Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.I. Der Urstand nach kirchlicher Ueberlieferung. bis zum jüngsten Gerichte mittheilen läßt1). Zu anderen Spielereienund Willkürlichkeiten gab die Föderaltheologie der Coccejaner Anlaß, mit ihrem Streben schon im Naturbunde vor dem Gesetz und zumal in der Religon des Paradieses mannigfache Spuren und Vorspiele des Gnadenbundes nachzuweisen. Herm. Witsius suchte zu zeigen, daß schon die Paradiesesreligion vier Sacramente gehabt hätte, nemlich den Garten Eden selbst, seine zwei Bäume und den Sabbath. Franz Burmann legte gleichfalls den Paradiesesbäumen sacramentale Geltung bei. Von der mehrfachen segensvollen Bestimmung und Bedeutung des Paradieses für den Menschen redete er in Ausdrücken, die an Calov's oben erwähnte Darstellung erinnern; das Paradies sollte dem Menschen sein "als ein Königreich, darin zu herrschen, als eine Küche, darin vollauf zu haben, als eine Werkstatt sich darin zu üben, als ein Tempel, Gotte darin zu dienen. Mit eigen- thümlich plumpem Realismus entwickelt dieser Coccejaner die Vor- züge des paradiesischen Menschen nach seiner leiblichen Seite: "Gott machte und formirte diesen Leib so herrlich und temperirt in allen Theilen, daß er alle Körper und Leiber übertrifft; seine Beine sind als Pfeiler, die Arme als Flügel, die Hände als Dienstknechte ja Schreiber des Menschenverstandes und wie Jnstrumente aller Jn- strumente; die Sinnen als Spione und Ausspäher, das Haupt als ein Castell oder Schloß, das Herz als ein Sitz des Lebens und als eine Unruh, die nimmer stille steht etc.; .... und das alles mit einer solchen Proportion und Vollkommenheit, die man nicht genug begreifen noch verwundern kann", u. s. f.2) 1) H. Zanchi, De operibus Dei intra spacium sex dierum creatis. Neostad. 1591. -- Andr. Rivet, Exercitationes theoll. et scholasticae in l. I Mosis (in s. Opp., Roterod. 1651, t. I), bes. Exercit. XXII. -- Milton, Paradise lost, C. XI. XII. 2) H. Witsius, Exercitatt. sacrae im Symb. apostolor. et in Orat.
dominicam; ed. 2., Franequerae 1689, p. 111 ss. -- Fr. Burmann, Gesetz und Zeugniß, oder Auslegungen ...... der V BB. Mosis, Frankfurt 1693, Bd. I. -- Vgl. Diestel, Studien zur Föderaltheologie, Jahrbb. für deutsche Theol. 1865, S. 230 ff. I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung. bis zum jüngſten Gerichte mittheilen läßt1). Zu anderen Spielereienund Willkürlichkeiten gab die Föderaltheologie der Coccejaner Anlaß, mit ihrem Streben ſchon im Naturbunde vor dem Geſetz und zumal in der Religon des Paradieſes mannigfache Spuren und Vorſpiele des Gnadenbundes nachzuweiſen. Herm. Witſius ſuchte zu zeigen, daß ſchon die Paradieſesreligion vier Sacramente gehabt hätte, nemlich den Garten Eden ſelbſt, ſeine zwei Bäume und den Sabbath. Franz Burmann legte gleichfalls den Paradieſesbäumen ſacramentale Geltung bei. Von der mehrfachen ſegensvollen Beſtimmung und Bedeutung des Paradieſes für den Menſchen redete er in Ausdrücken, die an Calov’s oben erwähnte Darſtellung erinnern; das Paradies ſollte dem Menſchen ſein „als ein Königreich, darin zu herrſchen, als eine Küche, darin vollauf zu haben, als eine Werkſtatt ſich darin zu üben, als ein Tempel, Gotte darin zu dienen. Mit eigen- thümlich plumpem Realismus entwickelt dieſer Coccejaner die Vor- züge des paradieſiſchen Menſchen nach ſeiner leiblichen Seite: „Gott machte und formirte dieſen Leib ſo herrlich und temperirt in allen Theilen, daß er alle Körper und Leiber übertrifft; ſeine Beine ſind als Pfeiler, die Arme als Flügel, die Hände als Dienſtknechte ja Schreiber des Menſchenverſtandes und wie Jnſtrumente aller Jn- ſtrumente; die Sinnen als Spione und Ausſpäher, das Haupt als ein Caſtell oder Schloß, das Herz als ein Sitz des Lebens und als eine Unruh, die nimmer ſtille ſteht ꝛc.; .... und das alles mit einer ſolchen Proportion und Vollkommenheit, die man nicht genug begreifen noch verwundern kann‟, u. ſ. f.2) 1) H. Zanchi, De operibus Dei intra spacium sex dierum creatis. Neostad. 1591. — Andr. Rivet, Exercitationes theoll. et scholasticae in l. I Mosis (in ſ. Opp., Roterod. 1651, t. I), beſ. Exercit. XXII. — Milton, Paradise lost, C. XI. XII. 2) H. Witſius, Exercitatt. sacrae im Symb. apostolor. et in Orat.
