Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.II. Die Schriftlehre vom Urstande. vom rechten Verhalten beim Gebete redet: "Der Mann soll dasHaupt nicht bedecken, sintemal er ist Gottes Bild und Ehre (wörtl. "Glorie, Abglanz"); das Weib aber ist des Mannes Ehre (w. "Glorie"); denn der Mann ist nicht vom Weibe, sondern das Weib ist vom Manne, und der Mann ist nicht geschaffen um des Weibes, sondern das Weib um des Mannes willen" (1. Cor. 11, 7--9). Ohne Rücksichtnahme auf diesen aus 1. Mos. 2 sich ergebenden Unterschied zwischen unmittelbarer Gottbildlichkeit des Mannes und mittelbar gottbildlicher Erschaffung des Weibes be- zeichnet der Apostel den durch Christum Wiedergeborenen und sich Heiligenden als den "neuen Menschen, der sich erneuert zur Er- kenntniß nach dem Bilde deß, der ihn geschaffen hat" (Col. 3, 9), oder auch: "der nach Gott (gemäß Gott) geschaffen ist in Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit" (Eph. 4, 26). Die ihres Entstammtseins aus der Gottheit sich rühmenden Philosophen Athens nimmt er beim Wort; übereinstimmend mit ihnen bezeugt er: "Wir sind göttlichen Geschlechts" (Apg. 17, 28 f.). -- Auch der Verfasser des Hebräerbriefes drückt den Begriff der Gottbildlichkeit einmal auf annähernde Weise aus, mittelst Anführung jener Verse des 8. Psalms, die er freilich in ihrem Anfange gemäß der Deutung der Septuaginta verändert: "Du hast ihn um ein Weniges unter die Engel erniedriget" (Hebr. 2, 8). Luther, schwerlich richtig, jedenfalls mißverständlich: "Du hast ihn eine kleine Zeit der Engel mangeln lassen." Jn großartiger Uebereinstimmung drücken diese alt- und neu- II. Die Schriftlehre vom Urſtande. vom rechten Verhalten beim Gebete redet: „Der Mann ſoll dasHaupt nicht bedecken, ſintemal er iſt Gottes Bild und Ehre (wörtl. „Glorie, Abglanz‟); das Weib aber iſt des Mannes Ehre (w. „Glorie‟); denn der Mann iſt nicht vom Weibe, ſondern das Weib iſt vom Manne, und der Mann iſt nicht geſchaffen um des Weibes, ſondern das Weib um des Mannes willen‟ (1. Cor. 11, 7—9). Ohne Rückſichtnahme auf dieſen aus 1. Moſ. 2 ſich ergebenden Unterſchied zwiſchen unmittelbarer Gottbildlichkeit des Mannes und mittelbar gottbildlicher Erſchaffung des Weibes be- zeichnet der Apoſtel den durch Chriſtum Wiedergeborenen und ſich Heiligenden als den „neuen Menſchen, der ſich erneuert zur Er- kenntniß nach dem Bilde deß, der ihn geſchaffen hat‟ (Col. 3, 9), oder auch: „der nach Gott (gemäß Gott) geſchaffen iſt in Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit‟ (Eph. 4, 26). Die ihres Entſtammtſeins aus der Gottheit ſich rühmenden Philoſophen Athens nimmt er beim Wort; übereinſtimmend mit ihnen bezeugt er: „Wir ſind göttlichen Geſchlechts‟ (Apg. 17, 28 f.). — Auch der Verfaſſer des Hebräerbriefes drückt den Begriff der Gottbildlichkeit einmal auf annähernde Weiſe aus, mittelſt Anführung jener Verſe des 8. Pſalms, die er freilich in ihrem Anfange gemäß der Deutung der Septuaginta verändert: „Du haſt ihn um ein Weniges unter die Engel erniedriget‟ (Hebr. 2, 8). Luther, ſchwerlich richtig, jedenfalls mißverſtändlich: „Du haſt ihn eine kleine Zeit der Engel mangeln laſſen.‟ Jn großartiger Uebereinſtimmung drücken dieſe alt- und neu- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0068" n="58"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Die Schriftlehre vom Urſtande.</fw><lb/> vom rechten Verhalten beim Gebete redet: „Der Mann ſoll das<lb/> Haupt nicht bedecken, <hi rendition="#g">ſintemal er iſt Gottes Bild und Ehre</hi><lb/> (wörtl. „Glorie, Abglanz‟); <hi rendition="#g">das Weib aber iſt des Mannes<lb/> Ehre</hi> (w. „Glorie‟); denn der Mann iſt nicht vom Weibe, ſondern<lb/> das Weib iſt vom Manne, und der Mann iſt nicht geſchaffen um<lb/> des Weibes, ſondern das Weib um des Mannes willen‟ (1. Cor.<lb/> 11, 7—9). Ohne Rückſichtnahme auf dieſen aus 1. 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II. Die Schriftlehre vom Urſtande.
vom rechten Verhalten beim Gebete redet: „Der Mann ſoll das
Haupt nicht bedecken, ſintemal er iſt Gottes Bild und Ehre
(wörtl. „Glorie, Abglanz‟); das Weib aber iſt des Mannes
Ehre (w. „Glorie‟); denn der Mann iſt nicht vom Weibe, ſondern
das Weib iſt vom Manne, und der Mann iſt nicht geſchaffen um
des Weibes, ſondern das Weib um des Mannes willen‟ (1. Cor.
11, 7—9). Ohne Rückſichtnahme auf dieſen aus 1. Moſ. 2 ſich
ergebenden Unterſchied zwiſchen unmittelbarer Gottbildlichkeit des
Mannes und mittelbar gottbildlicher Erſchaffung des Weibes be-
zeichnet der Apoſtel den durch Chriſtum Wiedergeborenen und ſich
Heiligenden als den „neuen Menſchen, der ſich erneuert zur Er-
kenntniß nach dem Bilde deß, der ihn geſchaffen hat‟
(Col. 3, 9), oder auch: „der nach Gott (gemäß Gott) geſchaffen
iſt in Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit‟ (Eph.
4, 26). Die ihres Entſtammtſeins aus der Gottheit ſich rühmenden
Philoſophen Athens nimmt er beim Wort; übereinſtimmend mit
ihnen bezeugt er: „Wir ſind göttlichen Geſchlechts‟ (Apg.
17, 28 f.). — Auch der Verfaſſer des Hebräerbriefes drückt den
Begriff der Gottbildlichkeit einmal auf annähernde Weiſe aus,
mittelſt Anführung jener Verſe des 8. Pſalms, die er freilich in
ihrem Anfange gemäß der Deutung der Septuaginta verändert:
„Du haſt ihn um ein Weniges unter die Engel erniedriget‟ (Hebr.
2, 8). Luther, ſchwerlich richtig, jedenfalls mißverſtändlich: „Du
haſt ihn eine kleine Zeit der Engel mangeln laſſen.‟
Jn großartiger Uebereinſtimmung drücken dieſe alt- und neu-
teſtamentlichen Schriftzeugniſſe betreffend die Gottbildlichkeit eben
dasjenige als die Grundſubſtanz dieſes Begriffes aus, was wir als
das Gemeinſame auch der kirchlichen Lehrſätze über dieſen Gegenſtand
kennen lernten: die Ur-Einheit und die Ur-Reinheit des von
Gott zur Darſtellung ſeines Ebenbildes in Beherrſchung der niederen
Erdenwelt geſchaffenen Menſchengeſchlechts. Es ſind mehrere un-
gemein wichtige Wahrheiten, die es als hierin beſchloſſen zu be-
achten gilt.
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