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Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.

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I. Der Urstand nach kirchlicher Ueberlieferung.
bestimmt ein sterbliches Erschaffensein Adams lehrte, auch mit dem
göttlichen Ebenbilde nicht höhere Geistesvorzüge sondern lediglich die
Herrschaft über die niedere Natur bezeichnet sein ließ (während die
Arminianer an dieser letzteren Lehreinseitigkeit sich nicht mitbetheilig-
ten)1) -- trieb die Orthodoxie zu immer strengerer Reproduction
dessen, was s. Z. Augustin über den Gegenstand gelehrt hatte, ja
demnächst auch gar mancher Zuthaten hiezu aus der Epoche der
Scholastik. Zusammen mit dem Augustinismus wird auch Vieles
aus dem Thomismus wieder hervorgezogen, natürlich mit Ausschluß
des specifisch Römischen, wie insbesondere der Annahme, als ob die
Vorzüge des einstigen Unschuldsstandes keine natürlichen, dem Men-
schen anerschaffenen gewesen seien. Schon Zanchius hatte die Ehe-
schließung Adams und Evas im Paradiese dazu benutzt, den ganzen
Jnbegriff der Pflichten und Rechte des Ehestands als implicite in
jenem Urbilde aller menschlichen Verbindungen von Mann und Weib
enthalten zu entwickeln, also eine ausführliche Moraltheologie des
Ehestandes von mehr denn 100 Folioseiten, auf den Einen Vers
1 Mos. 2, 24 gegründet. Andreas Rivetus und Andre entwickelten
auf Grund der Stelle von der Benamung der Thiere 1 Mos. 2, 19
eine ebenso breite als überschwengliche Theorie von der Vorzüglichkeit
der Wissenschaft Adams, gegenüber den diesen Punkt bezweifelnden
Socinianern. Anderen diente das Protevangelium oder die Weissa-
gung vom Kampfe des Weibessamens mit dem Schlangensamen
(1 Mos. 3, 15) zu den übertriebensten Schilderungen der prophe-
tischen Sehergabe Adams, bezw. des von Gott ihm erschlossenen
Fernblicks in die zukünftige Geschichte. Bekannt ist wie Milton,
dieser Tradition folgend, in den beiden letzten Gesängen seines
"Verlornen Paradieses" den Erzengel Michael dem kurz vorher zu
Fall gekommenen Adam einen Abriß der gesammten Weltgeschichte

1) Vgl. Joh. Völkel, De vera religione l. II (De Dei operibus); Ph.
v. Limborch, Theologia christiana II, 24, 2. Ueberhaupt: Fock, Der So-
cinianismus, II, 484--487; W. Engelhardt, Die Gottesbildlichkeit des Men-
schen, Jahrbb. f. deutsche Theologie 1870, S. 38.

I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung.
beſtimmt ein ſterbliches Erſchaffenſein Adams lehrte, auch mit dem
göttlichen Ebenbilde nicht höhere Geiſtesvorzüge ſondern lediglich die
Herrſchaft über die niedere Natur bezeichnet ſein ließ (während die
Arminianer an dieſer letzteren Lehreinſeitigkeit ſich nicht mitbetheilig-
ten)1) — trieb die Orthodoxie zu immer ſtrengerer Reproduction
deſſen, was ſ. Z. Auguſtin über den Gegenſtand gelehrt hatte, ja
demnächſt auch gar mancher Zuthaten hiezu aus der Epoche der
Scholaſtik. Zuſammen mit dem Auguſtinismus wird auch Vieles
aus dem Thomismus wieder hervorgezogen, natürlich mit Ausſchluß
des ſpecifiſch Römiſchen, wie insbeſondere der Annahme, als ob die
Vorzüge des einſtigen Unſchuldsſtandes keine natürlichen, dem Men-
ſchen anerſchaffenen geweſen ſeien. Schon Zanchius hatte die Ehe-
ſchließung Adams und Evas im Paradieſe dazu benutzt, den ganzen
Jnbegriff der Pflichten und Rechte des Eheſtands als implicite in
jenem Urbilde aller menſchlichen Verbindungen von Mann und Weib
enthalten zu entwickeln, alſo eine ausführliche Moraltheologie des
Eheſtandes von mehr denn 100 Folioſeiten, auf den Einen Vers
1 Moſ. 2, 24 gegründet. Andreas Rivetus und Andre entwickelten
auf Grund der Stelle von der Benamung der Thiere 1 Moſ. 2, 19
eine ebenſo breite als überſchwengliche Theorie von der Vorzüglichkeit
der Wiſſenſchaft Adams, gegenüber den dieſen Punkt bezweifelnden
Socinianern. Anderen diente das Protevangelium oder die Weiſſa-
gung vom Kampfe des Weibesſamens mit dem Schlangenſamen
(1 Moſ. 3, 15) zu den übertriebenſten Schilderungen der prophe-
tiſchen Sehergabe Adams, bezw. des von Gott ihm erſchloſſenen
Fernblicks in die zukünftige Geſchichte. Bekannt iſt wie Milton,
dieſer Tradition folgend, in den beiden letzten Geſängen ſeines
„Verlornen Paradieſes‟ den Erzengel Michael dem kurz vorher zu
Fall gekommenen Adam einen Abriß der geſammten Weltgeſchichte

