Zöckler, Otto: Die Lehre vom Urstand des Menschen. Gütersloh, 1879.II. Die Schriftlehre vom Urstande. der Gewalt auf das Ende hin; wie denn der Brief an die Hebräerin Anlehnung an jene Worte des 8. Psalms mit Recht argumentirt: "Jn dem, daß er ihm alles untergethan, hat er nichts gelassen, das ihm nicht unterthan sei; jetzt aber sehen wir noch nicht, daß ihm alles unterthan sei" (Hebr. 2, 8). Was jetzt noch nicht ist, soll um so gewisser in Zukunft werden, und zwar durch den wer- den, in deß persönlicher Erscheinung das Gottebenbildliche, oder wie jener Psalm sagt, das nahezu Gottgleiche (Septuag. und Hebr.- Brief: "nahezu Engelgleiche") des menschlichen Wesens zu urbildlich vollendeter Ausprägung gelangt ist und der durch sein erlösendes Todesleiden seinen menschlichen Brüdern den Weg zum gleichen Ziele vollendeter Gottbildlichkeit erschlossen hat (Hebr. 2, 9 ff.). V. Zwischen einem göttlichen Ebenbilde im en- II. Die Schriftlehre vom Urſtande. der Gewalt auf das Ende hin; wie denn der Brief an die Hebräerin Anlehnung an jene Worte des 8. Pſalms mit Recht argumentirt: „Jn dem, daß er ihm alles untergethan, hat er nichts gelaſſen, das ihm nicht unterthan ſei; jetzt aber ſehen wir noch nicht, daß ihm alles unterthan ſei‟ (Hebr. 2, 8). Was jetzt noch nicht iſt, ſoll um ſo gewiſſer in Zukunft werden, und zwar durch den wer- den, in deß perſönlicher Erſcheinung das Gottebenbildliche, oder wie jener Pſalm ſagt, das nahezu Gottgleiche (Septuag. und Hebr.- Brief: „nahezu Engelgleiche‟) des menſchlichen Weſens zu urbildlich vollendeter Ausprägung gelangt iſt und der durch ſein erlöſendes Todesleiden ſeinen menſchlichen Brüdern den Weg zum gleichen Ziele vollendeter Gottbildlichkeit erſchloſſen hat (Hebr. 2, 9 ff.). V. Zwiſchen einem göttlichen Ebenbilde im en- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0079" n="69"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Die Schriftlehre vom Urſtande.</fw><lb/> der Gewalt auf das Ende hin; wie denn der Brief an die Hebräer<lb/> in Anlehnung an jene Worte des 8. Pſalms mit Recht argumentirt:<lb/> „Jn dem, daß er ihm <hi rendition="#g">alles</hi> untergethan, hat er nichts gelaſſen,<lb/> das ihm nicht unterthan ſei; <hi rendition="#g">jetzt</hi> aber ſehen wir noch nicht, daß<lb/> ihm alles unterthan ſei‟ (Hebr. 2, 8). Was jetzt noch nicht iſt,<lb/> ſoll um ſo gewiſſer in Zukunft <hi rendition="#g">werden,</hi> und zwar durch den wer-<lb/> den, in deß perſönlicher Erſcheinung das Gottebenbildliche, oder wie<lb/> jener Pſalm ſagt, das nahezu Gottgleiche (Septuag. und Hebr.-<lb/> Brief: „nahezu Engelgleiche‟) des menſchlichen Weſens zu urbildlich<lb/> vollendeter Ausprägung gelangt iſt und der durch ſein erlöſendes<lb/> Todesleiden ſeinen menſchlichen Brüdern den Weg zum gleichen<lb/> Ziele vollendeter Gottbildlichkeit erſchloſſen hat (Hebr. 2, 9 ff.).</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">V.</hi><hi rendition="#g">Zwiſchen einem göttlichen Ebenbilde im en-<lb/> geren Sinne, das um der Sünde willen verloren iſt,<lb/> und einem trotz der Sünde unverlorenen Gottesbilde<lb/> muß nothwendig unterſchieden werden.