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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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VII. Der Ursitz des Menschengeschlechts.
sein sämmtlicher Menschenracen von Einem Ursitze, wenn auch nicht
gerade von Einem Urpaare, für das überwiegend Wahrscheinliche.

Die Leugner des einheitlichen Ursprungs verkennen hauptsächlich
zwei Thatsachen von der höchsten Wichtigkeit, eine physiologisch-
entwicklungsgeschichtliche und eine psychologisch-ethische. Sie ver-
kennen, daß die Menschheit aller Racen, Stämme und Völker das
Vermögen einer fruchtbaren Kreuzung ihrer Repräsentanten unter-
einander in unbeschränktem Maaße besitzt, also mit dem untrüg-
lichsten aller Merkzeichen der Arteinheit ausgestattet ist, -- wozu
noch mehrere weitere wichtige Einheitskriterien physiologischer Art,
als: gleichartige Skeletconstruction aller Racen, gleiche Dauer der
Schwangerschaft, gleiche mittlere Pulsfrequenz, gleiche mittlere
Normaltemperatur des Körpers, gleiche Erkrankungsfähigkeit, sowie
wesentlich gleiche mittlere Lebensdauer hinzukommen. Sie verkennen
aber nicht minder auch die seelischgeistige Gleichartigkeit der Menschen
aller Racen, ihre ausnahmslose Zugehörigkeit zum Menschheits-
Reiche als einer solidarischen Einheit höherer Bestrebungen und
idealer Jnteressen. Das Gewicht dieses letzteren Umstands ist
manchen Ethnologen trotz ihres Studiums der vielfältigen und tief-
greifenden Racendifferenzen und trotz ihrer polygenistischen Grund-
ansicht doch als ein so erhebliches erschienen, daß sie bei Preisgebung
der einheitlichen Abstammung nichtsdestoweniger eine Art-Einheit
unsres Geschlechts behauptet haben (Waitz, Bastian etc.). Die Be-
fähigung zur Theilnahme an jenen höheren geistigen Jnteressen der
Gesammtmenschheit, zur Mitarbeit an den Aufgaben des Reiches
des Geistes, ist in der That durchgreifender Art; sie fehlt selbst da
nicht, wo eine Jahrhunderte oder Jahrtausende alte Verwilderung
der Stämme den Lichtfunten gottebenbildlicher Würde fast ganz
verlöschen gemacht hat. Manche dieser zu thierähnlicher Rohheit
herabgesunkenen "Naturvölker" mögen, in Folge vielleicht eines
uralten auf ihnen lastenden Fluches, nicht mehr dazu bestimmt sein,
vor ihrem Dahinsterben zur Theilnahme an den Segnungen christ-
licher Heilsgemeinschaft zu gelangen, die rettenden Bemühungen

VII. Der Urſitz des Menſchengeſchlechts.
ſein ſämmtlicher Menſchenracen von Einem Urſitze, wenn auch nicht
gerade von Einem Urpaare, für das überwiegend Wahrſcheinliche.

