Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

jagung des Königs Desiderii, als auch die Anklage/ wider den Thassilonem nichts anders/ als eine Päbstliche Intrigue, daher auch alle consilia nach dem Willen des Römischen Hofes geführet / und nach dessen gusto gesprochen werden musten. Dann/ weil der Pipinus und Carolus M. selbigem/ bloß aus den Uhrsachen sehr herrliche Schenckung gethan hatten/ damit er jenes sein Verfahren wider den Chilpericum, des letztern seines aber wider den Desiderium gut heissen möchte; so sahen die Päbste wohl / so ferne Thassilo siegen/ und mehr besagter Desiderius wieder zu Kräften kommen solte/ daß beyde dem Römischen Stuhl/ wegen seines ungerechten Verfahrens zur Red und Antwort setzen würden. Diesemnach/ muste gleichsam Himmel und Erde wieder den Thassilonem erreget/ und er mit aller Gewalt eines Criminis laesae Majestatis, oder felonie schuldig seyn/ ob er schon nichts weniger/ als selbige begangen/ haben möchte. Wären von unpartheyischen Historicis umständliche Nachrichten vorhanden/ so würde man sehen/ was für Griffe/ so wohl der Carolus, als auch die Päbste sich des fals bedienet gehabt/ ingleichen / wie ungewissenhaft bey Verurtheilung des Thassilonis es zugangen sey. Wiewohl vorbesagte/ von denen München aufgezeichnete Nachrichten selber dann und wann einige Merckmahle entdecken/ ob es schon wieder ihren Willen geschehen/ aus denen die Unrichtigkeit des Verfahrens deutlich genung zusehen.

Thes. II.

Zum Stamm - Vater des sämmtlichen Bayerischen Hauses/ wird der Luitpoldus angegeben.

Nachdem/ vorerzählter massen/ der Carolus M. Bayern seinem rechtmässigen Herren entrissen hatte/ so machte er solches zu einer Conquette seines Reichs/ und ließ es durch einen Stadthalter regieren von denen Geroldus der erste und von Mütterlicher Seiten aus Bayrischen Geblüth entsprossen gewesen seyn soll/ in welchem Zustande es eine ziemliche Zeit verbliebe. Daß aber mit dem Thassilone der gantze Angilolfingische Königliche Stamm ausgegangen seyn solte/ darzu sprechen die Bayrischen Scribenten nein/ wie wohl sie auch so genau nicht sagen können / durch wem solcher fortgepflantzet worden/ an welchen Genealogischen Zweifeln in so ferne endlich nicht viel gelegen/ weil bey so grossem Mangel der tüchtigen Nachrichten/ auf den rechten und eigentlichen Grund zu kommen/ doch nicht möglich ist/ ungeachtet die gemeinste Ableitung des Bayrischen Hauses/ aus dem Agilolfingischen Geschlechte geschicht. Immittelst muste Bayern unter der Francken Herrschaft eine ziemliche Zeit verbleiben/ und wird von einigen gantz irrig vorgegeben/ als ob die Franckischen Kay-

Brunner. Part. 2. l. 1.
Adelz. l. 6.

jagung des Königs Desiderii, als auch die Anklage/ wider den Thassilonem nichts anders/ als eine Päbstliche Intrigue, daher auch alle consilia nach dem Willen des Römischen Hofes geführet / und nach dessen gusto gesprochen werden musten. Dann/ weil der Pipinus und Carolus M. selbigem/ bloß aus den Uhrsachen sehr herrliche Schenckung gethan hatten/ damit er jenes sein Verfahren wider den Chilpericum, des letztern seines aber wider den Desiderium gut heissen möchte; so sahen die Päbste wohl / so ferne Thassilo siegen/ und mehr besagter Desiderius wieder zu Kräften kommen solte/ daß beyde dem Römischen Stuhl/ wegen seines ungerechten Verfahrens zur Red und Antwort setzen würden. Diesemnach/ muste gleichsam Himmel und Erde wieder den Thassilonem erreget/ und er mit aller Gewalt eines Criminis laesae Majestatis, oder felonie schuldig seyn/ ob er schon nichts weniger/ als selbige begangen/ haben möchte. Wären von unpartheyischen Historicis umständliche Nachrichten vorhanden/ so würde man sehen/ was für Griffe/ so wohl der Carolus, als auch die Päbste sich des fals bedienet gehabt/ ingleichen / wie ungewissenhaft bey Verurtheilung des Thassilonis es zugangen sey. Wiewohl vorbesagte/ von denen München aufgezeichnete Nachrichten selber dann und wann einige Merckmahle entdecken/ ob es schon wieder ihren Willen geschehen/ aus denen die Unrichtigkeit des Verfahrens deutlich genung zusehen.