</hi> Die paradieſiſche<lb/> Gottbildlichkeit oder Jntegrität des Menſchen iſt in Folge der<lb/> Sünde verloren — ſogar unwiderbringlich verloren, da die einmal<lb/> verderbte, verſcherzte und zerſtörte Unſchuld des heiligen Entwick-<lb/> lungsanfanges niemals unmittelbar als ſolche zurückgeführt, ſondern<lb/> nur durch eine gnadenweiſe geſchenkte neue Gerechtigkeit erſetzt wer-<lb/> den kann. Nichts deſtoweniger iſt der Menſch, auch als in Sünde<lb/> Gefallener, in gewiſſem Sinne Gottes Bild geblieben. Die Schrift<lb/> würde weder Seths Erzeugung durch Adam und Eva als einen<lb/> Act der Fortpflanzung oder Reproduction der eignen Gottbildlichkeit<lb/> dieſes Urpaares darſtellen, noch das Verbot des Vergießens von<lb/> Menſchenblut mit der Hinweiſung auf des Menſchen gottbildliche<lb/> Erſchaffung motiviren, gäbe es nicht ein ſolches auch nach dem Sün-<lb/> denfalle gebliebenes, nachparadieſiſches Gottesbild — daſſelbe, von<lb/> welchem auch der Sänger des 8. Pſalms mit ſeinen Betrachtungen<lb/> ausgeht, und daſſelbe nicht minder, das Paulus im Auge hat, wenn<lb/> er den Mann als Gottes Bild und Ehre bezeichnet (1 Cor. 11, 7),<lb/> deßgleichen Jakobus, wenn er der gottlos wider den gottbildlichen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [69/0079]
II. Die Schriftlehre vom Urſtande.
der Gewalt auf das Ende hin; wie denn der Brief an die Hebräer
in Anlehnung an jene Worte des 8. Pſalms mit Recht argumentirt:
„Jn dem, daß er ihm alles untergethan, hat er nichts gelaſſen,
das ihm nicht unterthan ſei; jetzt aber ſehen wir noch nicht, daß
ihm alles unterthan ſei‟ (Hebr. 2, 8). Was jetzt noch nicht iſt,
ſoll um ſo gewiſſer in Zukunft werden, und zwar durch den wer-
den, in deß perſönlicher Erſcheinung das Gottebenbildliche, oder wie
jener Pſalm ſagt, das nahezu Gottgleiche (Septuag. und Hebr.-
Brief: „nahezu Engelgleiche‟) des menſchlichen Weſens zu urbildlich
vollendeter Ausprägung gelangt iſt und der durch ſein erlöſendes
Todesleiden ſeinen menſchlichen Brüdern den Weg zum gleichen
Ziele vollendeter Gottbildlichkeit erſchloſſen hat (Hebr. 2, 9 ff.).
V. Zwiſchen einem göttlichen Ebenbilde im en-
geren Sinne, das um der Sünde willen verloren iſt,
und einem trotz der Sünde unverlorenen Gottesbilde
muß nothwendig unterſchieden werden. Die paradieſiſche
Gottbildlichkeit oder Jntegrität des Menſchen iſt in Folge der
Sünde verloren — ſogar unwiderbringlich verloren, da die einmal
verderbte, verſcherzte und zerſtörte Unſchuld des heiligen Entwick-
lungsanfanges niemals unmittelbar als ſolche zurückgeführt, ſondern
nur durch eine gnadenweiſe geſchenkte neue Gerechtigkeit erſetzt wer-
den kann. Nichts deſtoweniger iſt der Menſch, auch als in Sünde
Gefallener, in gewiſſem Sinne Gottes Bild geblieben. Die Schrift
würde weder Seths Erzeugung durch Adam und Eva als einen
Act der Fortpflanzung oder Reproduction der eignen Gottbildlichkeit
dieſes Urpaares darſtellen, noch das Verbot des Vergießens von
Menſchenblut mit der Hinweiſung auf des Menſchen gottbildliche
Erſchaffung motiviren, gäbe es nicht ein ſolches auch nach dem Sün-
denfalle gebliebenes, nachparadieſiſches Gottesbild — daſſelbe, von
welchem auch der Sänger des 8. Pſalms mit ſeinen Betrachtungen
ausgeht, und daſſelbe nicht minder, das Paulus im Auge hat, wenn
er den Mann als Gottes Bild und Ehre bezeichnet (1 Cor. 11, 7),
deßgleichen Jakobus, wenn er der gottlos wider den gottbildlichen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |