Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.Einleitung. der Wissenschaft gedeckte Wahrheit. Wir bestehen darauf,daß man außer der Paradiesesgeschichte der heil. Schrift und den ihr entsprechenden Sagen sonstiger religiöser Ueberlieferung auch die vielerlei Spuren eines Ausgegangenseins der älteren Völkergeschichte von einem relativ vollkommnen Urzustande, besonders auf dem Ge- biete ihrer Sprachbildung und ihres religiösen Lebens, gehörig wür- dige, unter sorgfältiger Fernhaltung dessen, was die monistische Speculation ihrer glaubensfeindlichen Tendenz zulieb muthmaaßt und ohne Beibringung positiver Beweise, lediglich postulirt. Und wir erheben nachdrückliche Einsprache gegen die gewissenlose Eil- fertigkeit, womit man beiden, der Kirchenlehre nicht bloß, sondern auch der Schriftlehre, crasse Uebertreibungen, naturwidrige Ueber- schwenglichkeiten und abergläubige Extravaganzen bei Darstellung des paradiesischen Urstands aufzubürden pflegt, welche thatsächlich nur in der Phantasie der modernen Kritiker existiren oder jedenfalls doch der heil. Schrift sowie den evangelisch erleuchteteren Vertretern der Kirchenlehre stets fern geblieben sind. Was wir zu Gunsten dieser Behauptungen auszuführen haben, Einleitung. der Wiſſenſchaft gedeckte Wahrheit. Wir beſtehen darauf,daß man außer der Paradieſesgeſchichte der heil. Schrift und den ihr entſprechenden Sagen ſonſtiger religiöſer Ueberlieferung auch die vielerlei Spuren eines Ausgegangenſeins der älteren Völkergeſchichte von einem relativ vollkommnen Urzuſtande, beſonders auf dem Ge- biete ihrer Sprachbildung und ihres religiöſen Lebens, gehörig wür- dige, unter ſorgfältiger Fernhaltung deſſen, was die moniſtiſche Speculation ihrer glaubensfeindlichen Tendenz zulieb muthmaaßt und ohne Beibringung poſitiver Beweiſe, lediglich poſtulirt. Und wir erheben nachdrückliche Einſprache gegen die gewiſſenloſe Eil- fertigkeit, womit man beiden, der Kirchenlehre nicht bloß, ſondern auch der Schriftlehre, craſſe Uebertreibungen, naturwidrige Ueber- ſchwenglichkeiten und abergläubige Extravaganzen bei Darſtellung des paradieſiſchen Urſtands aufzubürden pflegt, welche thatſächlich nur in der Phantaſie der modernen Kritiker exiſtiren oder jedenfalls doch der heil. Schrift ſowie den evangeliſch erleuchteteren Vertretern der Kirchenlehre ſtets fern geblieben ſind. 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Einleitung.
der Wiſſenſchaft gedeckte Wahrheit. Wir beſtehen darauf,
daß man außer der Paradieſesgeſchichte der heil. Schrift und den
ihr entſprechenden Sagen ſonſtiger religiöſer Ueberlieferung auch die
vielerlei Spuren eines Ausgegangenſeins der älteren Völkergeſchichte
von einem relativ vollkommnen Urzuſtande, beſonders auf dem Ge-
biete ihrer Sprachbildung und ihres religiöſen Lebens, gehörig wür-
dige, unter ſorgfältiger Fernhaltung deſſen, was die moniſtiſche
Speculation ihrer glaubensfeindlichen Tendenz zulieb muthmaaßt
und ohne Beibringung poſitiver Beweiſe, lediglich poſtulirt. Und
wir erheben nachdrückliche Einſprache gegen die gewiſſenloſe Eil-
fertigkeit, womit man beiden, der Kirchenlehre nicht bloß, ſondern
auch der Schriftlehre, craſſe Uebertreibungen, naturwidrige Ueber-
ſchwenglichkeiten und abergläubige Extravaganzen bei Darſtellung des
paradieſiſchen Urſtands aufzubürden pflegt, welche thatſächlich nur
in der Phantaſie der modernen Kritiker exiſtiren oder jedenfalls
doch der heil. Schrift ſowie den evangeliſch erleuchteteren Vertretern
der Kirchenlehre ſtets fern geblieben ſind.
Was wir zu Gunſten dieſer Behauptungen auszuführen haben,
laſſen wir damit ſeinen Anfang nehmen, daß wir einen Rückblick
zunächſt auf die Kirchenlehre, dann auf die Schriftlehre
vom Urſtande richten, um ſo vor allem das, was dem modernen
Zeitbewußtſein an dieſen beiden anſtößig iſt, genauer kennen zu
lernen. Das von manchen Vertretern der erſteren geäußerte An-
fechtbare und Tadelnswerthe wird ſo aus der letzteren ſeine Berich-
tigung erfahren. An die Prüfung der einſchlägigen Schriftausſagen
wird ſich eine Ueberſchau über die mit denſelben theils übereinſtim-
menden theils ihnen widerſprechenden Traditionen des reli-
giöſen Alterthums anzuſchließen haben. Worauf dann das
Verhältniß des durch die Naturforſchung und hiſtoriſche
Anthropologie über die Uranfänge der Menſchheit und ihrer
Culturentwicklung bisher theils Erforſchten theils Gemuthmaaßten zu
jener älteren religiöſen Ueberlieferung zu beleuchten und damit der
unantaſtbare Kern, den dieſe in ſich ſchließt, zugleich mit deſſen
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