Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

Einrichtung unsers Verhaltens.
gleiteten ihn allenthalben, wo er hingieng, und
belebten alles, was er redete und that. Die
reinste Tugend, die erhabenste Frömmigkeit
waren seine Gesellschafterinnen in der Einsam-
keit, und seine Begleiterinnen in die Gesell-
schaft. So wenig er die Lehren der Wahrheit
und der Weisheit jemanden aufdrang; so be-
gierig ergriff und so sorgfältig benutzte er jede
Gelegenheit, andere zu belehren, zu unterrich-
ten, sie zum Nachdenken zu erwecken, und gu-
ten Saamen in ihren Herzen auszustreuen.
So sehr er alles vermied, was auch nur den
Schein der Pralerey und der Ruhmsucht hatte,
und so gern er im stillen und verborgenen Gu-
tes that; so ließ er sich doch keine Beschwerden,
keine Hindernisse, keine widrige Urtheile der
Menschen, selbst keine unvermeidliche Aerger-
nisse von der Erfüllung seiner Pflicht abhalten.
Nie zog er seine Ruhe, seine Bequemlichkeit,
seinen eignen Vortheil dem Besten seiner Brü-
der vor; nie verweigerte er dem, der Hülfe
bey ihm suchte, seine Hülfe; nie verschob er
dieselbe auf eine ihm gelegnere Zeit; nie ließ
er sich Undank und Mißbrauch seiner Wohl-
thaten vom fernern Wohlthun abschrecken; nie
klagte er über die Beschwerden und Plagen des

geschäff-

Einrichtung unſers Verhaltens.
gleiteten ihn allenthalben, wo er hingieng, und
belebten alles, was er redete und that. Die
reinſte Tugend, die erhabenſte Frömmigkeit
waren ſeine Geſellſchafterinnen in der Einſam-
keit, und ſeine Begleiterinnen in die Geſell-
ſchaft. So wenig er die Lehren der Wahrheit
und der Weisheit jemanden aufdrang; ſo be-
gierig ergriff und ſo ſorgfältig benutzte er jede
Gelegenheit, andere zu belehren, zu unterrich-
ten, ſie zum Nachdenken zu erwecken, und gu-
ten Saamen in ihren Herzen auszuſtreuen.
So ſehr er alles vermied, was auch nur den
Schein der Pralerey und der Ruhmſucht hatte,
und ſo gern er im ſtillen und verborgenen Gu-
tes that; ſo ließ er ſich doch keine Beſchwerden,
keine Hinderniſſe, keine widrige Urtheile der
Menſchen, ſelbſt keine unvermeidliche Aerger-
niſſe von der Erfüllung ſeiner Pflicht abhalten.
Nie zog er ſeine Ruhe, ſeine Bequemlichkeit,
ſeinen eignen Vortheil dem Beſten ſeiner Brü-
der vor; nie verweigerte er dem, der Hülfe
bey ihm ſuchte, ſeine Hülfe; nie verſchob er
dieſelbe auf eine ihm gelegnere Zeit; nie ließ
er ſich Undank und Mißbrauch ſeiner Wohl-
thaten vom fernern Wohlthun abſchrecken; nie
klagte er über die Beſchwerden und Plagen des

geſchäff-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0229" n="207"/><fw place="top" type="header">Einrichtung un&#x017F;ers Verhaltens.</fw><lb/>
gleiteten ihn allenthalben, wo er hingieng, und<lb/>
belebten alles, was er redete und that. Die<lb/>
rein&#x017F;te Tugend, die erhaben&#x017F;te Frömmigkeit<lb/>
waren &#x017F;eine Ge&#x017F;ell&#x017F;chafterinnen in der Ein&#x017F;am-<lb/>
keit, und &#x017F;eine Begleiterinnen in die Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft. So wenig er die Lehren der Wahrheit<lb/>
und der Weisheit jemanden aufdrang; &#x017F;o be-<lb/>
gierig ergriff und &#x017F;o &#x017F;orgfältig benutzte er jede<lb/>
Gelegenheit, andere zu belehren, zu unterrich-<lb/>
ten, &#x017F;ie zum Nachdenken zu erwecken, und gu-<lb/>
ten Saamen in ihren Herzen auszu&#x017F;treuen.<lb/>
So &#x017F;ehr er alles vermied, was auch nur den<lb/>
Schein der Pralerey und der Ruhm&#x017F;ucht hatte,<lb/>
und &#x017F;o gern er im &#x017F;tillen und verborgenen Gu-<lb/>
tes that; &#x017F;o ließ er &#x017F;ich doch keine Be&#x017F;chwerden,<lb/>
keine Hinderni&#x017F;&#x017F;e, keine widrige Urtheile der<lb/>
Men&#x017F;chen, &#x017F;elb&#x017F;t keine unvermeidliche Aerger-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e von der Erfüllung &#x017F;einer Pflicht abhalten.<lb/>
Nie zog er &#x017F;eine Ruhe, &#x017F;eine Bequemlichkeit,<lb/>
&#x017F;einen eignen Vortheil dem Be&#x017F;ten &#x017F;einer Brü-<lb/>
der vor; nie verweigerte er dem, der Hülfe<lb/>
bey ihm &#x017F;uchte, &#x017F;eine Hülfe; nie ver&#x017F;chob er<lb/>
die&#x017F;elbe auf eine ihm gelegnere Zeit; nie ließ<lb/>
er &#x017F;ich Undank und Mißbrauch &#x017F;einer Wohl-<lb/>
thaten vom fernern Wohlthun ab&#x017F;chrecken; nie<lb/>
klagte er über die Be&#x017F;chwerden und Plagen des<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ge&#x017F;chäff-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0229] Einrichtung unſers Verhaltens. gleiteten ihn allenthalben, wo er hingieng, und belebten alles, was er redete und that. Die reinſte Tugend, die erhabenſte Frömmigkeit waren ſeine Geſellſchafterinnen in der Einſam- keit, und ſeine Begleiterinnen in die Geſell- ſchaft. So wenig er die Lehren der Wahrheit und der Weisheit jemanden aufdrang; ſo be- gierig ergriff und ſo ſorgfältig benutzte er jede Gelegenheit, andere zu belehren, zu unterrich- ten, ſie zum Nachdenken zu erwecken, und gu- ten Saamen in ihren Herzen auszuſtreuen. So ſehr er alles vermied, was auch nur den Schein der Pralerey und der Ruhmſucht hatte, und ſo gern er im ſtillen und verborgenen Gu- tes that; ſo ließ er ſich doch keine Beſchwerden, keine Hinderniſſe, keine widrige Urtheile der Menſchen, ſelbſt keine unvermeidliche Aerger- niſſe von der Erfüllung ſeiner Pflicht abhalten. Nie zog er ſeine Ruhe, ſeine Bequemlichkeit, ſeinen eignen Vortheil dem Beſten ſeiner Brü- der vor; nie verweigerte er dem, der Hülfe bey ihm ſuchte, ſeine Hülfe; nie verſchob er dieſelbe auf eine ihm gelegnere Zeit; nie ließ er ſich Undank und Mißbrauch ſeiner Wohl- thaten vom fernern Wohlthun abſchrecken; nie klagte er über die Beſchwerden und Plagen des geſchäff-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/229
Zitationshilfe: Zollikofer, Georg Joachim: Andachtsübungen und Gebete zum Privatgebrauche für nachdenkende und gutgesinnte Christen. Leipzig, 1785, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zollikofer_andachtsuebungen01_1785/229>, abgerufen am 04.12.2024.