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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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X. Schluß.
Gottes Bilde erwachte unser Stammelternpaar in der Fülle der
Naturgüter jenes herrlichen paradiesischen Ursitzes zum Dasein auf
diesem Planeten. Die durch das Eingreifen einer gottfeindlichen
verderbenden Macht schon bald nach der Erschaffung erfolgte Ver-
giftung seiner edelsten religiös-sittlichen Lebenskeime übte ihre stören-
den und langsam zerstörenden Wirkungen auch schon auf das Kind-
heitsstadium unsres Geschlechts, ließ das "von Jugendauf böse
Dichten und Trachten des Menschenherzens" somit dessen verderb-
lichen Folgen für Seele, Leib und Geist bereits frühzeitig hervor-
treten. Aber dieß allerdings nur in langsamer Allmähligkeit, sodaß
die eigentlichen Kindheitsjahre, der goldne Lebensmorgen unsrer
Altvordern, wenn auch schon vor den Pforten des Gartens Eden,
doch noch bestrahlt vom nachscheinenden Glanze der Paradiesessonne
und getragen von mannigfachen Paradieseskräften, verlaufen konnten.
Die dunklen Schatten, welche das bei einem Theile der Menschheit
jäh einreißende und von den Kainiten her auch die sethitische Race
mehr und mehr inficirende Sündenverderben um sich her verbreitete,
vermochten dem helleren Lichte, worin die ächten Träger der Mensch-
heitsidee aus Seths Hause nach wie vor während einer Reihe von
Jahrhunderten erglänzten, nichts anzuhaben. Sie dienten vielmehr,
vor wie nach der großen Krise der Sintfluth, zu nur um so stärkerer
Hervorhebung jenes nachwirkenden Urstandsglanzes, dessen letztes
Erbleichen erst mit der Epoche der Gesetzgebung des Alten Bundes
zusammenfällt, womit für einen auserwählten Theil der vorchrist-
lichen Menschheit die harte Schulzeit eröffnet wurde, ohne welche
die in Christo dem Sohne Gottes vorherversehene Lebensverneue-
rung der zum Mannesalter heranreifenden Gesammtmenschheit nicht
eingeleitet werden konnte.

Dieß in seinen allgemeinsten Umrissen das Bild vom Kindes-
alter unsres Geschlechts, das wir den Andeutungen der hl. Schrift
zufolge, unter gleichzeitiger Berücksichtigung dessen, was die Natur-
und Alterthumsforschung über die Anfänge des Menschheitsdaseins
lehrt, zu entwerfen haben. Zur modernen Naturweisheit, welche

X. Schluß.
Gottes Bilde erwachte unſer Stammelternpaar in der Fülle der
Naturgüter jenes herrlichen paradieſiſchen Urſitzes zum Daſein auf
dieſem Planeten. Die durch das Eingreifen einer gottfeindlichen
verderbenden Macht ſchon bald nach der Erſchaffung erfolgte Ver-
giftung ſeiner edelſten religiös-ſittlichen Lebenskeime übte ihre ſtören-
den und langſam zerſtörenden Wirkungen auch ſchon auf das Kind-
heitsſtadium unſres Geſchlechts, ließ das „von Jugendauf böſe
Dichten und Trachten des Menſchenherzens‟ ſomit deſſen verderb-
lichen Folgen für Seele, Leib und Geiſt bereits frühzeitig hervor-
treten. Aber dieß allerdings nur in langſamer Allmähligkeit, ſodaß
die eigentlichen Kindheitsjahre, der goldne Lebensmorgen unſrer
Altvordern, wenn auch ſchon vor den Pforten des Gartens Eden,
doch noch beſtrahlt vom nachſcheinenden Glanze der Paradieſesſonne
und getragen von mannigfachen Paradieſeskräften, verlaufen konnten.
Die dunklen Schatten, welche das bei einem Theile der Menſchheit
jäh einreißende und von den Kainiten her auch die ſethitiſche Race
mehr und mehr inficirende Sündenverderben um ſich her verbreitete,
vermochten dem helleren Lichte, worin die ächten Träger der Menſch-
heitsidee aus Seths Hauſe nach wie vor während einer Reihe von
Jahrhunderten erglänzten, nichts anzuhaben. Sie dienten vielmehr,
vor wie nach der großen Kriſe der Sintfluth, zu nur um ſo ſtärkerer
Hervorhebung jenes nachwirkenden Urſtandsglanzes, deſſen letztes
Erbleichen erſt mit der Epoche der Geſetzgebung des Alten Bundes
zuſammenfällt, womit für einen auserwählten Theil der vorchriſt-
lichen Menſchheit die harte Schulzeit eröffnet wurde, ohne welche
die in Chriſto dem Sohne Gottes vorherverſehene Lebensverneue-
rung der zum Mannesalter heranreifenden Geſammtmenſchheit nicht
eingeleitet werden konnte.