Thes. II.

Zum Stamm - Vater des sämmtlichen Bayerischen Hauses/ wird der Luitpoldus angegeben.

Nachdem/ vorerzählter massen/ der Carolus M. Bayern seinem rechtmässigen Herren entrissen hatte/ so machte er solches zu einer Conquette seines Reichs/ und ließ es durch einen Stadthalter regieren von denen Geroldus der erste und von Mütterlicher Seiten aus Bayrischen Geblüth entsprossen gewesen seyn soll/ in welchem Zustande es eine ziemliche Zeit verbliebe. Daß aber mit dem Thassilone der gantze Angilolfingische Königliche Stamm ausgegangen seyn solte/ darzu sprechen die Bayrischen Scribenten nein/ wie wohl sie auch so genau nicht sagen können / durch wem solcher fortgepflantzet worden/ an welchen Genealogischen Zweifeln in so ferne endlich nicht viel gelegen/ weil bey so grossem Mangel der tüchtigen Nachrichten/ auf den rechten und eigentlichen Grund zu kommen/ doch nicht möglich ist/ ungeachtet die gemeinste Ableitung des Bayrischen Hauses/ aus dem Agilolfingischen Geschlechte geschicht. Immittelst muste Bayern unter der Francken Herrschaft eine ziemliche Zeit verbleiben/ und wird von einigen gantz irrig vorgegeben/ als ob die Franckischen Kay-

