von der in Betreff ihrer vorgekommenen Fälſchungen
und Betrügereien, ein Wort zu ſagen. Die bekannten, erſt vor
Kurzem bei Ausgrabung des Keſſlerlochs von Thayngen unweit
Schaffhauſen (1875) zu Tage getretenen Schwindeleien, beſtehend in
Einmiſchung zierlich auf Knochen geſchnitzter moderner Reliefbilder
verſchiedner Thiere unter den foſſilen Jnhalt der Höhle, zuſammen
mit mehreren früheren Fälſchungsgeſchichten ähnlicher Art aus
Frankreich, Nordamerika ꝛc., machen es zu einer Nothwendigkeit,
zwiſchen der Annahme eines ziemlich hohen Grades von Geſchicklich-
keit und edlem Kunſtgeſchmack jener Urmenſchen einerſeits und der
eines Untergeſchobenſeins der betreffenden, oft auffallend ſchönen
Kunſtleiſtungen zu wählen. Ja ein drittes Mittleres zwiſchen Beiden
ſcheint nicht ſelten angenommen werden zu müſſen, ein aus kritiſcher

1) Vgl. Broca’s Vortrag vor der Association scientifique zu Havre, 1877,
ſowie Quatrefages, II, 29 ff. 58 ff.; auch Zittel, a. a. O., 521 ff.
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[163/0173] V. Prüfung der vorgeſchichtlich-anthropologiſchen Gegeninſtanzen. Lappen ſind, ziemlich ähnlich geweſen ſein; neben den Renthieren mit welchen zuſammen ſie gegen das Ende einer längeren Vereiſungs- periode das weſtliche Europa bewohnten, hat ihre Erſcheinung ſo wenig etwas Auffallendes, zur Hypotheſe eines Thierurſprungs Zwin- gendes, wie die der ähnlich gearteten jetzigen Bewohner des höchſten europäiſchen Nordens. 1) — Von den deutſchen Zeitgenoſſen dieſer belgiſchen und franzöſiſchen Renthiermenſchen, den Renthier-Schwaben von Schuſſenried, dem Hohlefels, Thayngen ꝛc., läßt ſich mit Be- ſtimmtheit muthmaaßen, daß ſie, ungeachtet ihres Zuſammenlebens nicht nur mit Renthieren, ſondern vielleicht auch noch mit Höhlen- bären, Höhlenlöwen ꝛc., doch unſrer hiſtoriſchen Zeit keineswegs ſehr fern ſtanden. Man iſt übrigens betreffs der Feſtſtellung des Eigen- thümlichen dieſer oberdeutſchen Race faſt ganz auf den indirecten Weg des Folgerns aus Kunſtreſten, und zwar aus bis jetzt nur ſpärlich vorhandenen, angewieſen. Dieſer Umſtand legt es nahe, überhaupt von der Kunſt der in Rede ſtehenden Urbewohner unſres Erdtheils, ſowie was dabei unvermeidlich von der in Betreff ihrer vorgekommenen Fälſchungen und Betrügereien, ein Wort zu ſagen. Die bekannten, erſt vor Kurzem bei Ausgrabung des Keſſlerlochs von Thayngen unweit Schaffhauſen (1875) zu Tage getretenen Schwindeleien, beſtehend in Einmiſchung zierlich auf Knochen geſchnitzter moderner Reliefbilder verſchiedner Thiere unter den foſſilen Jnhalt der Höhle, zuſammen mit mehreren früheren Fälſchungsgeſchichten ähnlicher Art aus Frankreich, Nordamerika ꝛc., machen es zu einer Nothwendigkeit, zwiſchen der Annahme eines ziemlich hohen Grades von Geſchicklich- keit und edlem Kunſtgeſchmack jener Urmenſchen einerſeits und der eines Untergeſchobenſeins der betreffenden, oft auffallend ſchönen Kunſtleiſtungen zu wählen. Ja ein drittes Mittleres zwiſchen Beiden ſcheint nicht ſelten angenommen werden zu müſſen, ein aus kritiſcher 1) Vgl. Broca’s Vortrag vor der Association scientifique zu Havre, 1877, ſowie Quatrefages, II, 29 ff. 58 ff.; auch Zittel, a. a. O., 521 ff. 11*

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/173>, abgerufen am 09.11.2024.