1) Vgl. Joh. Völkel, De vera religione l. II (De Dei operibus); Ph.
v. Limborch, Theologia christiana II, 24, 2. Ueberhaupt: Fock, Der So-
cinianismus, II, 484—487; W. Engelhardt, Die Gottesbildlichkeit des Men-
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[27/0037] I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung. beſtimmt ein ſterbliches Erſchaffenſein Adams lehrte, auch mit dem göttlichen Ebenbilde nicht höhere Geiſtesvorzüge ſondern lediglich die Herrſchaft über die niedere Natur bezeichnet ſein ließ (während die Arminianer an dieſer letzteren Lehreinſeitigkeit ſich nicht mitbetheilig- ten) 1) — trieb die Orthodoxie zu immer ſtrengerer Reproduction deſſen, was ſ. Z. Auguſtin über den Gegenſtand gelehrt hatte, ja demnächſt auch gar mancher Zuthaten hiezu aus der Epoche der Scholaſtik. Zuſammen mit dem Auguſtinismus wird auch Vieles aus dem Thomismus wieder hervorgezogen, natürlich mit Ausſchluß des ſpecifiſch Römiſchen, wie insbeſondere der Annahme, als ob die Vorzüge des einſtigen Unſchuldsſtandes keine natürlichen, dem Men- ſchen anerſchaffenen geweſen ſeien. Schon Zanchius hatte die Ehe- ſchließung Adams und Evas im Paradieſe dazu benutzt, den ganzen Jnbegriff der Pflichten und Rechte des Eheſtands als implicite in jenem Urbilde aller menſchlichen Verbindungen von Mann und Weib enthalten zu entwickeln, alſo eine ausführliche Moraltheologie des Eheſtandes von mehr denn 100 Folioſeiten, auf den Einen Vers 1 Moſ. 2, 24 gegründet. Andreas Rivetus und Andre entwickelten auf Grund der Stelle von der Benamung der Thiere 1 Moſ. 2, 19 eine ebenſo breite als überſchwengliche Theorie von der Vorzüglichkeit der Wiſſenſchaft Adams, gegenüber den dieſen Punkt bezweifelnden Socinianern. Anderen diente das Protevangelium oder die Weiſſa- gung vom Kampfe des Weibesſamens mit dem Schlangenſamen (1 Moſ. 3, 15) zu den übertriebenſten Schilderungen der prophe- tiſchen Sehergabe Adams, bezw. des von Gott ihm erſchloſſenen Fernblicks in die zukünftige Geſchichte. Bekannt iſt wie Milton, dieſer Tradition folgend, in den beiden letzten Geſängen ſeines „Verlornen Paradieſes‟ den Erzengel Michael dem kurz vorher zu Fall gekommenen Adam einen Abriß der geſammten Weltgeſchichte 1) Vgl. Joh. Völkel, De vera religione l. II (De Dei operibus); Ph. v. Limborch, Theologia christiana II, 24, 2. Ueberhaupt: Fock, Der So- cinianismus, II, 484—487; W. Engelhardt, Die Gottesbildlichkeit des Men- ſchen, Jahrbb. f. deutſche Theologie 1870, S. 38.

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Zitationshilfe: Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zoeckler_lehre_1879/37>, abgerufen am 21.11.2024.