dominicam; ed. 2., Franequerae 1689, p. 111 ss. — Fr. Burmann, Geſetz und Zeugniß, oder Auslegungen ...... der V BB. Moſis, Frankfurt 1693, Bd. I. — Vgl. Dieſtel, Studien zur Föderaltheologie, Jahrbb. für deutſche Theol. 1865, S. 230 ff. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0038" n="28"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung.</fw><lb/> bis zum jüngſten Gerichte mittheilen läßt<note place="foot" n="1)">H. <hi rendition="#g">Zanchi,</hi> <hi rendition="#aq">De operibus Dei intra spacium sex dierum creatis.<lb/> Neostad.</hi> 1591. — Andr. <hi rendition="#g">Rivet,</hi> <hi rendition="#aq">Exercitationes theoll. et scholasticae in<lb/> l. I Mosis</hi> (in ſ. <hi rendition="#aq">Opp., Roterod. 1651, t. I</hi>), beſ. <hi rendition="#aq">Exercit. XXII.</hi> — <hi rendition="#g">Milton,</hi><lb/><hi rendition="#aq">Paradise lost, C. XI. XII.</hi></note>. Zu anderen Spielereien<lb/> und Willkürlichkeiten gab die Föderaltheologie der Coccejaner Anlaß,<lb/> mit ihrem Streben ſchon im Naturbunde vor dem Geſetz und zumal<lb/> in der Religon des Paradieſes mannigfache Spuren und Vorſpiele<lb/> des Gnadenbundes nachzuweiſen. Herm. Witſius ſuchte zu zeigen,<lb/> daß ſchon die Paradieſesreligion vier Sacramente gehabt hätte,<lb/> nemlich den Garten Eden ſelbſt, ſeine zwei Bäume und den Sabbath.<lb/> Franz Burmann legte gleichfalls den Paradieſesbäumen ſacramentale<lb/> Geltung bei. Von der mehrfachen ſegensvollen Beſtimmung und<lb/> Bedeutung des Paradieſes für den Menſchen redete er in Ausdrücken,<lb/> die an Calov’s oben erwähnte Darſtellung erinnern; das Paradies<lb/> ſollte dem Menſchen ſein „als ein Königreich, darin zu herrſchen,<lb/> als eine Küche, darin vollauf zu haben, als eine Werkſtatt ſich<lb/> darin zu üben, als ein Tempel, Gotte darin zu dienen. Mit eigen-<lb/> thümlich plumpem Realismus entwickelt dieſer Coccejaner die Vor-<lb/> züge des paradieſiſchen Menſchen nach ſeiner leiblichen Seite: „Gott<lb/> machte und formirte dieſen Leib ſo herrlich und temperirt in allen<lb/> Theilen, daß er alle Körper und Leiber übertrifft; ſeine Beine ſind<lb/> als Pfeiler, die Arme als Flügel, die Hände als Dienſtknechte ja<lb/> Schreiber des Menſchenverſtandes und wie Jnſtrumente aller Jn-<lb/> ſtrumente; die Sinnen als Spione und Ausſpäher, das Haupt als<lb/> ein Caſtell oder Schloß, das Herz als ein Sitz des Lebens und<lb/> als eine Unruh, die nimmer ſtille ſteht ꝛc.; .... und das alles<lb/> mit einer ſolchen Proportion und Vollkommenheit, die man nicht<lb/> genug begreifen noch verwundern kann‟, u. ſ. f.<note place="foot" n="2)">H. <hi rendition="#g">Witſius,</hi> <hi rendition="#aq">Exercitatt. sacrae im Symb. apostolor. et in Orat.