Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.noch daß ich ihm zu dienen/ Treu und Glauben zu brechen/ und ohne Ursache den Tractat/ den er und ich zu Ryßwick unterzeichnet/ zu verletzen gehalten wäre. Ich wuste/ daß die Entschliessung der drey Reichs-Collegien die Würckung der Intriguen und der Dräuungen des Kaysers waren. Auch wusten alle Leute in Teutschland/ was man vor Gnaden und vor Gewinste ausgetheilet oder versprochen/ und mit was vor Ungnade man auch die meisten Reichs-Glieder Gegentheils betrohet. Der vernünftige Theil würde sich zu unterschreiben entzogen haben/ wenn nicht der Kayser und seine Freunde alles in gantz Teutschland in Furcht gejaget. Das Exempel des Hertzogs von Braunschweig-Wolffenbüttel war noch neu/ und man wolte lieber der Ungerechtigkeit nachgeben/ als sich in die Gefahr setzen/ dieselbe zuertragen. Die beständige Treue meiner Unterthanen/ und die Tapfferkeit meiner Völcker setzeten mich in einen Stand/ dem Unrechte zu wiederstehen. Ich that/ was der meiste Theil der Reichs-Fürsten würde gethan haben/ wenn sie sich in der Beschaffenheit/ worinnen ich war/ befunden. Ich schlug alle das Anerbieten / welches mir der Kayser that/ wenn ich mich in seinen Streit mischen wolte / aus: denn er wurde durch den Vortheil/ der mir versprochen ward/ wenn ich mich mit ihm vereinigen wolte/ nicht gerechter. Meine Entschuldigung war/ beständig neutral zu bleiben/ und an keinem Kriege/ welchen ich vor ungerecht halten müste/ keinen Theil zu nehmen. Allein der Kayser hatte in dem Reichs-Schlusse einen Artikel nicht mit eingemischet/ daß man in dem Reich keine Neutralität verstatten solte/ ungeacht dieses kein Offensiv-Krieg war/ und die Reichs-Glieder nicht hätten sollen gezwungen werden/ Theil daran zu nehmen. Dieser Artikel zwang mich eine Partie zu ergreiffen. Die Freyheit/ daß ich eine erwehlen konte/ war noch die eintzige/ welche mir übrig war. Entweder ich muste des Kaysers oder des Königes in Franckreickreich Alliirter werden. Ich erklährte mich also vor den Theil/ welchen ich vor den Gerechtesten hielt/ und entschloß mich/ lieber alle Gefahr auszustehen/ als die Niederträchtigkeit zu haben/ und den Dräuungen des Wienerischen Hofs/ da ich ihm wiederstehen konte / nach zu geben. Ich that hierinne nichts/ als daß ich dem Exempel aller der Teutschen Fürsten / welche durch das Haus Ostereich auf das äusserste gebracht worden/ gefolget: Nemlich ich folgte darinne dem Exempel des Churfürstens zu Sachsen Mauritii. Ob schon dieser Printz sein Churfürstenthum alleine Kayser Carolo V. der es seinem Vetter/ Johann Friedrichen genommen/ damit er es ihm verleihen möchte/ zu dancken hatte; so machte er sich doch kein Gewissen/ um die Freyheit des Reichs zu erretten/ mit dem König in Franckreich Heinrico II. den Tractat von A. 1551. zu schliessen; ein Tractat, welcher den Kayser zwang/ durch den Passavischen Vertag der teutschen Nation alle diejeni- noch daß ich ihm zu dienen/ Treu und Glauben zu brechen/ und ohne Ursache den Tractat/ den er und ich zu Ryßwick unterzeichnet/ zu verletzen gehalten wäre. Ich wuste/ daß die Entschliessung der drey Reichs-Collegien die Würckung der Intriguen und der Dräuungen des Kaysers waren. Auch wusten alle Leute in Teutschland/ was man vor Gnaden und vor Gewinste ausgetheilet oder versprochen/ und mit was vor Ungnade man auch die meisten Reichs-Glieder Gegentheils betrohet. Der vernünftige Theil würde sich zu unterschreiben entzogen haben/ wenn nicht der Kayser und seine Freunde alles in gantz Teutschland in Furcht gejaget. Das Exempel des Hertzogs von Braunschweig-Wolffenbüttel war noch neu/ und man wolte lieber der Ungerechtigkeit nachgeben/ als sich in die Gefahr setzen/ dieselbe zuertragen. Die beständige Treue meiner Unterthanen/ und die Tapfferkeit meiner Völcker setzeten mich in einen Stand/ dem Unrechte zu wiederstehen. Ich that/ was der meiste Theil der Reichs-Fürsten würde gethan haben/ wenn sie sich