Dieß in ſeinen allgemeinſten Umriſſen das Bild vom Kindes-
alter unſres Geſchlechts, das wir den Andeutungen der hl. Schrift
zufolge, unter gleichzeitiger Berückſichtigung deſſen, was die Natur-
und Alterthumsforſchung über die Anfänge des Menſchheitsdaſeins
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[330/0340] X. Schluß. Gottes Bilde erwachte unſer Stammelternpaar in der Fülle der Naturgüter jenes herrlichen paradieſiſchen Urſitzes zum Daſein auf dieſem Planeten. Die durch das Eingreifen einer gottfeindlichen verderbenden Macht ſchon bald nach der Erſchaffung erfolgte Ver- giftung ſeiner edelſten religiös-ſittlichen Lebenskeime übte ihre ſtören- den und langſam zerſtörenden Wirkungen auch ſchon auf das Kind- heitsſtadium unſres Geſchlechts, ließ das „von Jugendauf böſe Dichten und Trachten des Menſchenherzens‟ ſomit deſſen verderb- lichen Folgen für Seele, Leib und Geiſt bereits frühzeitig hervor- treten. Aber dieß allerdings nur in langſamer Allmähligkeit, ſodaß die eigentlichen Kindheitsjahre, der goldne Lebensmorgen unſrer Altvordern, wenn auch ſchon vor den Pforten des Gartens Eden, doch noch beſtrahlt vom nachſcheinenden Glanze der Paradieſesſonne und getragen von mannigfachen Paradieſeskräften, verlaufen konnten. Die dunklen Schatten, welche das bei einem Theile der Menſchheit jäh einreißende und von den Kainiten her auch die ſethitiſche Race mehr und mehr inficirende Sündenverderben um ſich her verbreitete, vermochten dem helleren Lichte, worin die ächten Träger der Menſch- heitsidee aus Seths Hauſe nach wie vor während einer Reihe von Jahrhunderten erglänzten, nichts anzuhaben. Sie dienten vielmehr, vor wie nach der großen Kriſe der Sintfluth, zu nur um ſo ſtärkerer Hervorhebung jenes nachwirkenden Urſtandsglanzes, deſſen letztes Erbleichen erſt mit der Epoche der Geſetzgebung des Alten Bundes zuſammenfällt, womit für einen auserwählten Theil der vorchriſt- lichen Menſchheit die harte Schulzeit eröffnet wurde, ohne welche die in Chriſto dem Sohne Gottes vorherverſehene Lebensverneue- rung der zum Mannesalter heranreifenden Geſammtmenſchheit nicht eingeleitet werden konnte. Dieß in ſeinen allgemeinſten Umriſſen das Bild vom Kindes- alter unſres Geſchlechts, das wir den Andeutungen der hl. Schrift zufolge, unter gleichzeitiger Berückſichtigung deſſen, was die Natur- und Alterthumsforſchung über die Anfänge des Menſchheitsdaſeins lehrt, zu entwerfen haben. Zur modernen Naturweisheit, welche

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/340>, abgerufen am 21.11.2024.