<lb/> dominicam; ed. 2., Franequerae 1689, p. 111 ss.</hi> — Fr. <hi rendition="#g">Burmann,</hi><lb/> Geſetz und Zeugniß, oder Auslegungen ...... der <hi rendition="#aq">V</hi> BB. Moſis, Frankfurt 1693,<lb/> Bd. <hi rendition="#aq">I.</hi> — Vgl. <hi rendition="#g">Dieſtel,</hi> Studien zur Föderaltheologie, Jahrbb. für deutſche<lb/> Theol. 1865, S. 230 ff.</note></p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [28/0038]
I. Der Urſtand nach kirchlicher Ueberlieferung.
bis zum jüngſten Gerichte mittheilen läßt 1). Zu anderen Spielereien
und Willkürlichkeiten gab die Föderaltheologie der Coccejaner Anlaß,
mit ihrem Streben ſchon im Naturbunde vor dem Geſetz und zumal
in der Religon des Paradieſes mannigfache Spuren und Vorſpiele
des Gnadenbundes nachzuweiſen. Herm. Witſius ſuchte zu zeigen,
daß ſchon die Paradieſesreligion vier Sacramente gehabt hätte,
nemlich den Garten Eden ſelbſt, ſeine zwei Bäume und den Sabbath.
Franz Burmann legte gleichfalls den Paradieſesbäumen ſacramentale
Geltung bei. Von der mehrfachen ſegensvollen Beſtimmung und
Bedeutung des Paradieſes für den Menſchen redete er in Ausdrücken,
die an Calov’s oben erwähnte Darſtellung erinnern; das Paradies
ſollte dem Menſchen ſein „als ein Königreich, darin zu herrſchen,
als eine Küche, darin vollauf zu haben, als eine Werkſtatt ſich
darin zu üben, als ein Tempel, Gotte darin zu dienen. Mit eigen-
thümlich plumpem Realismus entwickelt dieſer Coccejaner die Vor-
züge des paradieſiſchen Menſchen nach ſeiner leiblichen Seite: „Gott
machte und formirte dieſen Leib ſo herrlich und temperirt in allen
Theilen, daß er alle Körper und Leiber übertrifft; ſeine Beine ſind
als Pfeiler, die Arme als Flügel, die Hände als Dienſtknechte ja
Schreiber des Menſchenverſtandes und wie Jnſtrumente aller Jn-
ſtrumente; die Sinnen als Spione und Ausſpäher, das Haupt als
ein Caſtell oder Schloß, das Herz als ein Sitz des Lebens und
als eine Unruh, die nimmer ſtille ſteht ꝛc.; .... und das alles
mit einer ſolchen Proportion und Vollkommenheit, die man nicht
genug begreifen noch verwundern kann‟, u. ſ. f. 2)
1) H. Zanchi, De operibus Dei intra spacium sex dierum creatis.
Neostad. 1591. — Andr. Rivet, Exercitationes theoll. et scholasticae in
l. I Mosis (in ſ. Opp., Roterod. 1651, t. I), beſ. Exercit. XXII. — Milton,
Paradise lost, C. XI. XII.
2) H. Witſius, Exercitatt. sacrae im Symb. apostolor. et in Orat.
dominicam; ed. 2., Franequerae 1689, p. 111 ss. — Fr. Burmann,
Geſetz und Zeugniß, oder Auslegungen ...... der V BB. Moſis, Frankfurt 1693,
Bd. I. — Vgl. Dieſtel, Studien zur Föderaltheologie, Jahrbb. für deutſche
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