in der Beschaffenheit/ worinnen ich war/ befunden. Ich schlug alle das Anerbieten / welches mir der Kayser that/ wenn ich mich in seinen Streit mischen wolte / aus: denn er wurde durch den Vortheil/ der mir versprochen ward/ wenn ich mich mit ihm vereinigen wolte/ nicht gerechter. Meine Entschuldigung war/ beständig neutral zu bleiben/ und an keinem Kriege/ welchen ich vor ungerecht halten müste/ keinen Theil zu nehmen. Allein der Kayser hatte in dem Reichs-Schlusse einen Artikel nicht mit eingemischet/ daß man in dem Reich keine Neutralität verstatten solte/ ungeacht dieses kein Offensiv-Krieg war/ und die Reichs-Glieder nicht hätten sollen gezwungen werden/ Theil daran zu nehmen. Dieser Artikel zwang mich eine Partie zu ergreiffen. Die Freyheit/ daß ich eine erwehlen konte/ war noch die eintzige/ welche mir übrig war. Entweder ich muste des Kaysers oder des Königes in Franckreickreich Alliirter werden. Ich erklährte mich also vor den Theil/ welchen ich vor den Gerechtesten hielt/ und entschloß mich/ lieber alle Gefahr auszustehen/ als die Niederträchtigkeit zu haben/ und den Dräuungen des Wienerischen Hofs/ da ich ihm wiederstehen konte / nach zu geben. Ich that hierinne nichts/ als daß ich dem Exempel aller der Teutschen Fürsten / welche durch das Haus Ostereich auf das äusserste gebracht worden/ gefolget: Nemlich ich folgte darinne dem Exempel des Churfürstens zu Sachsen Mauritii. Ob schon dieser Printz sein Churfürstenthum alleine Kayser Carolo V. der es seinem Vetter/ Johann Friedrichen genommen/ damit er es ihm verleihen möchte/ zu dancken hatte; so machte er sich doch kein Gewissen/ um die Freyheit des Reichs zu erretten/ mit dem König in Franckreich Heinrico II. den Tractat von A. 1551. zu schliessen; ein Tractat, welcher den Kayser zwang/ durch den Passavischen Vertag der teutschen Nation alle diejeni- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0269" n="226"/> noch daß ich ihm zu dienen/ Treu und Glauben zu brechen/ und ohne Ursache den Tractat/ den er und ich zu Ryßwick unterzeichnet/ zu verletzen gehalten wäre. Ich wuste/ daß die Entschliessung der drey Reichs-Collegien die Würckung der Intriguen und der Dräuungen des Kaysers waren. Auch wusten alle Leute in Teutschland/ was man vor Gnaden und vor Gewinste ausgetheilet oder versprochen/ und mit was vor Ungnade man auch die meisten Reichs-Glieder Gegentheils betrohet. Der vernünftige Theil würde sich zu unterschreiben entzogen haben/ wenn nicht der Kayser und seine Freunde alles in gantz Teutschland in Furcht gejaget. Das Exempel des Hertzogs von Braunschweig-Wolffenbüttel war noch neu/ und man wolte lieber der Ungerechtigkeit nachgeben/ als sich in die Gefahr setzen/ dieselbe zuertragen.</p> <p>Die beständige Treue meiner Unterthanen/ und die Tapfferkeit meiner Völcker setzeten mich in einen Stand/ dem Unrechte zu wiederstehen. Ich that/ was der meiste Theil der Reichs-Fürsten würde gethan haben/ wenn sie sich in der Beschaffenheit/ worinnen ich war/ befunden. Ich schlug alle das Anerbieten / welches mir der Kayser that/ wenn ich mich in seinen Streit mischen wolte / aus: denn er wurde durch den Vortheil/ der mir versprochen ward/ wenn ich mich mit ihm vereinigen wolte/ nicht gerechter. Meine Entschuldigung war/ beständig neutral zu bleiben/ und an keinem Kriege/ welchen ich vor ungerecht halten müste/ keinen Theil zu nehmen. Allein der Kayser hatte in dem Reichs-Schlusse einen Artikel nicht mit eingemischet/ daß man in dem Reich keine Neutralität verstatten solte/ ungeacht dieses kein Offensiv-Krieg war/ und die Reichs-Glieder nicht hätten sollen gezwungen werden/ Theil daran zu nehmen.</p> <p>Dieser Artikel zwang mich eine Partie zu ergreiffen. Die Freyheit/ daß ich eine erwehlen konte/ war noch die eintzige/ welche mir übrig war. Entweder ich muste des Kaysers oder des Königes in Franckreickreich Alliirter werden. Ich erklährte mich also vor den Theil/ welchen ich vor den Gerechtesten hielt/ und entschloß mich/ lieber alle Gefahr auszustehen/ als die Niederträchtigkeit zu haben/ und den Dräuungen des Wienerischen Hofs/ da ich ihm wiederstehen konte / nach zu geben.