Die Leugner des einheitlichen Urſprungs verkennen hauptſächlich
zwei Thatſachen von der höchſten Wichtigkeit, eine phyſiologiſch-
entwicklungsgeſchichtliche und eine pſychologiſch-ethiſche. Sie ver-
kennen, daß die Menſchheit aller Racen, Stämme und Völker das
Vermögen einer fruchtbaren Kreuzung ihrer Repräſentanten unter-
einander in unbeſchränktem Maaße beſitzt, alſo mit dem untrüg-
lichſten aller Merkzeichen der Arteinheit ausgeſtattet iſt, — wozu
noch mehrere weitere wichtige Einheitskriterien phyſiologiſcher Art,
als: gleichartige Skeletconſtruction aller Racen, gleiche Dauer der
Schwangerſchaft, gleiche mittlere Pulsfrequenz, gleiche mittlere
Normaltemperatur des Körpers, gleiche Erkrankungsfähigkeit, ſowie
weſentlich gleiche mittlere Lebensdauer hinzukommen. Sie verkennen
aber nicht minder auch die ſeeliſchgeiſtige Gleichartigkeit der Menſchen
aller Racen, ihre ausnahmsloſe Zugehörigkeit zum Menſchheits-
Reiche als einer ſolidariſchen Einheit höherer Beſtrebungen und
idealer Jntereſſen. Das Gewicht dieſes letzteren Umſtands iſt
manchen Ethnologen trotz ihres Studiums der vielfältigen und tief-
greifenden Racendifferenzen und trotz ihrer polygeniſtiſchen Grund-
anſicht doch als ein ſo erhebliches erſchienen, daß ſie bei Preisgebung
der einheitlichen Abſtammung nichtsdeſtoweniger eine Art-Einheit
unſres Geſchlechts behauptet haben (Waitz, Baſtian ꝛc.). Die Be-
fähigung zur Theilnahme an jenen höheren geiſtigen Jntereſſen der
Geſammtmenſchheit, zur Mitarbeit an den Aufgaben des Reiches
des Geiſtes, iſt in der That durchgreifender Art; ſie fehlt ſelbſt da
nicht, wo eine Jahrhunderte oder Jahrtauſende alte Verwilderung
der Stämme den Lichtfunten gottebenbildlicher Würde faſt ganz
verlöſchen gemacht hat. Manche dieſer zu thierähnlicher Rohheit
herabgeſunkenen „Naturvölker‟ mögen, in Folge vielleicht eines
uralten auf ihnen laſtenden Fluches, nicht mehr dazu beſtimmt ſein,
vor ihrem Dahinſterben zur Theilnahme an den Segnungen chriſt-
licher Heilsgemeinſchaft zu gelangen, die rettenden Bemühungen

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[238/0248] VII. Der Urſitz des Menſchengeſchlechts. ſein ſämmtlicher Menſchenracen von Einem Urſitze, wenn auch nicht gerade von Einem Urpaare, für das überwiegend Wahrſcheinliche. Die Leugner des einheitlichen Urſprungs verkennen hauptſächlich zwei Thatſachen von der höchſten Wichtigkeit, eine phyſiologiſch- entwicklungsgeſchichtliche und eine pſychologiſch-ethiſche. Sie ver- kennen, daß die Menſchheit aller Racen, Stämme und Völker das Vermögen einer fruchtbaren Kreuzung ihrer Repräſentanten unter- einander in unbeſchränktem Maaße beſitzt, alſo mit dem untrüg- lichſten aller Merkzeichen der Arteinheit ausgeſtattet iſt, — wozu noch mehrere weitere wichtige Einheitskriterien phyſiologiſcher Art, als: gleichartige Skeletconſtruction aller Racen, gleiche Dauer der Schwangerſchaft, gleiche mittlere Pulsfrequenz, gleiche mittlere Normaltemperatur des Körpers, gleiche Erkrankungsfähigkeit, ſowie weſentlich gleiche mittlere Lebensdauer hinzukommen. Sie verkennen aber nicht minder auch die ſeeliſchgeiſtige Gleichartigkeit der Menſchen aller Racen, ihre ausnahmsloſe Zugehörigkeit zum Menſchheits- Reiche als einer ſolidariſchen Einheit höherer Beſtrebungen und idealer Jntereſſen. Das Gewicht dieſes letzteren Umſtands iſt manchen Ethnologen trotz ihres Studiums der vielfältigen und tief- greifenden Racendifferenzen und trotz ihrer polygeniſtiſchen Grund- anſicht doch als ein ſo erhebliches erſchienen, daß ſie bei Preisgebung der einheitlichen Abſtammung nichtsdeſtoweniger eine Art-Einheit unſres Geſchlechts behauptet haben (Waitz, Baſtian ꝛc.). Die Be- fähigung zur Theilnahme an jenen höheren geiſtigen Jntereſſen der Geſammtmenſchheit, zur Mitarbeit an den Aufgaben des Reiches des Geiſtes, iſt in der That durchgreifender Art; ſie fehlt ſelbſt da nicht, wo eine Jahrhunderte oder Jahrtauſende alte Verwilderung der Stämme den Lichtfunten gottebenbildlicher Würde faſt ganz verlöſchen gemacht hat. Manche dieſer zu thierähnlicher Rohheit herabgeſunkenen „Naturvölker‟ mögen, in Folge vielleicht eines uralten auf ihnen laſtenden Fluches, nicht mehr dazu beſtimmt ſein, vor ihrem Dahinſterben zur Theilnahme an den Segnungen chriſt- licher Heilsgemeinſchaft zu gelangen, die rettenden Bemühungen

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/248>, abgerufen am 26.11.2024.