Brunner. Part. 2. l. 1.
Adelz. l. 6.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0248" n="205"/>
jagung des Königs Desiderii, als                      auch die Anklage/ wider den Thassilonem nichts anders/ als eine Päbstliche                      Intrigue, daher auch alle consilia nach dem Willen des Römischen Hofes geführet                     / und nach dessen gusto gesprochen werden musten. Dann/ weil der Pipinus und                      Carolus M. selbigem/ bloß aus den Uhrsachen sehr herrliche Schenckung gethan                      hatten/ damit er jenes sein Verfahren wider den Chilpericum, des letztern                      seines aber wider den Desiderium gut heissen möchte; so sahen die Päbste wohl /                      so ferne Thassilo siegen/ und mehr besagter Desiderius wieder zu Kräften kommen                      solte/ daß beyde dem Römischen Stuhl/ wegen seines ungerechten Verfahrens zur                      Red und Antwort setzen würden. Diesemnach/ muste gleichsam Himmel und Erde                      wieder den Thassilonem erreget/ und er mit aller Gewalt eines Criminis laesae                      Majestatis, oder felonie schuldig seyn/ ob er schon nichts weniger/ als                      selbige begangen/ haben möchte. Wären von unpartheyischen Historicis                      umständliche Nachrichten vorhanden/ so würde man sehen/ was für Griffe/ so                      wohl der Carolus, als auch die Päbste sich des fals bedienet gehabt/ ingleichen                     / wie ungewissenhaft bey Verurtheilung des Thassilonis es zugangen sey. Wiewohl                      vorbesagte/ von denen München aufgezeichnete Nachrichten selber dann und wann                      einige Merckmahle entdecken/ ob es schon wieder ihren Willen geschehen/ aus                      denen die Unrichtigkeit des Verfahrens deutlich genung zusehen.</p>
        <p>Thes. II.</p>
        <p>Zum Stamm - Vater des sämmtlichen Bayerischen Hauses/ wird der Luitpoldus                      angegeben.</p>
        <p>Nachdem/ vorerzählter massen/ der Carolus M. Bayern seinem rechtmässigen Herren                      entrissen hatte/ so machte er solches zu einer Conquette seines Reichs/ und                      ließ es durch einen Stadthalter regieren von denen Geroldus der erste und von                      Mütterlicher Seiten aus Bayrischen Geblüth entsprossen gewesen seyn soll/ <note place="foot">Brunner. Part. 2. l. 1.</note> in welchem Zustande es eine                      ziemliche Zeit verbliebe. Daß aber mit dem Thassilone der gantze                      Angilolfingische Königliche Stamm ausgegangen seyn solte/ darzu sprechen die                      Bayrischen Scribenten nein/ wie wohl sie auch so genau nicht sagen können /                      durch wem solcher fortgepflantzet worden/ an welchen Genealogischen Zweifeln in                      so ferne endlich nicht viel gelegen/ weil bey so grossem Mangel der tüchtigen                      Nachrichten/ auf den rechten und eigentlichen Grund zu kommen/ doch nicht                      möglich ist/ ungeachtet die gemeinste Ableitung des Bayrischen Hauses/ aus dem                      Agilolfingischen Geschlechte geschicht. <note place="foot">Adelz. l. 6.</note>                      Immittelst muste Bayern unter der Francken Herrschaft eine ziemliche Zeit                      verbleiben/ und wird von einigen gantz irrig vorgegeben/ als ob die                      Franckischen Kay-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0248] jagung des Königs Desiderii, als auch die Anklage/ wider den Thassilonem nichts anders/ als eine Päbstliche Intrigue, daher auch alle consilia nach dem Willen des Römischen Hofes geführet / und nach dessen gusto gesprochen werden musten. Dann/ weil der Pipinus und Carolus M. selbigem/ bloß aus den Uhrsachen sehr herrliche Schenckung gethan hatten/ damit er jenes sein Verfahren wider den Chilpericum, des letztern seines aber wider den Desiderium gut heissen möchte; so sahen die Päbste wohl / so ferne Thassilo siegen/ und mehr besagter Desiderius wieder zu Kräften kommen solte/ daß beyde dem Römischen Stuhl/ wegen seines ungerechten Verfahrens zur Red und Antwort setzen würden. Diesemnach/ muste gleichsam Himmel und Erde wieder den Thassilonem erreget/ und er mit aller Gewalt eines Criminis laesae Majestatis, oder felonie schuldig seyn/ ob er schon nichts weniger/ als selbige begangen/ haben möchte. Wären von unpartheyischen Historicis umständliche Nachrichten vorhanden/ so würde man sehen/ was für Griffe/ so wohl der Carolus, als auch die Päbste sich des fals bedienet gehabt/ ingleichen / wie ungewissenhaft bey Verurtheilung des Thassilonis es zugangen sey. Wiewohl vorbesagte/ von denen München aufgezeichnete Nachrichten selber dann und wann einige Merckmahle entdecken/ ob es schon wieder ihren Willen geschehen/ aus denen die Unrichtigkeit des Verfahrens deutlich genung zusehen. Thes. II. Zum Stamm - Vater des sämmtlichen Bayerischen Hauses/ wird der Luitpoldus angegeben. Nachdem/ vorerzählter massen/ der Carolus M. Bayern seinem rechtmässigen Herren entrissen hatte/ so machte er solches zu einer Conquette seines Reichs/ und ließ es durch einen Stadthalter regieren von denen Geroldus der erste und von Mütterlicher Seiten aus Bayrischen Geblüth entsprossen gewesen seyn soll/ in welchem Zustande es eine ziemliche Zeit verbliebe. Daß aber mit dem Thassilone der gantze Angilolfingische Königliche Stamm ausgegangen seyn solte/ darzu sprechen die Bayrischen Scribenten nein/ wie wohl sie auch so genau nicht sagen können / durch wem solcher fortgepflantzet worden/ an welchen Genealogischen Zweifeln in so ferne endlich nicht viel gelegen/ weil bey so grossem Mangel der tüchtigen Nachrichten/ auf den rechten und eigentlichen Grund zu kommen/ doch nicht möglich ist/ ungeachtet die gemeinste Ableitung des Bayrischen Hauses/ aus dem Agilolfingischen Geschlechte geschicht. Immittelst muste Bayern unter der Francken Herrschaft eine ziemliche Zeit verbleiben/ und wird von einigen gantz irrig vorgegeben/ als ob die Franckischen Kay- Brunner. Part. 2. l. 1. Adelz. l. 6.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/248
Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/248>, abgerufen am 19.05.2024.