</p> <p>Ich that hierinne nichts/ als daß ich dem Exempel aller der Teutschen Fürsten / welche durch das Haus Ostereich auf das äusserste gebracht worden/ gefolget: Nemlich ich folgte darinne dem Exempel des Churfürstens zu Sachsen Mauritii. Ob schon dieser Printz sein Churfürstenthum alleine Kayser Carolo V. der es seinem Vetter/ Johann Friedrichen genommen/ damit er es ihm verleihen möchte/ zu dancken hatte; so machte er sich doch kein Gewissen/ um die Freyheit des Reichs zu erretten/ mit dem König in Franckreich Heinrico II. den Tractat von A. 1551. zu schliessen; ein Tractat, welcher den Kayser zwang/ durch den Passavischen Vertag der teutschen Nation alle diejeni- </p> </div> </body> </text> </TEI> [226/0269]
noch daß ich ihm zu dienen/ Treu und Glauben zu brechen/ und ohne Ursache den Tractat/ den er und ich zu Ryßwick unterzeichnet/ zu verletzen gehalten wäre. Ich wuste/ daß die Entschliessung der drey Reichs-Collegien die Würckung der Intriguen und der Dräuungen des Kaysers waren. Auch wusten alle Leute in Teutschland/ was man vor Gnaden und vor Gewinste ausgetheilet oder versprochen/ und mit was vor Ungnade man auch die meisten Reichs-Glieder Gegentheils betrohet. Der vernünftige Theil würde sich zu unterschreiben entzogen haben/ wenn nicht der Kayser und seine Freunde alles in gantz Teutschland in Furcht gejaget. Das Exempel des Hertzogs von Braunschweig-Wolffenbüttel war noch neu/ und man wolte lieber der Ungerechtigkeit nachgeben/ als sich in die Gefahr setzen/ dieselbe zuertragen.
Die beständige Treue meiner Unterthanen/ und die Tapfferkeit meiner Völcker setzeten mich in einen Stand/ dem Unrechte zu wiederstehen. Ich that/ was der meiste Theil der Reichs-Fürsten würde gethan haben/ wenn sie sich in der Beschaffenheit/ worinnen ich war/ befunden. Ich schlug alle das Anerbieten / welches mir der Kayser that/ wenn ich mich in seinen Streit mischen wolte / aus: denn er wurde durch den Vortheil/ der mir versprochen ward/ wenn ich mich mit ihm vereinigen wolte/ nicht gerechter. Meine Entschuldigung war/ beständig neutral zu bleiben/ und an keinem Kriege/ welchen ich vor ungerecht halten müste/ keinen Theil zu nehmen. Allein der Kayser hatte in dem Reichs-Schlusse einen Artikel nicht mit eingemischet/ daß man in dem Reich keine Neutralität verstatten solte/ ungeacht dieses kein Offensiv-Krieg war/ und die Reichs-Glieder nicht hätten sollen gezwungen werden/ Theil daran zu nehmen.
Dieser Artikel zwang mich eine Partie zu ergreiffen. Die Freyheit/ daß ich eine erwehlen konte/ war noch die eintzige/ welche mir übrig war. Entweder ich muste des Kaysers oder des Königes in Franckreickreich Alliirter werden. Ich erklährte mich also vor den Theil/ welchen ich vor den Gerechtesten hielt/ und entschloß mich/ lieber alle Gefahr auszustehen/ als die Niederträchtigkeit zu haben/ und den Dräuungen des Wienerischen Hofs/ da ich ihm wiederstehen konte / nach zu geben.
Ich that hierinne nichts/ als daß ich dem Exempel aller der Teutschen Fürsten / welche durch das Haus Ostereich auf das äusserste gebracht worden/ gefolget: Nemlich ich folgte darinne dem Exempel des Churfürstens zu Sachsen Mauritii. Ob schon dieser Printz sein Churfürstenthum alleine Kayser Carolo V. der es seinem Vetter/ Johann Friedrichen genommen/ damit er es ihm verleihen möchte/ zu dancken hatte; so machte er sich doch kein Gewissen/ um die Freyheit des Reichs zu erretten/ mit dem König in Franckreich Heinrico II. den Tractat von A. 1551. zu schliessen; ein Tractat, welcher den Kayser zwang/ durch den Passavischen Vertag der teutschen Nation alle diejeni-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/269 |
Zitationshilfe: | Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/269>, abgerufen am 16.07.2024. |