Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Daß die Wandaler sich auch allhier aufgehalten/ mag wol seyn: Irrig aber ist/ wenn die Wandaler mit den Henetis und Venetis, oder Wenden vermischt werden/ dergeleichen so von verschiedenen geschicht Denn die Wandaler waren ein teutsches Volck/ die Veneti aber / oder Wenden kamen aus Pohlen/ und denen dahinten liegenden Landen/ nach Teutschland/ Allwo sie festen Fuß satzten/ und die alten Inwohner entweder verjageten/ oder unters Joch brachten. Dieser Einbruch ist bereits vor den Zeiten des Caroli M. geschehen / der auch viel mit diesen Völckern zu thun hatte. Sie wurden auch Sclaven genennet/ wiewol mit einem ziemlichen Mißverstande dieses Wortes/ das uhrsprünglich einen Edeln bedeutete/ die Teutschen hingegen/ als sie die Wenden zu bezwingen anfingen/ legeten es vor einen Uberwundenen/ und Leibeigenen aus/ als worzu sie die Sclaven machten/ dergestalt/ daß jetzo ein Leibeigener ein Sclave genennet wird. Diese Sclaven fügeten den Teutschen ungemeinen Schaden zu / weswegen sie auch auf deren Ausrottung bedacht seyn musten/ welches vornemlich unter Heinrico I geschahe/ zu welchem Ende Er in diesen Gegenden ein Marck oder Gräntze anrichtete/ (welches Wort sothane Bedeutung hat /) und Siegfrieden, Grafen von Ringelheim, zum ersten Marggrafen in solcher verordnet/ denen nachhero andere/ aus dem Gräflichen Wettinischen Hause folgeten. Von denen Hugo, vom Kayser Ottone III. am ersten die Würde eines Marggrafen von Brandenburg erblich erhielte. Aus dessen Nachkommen lehnte Udo II. sich wider Kayser Heinrichen IV. auf/ weßwegen Er ihn in die Acht erklärete/ wodurch aber Primislaus der Wenden und Obotriten Hertzog / Gelegenheit bekam/ das meiste von der Marck an sich zu bringen. Weil Udo ohne Kinder verstorben/ belehnte Kayser Friderich Barbarossa, Albertum Ursum, Grafen von Ascanien mit der Marck Brandenburg/ dessen Sohn/ Otto I. erster Churfürst / Ascanischen oder Anhaltischen Stammes zu Brandenburg ward/ und von dessen Nachkommen am angeführten Orte nach zusehen ist. Nachdem Johannes IV, letzter Churfürst aus diesem Hause/ anno 1322. ohne männliche Leibes-Erben die Welt verlassen/ gabe Kayser Ludwig, seinem Sohne Ludovico, die Marck Brandenburg/ benebst dem Churfürstenthum / welchem ein Betrieger/ Jacob Rebock genant/ andere hiessen ihn Johann Rehbock und der sich vor Churfürst Woldemar II. ausgabe/ viele Händel machte/ indem verschiedene Reichs-Fürsten es mit selbigen hielten. Diese Unruhen bewegten ihn dahin/ das Land an seinen jüngern Bruder/ auch Ludwig genannt/ abzutreten/ der solches / samt der Chur- Wür-

V. Pfann. Praec. Germ. princ. Gent cap 4.
V. Neuwald. l. cit.
V. Schurtzfleisch rer. Slavic.
V. Cranz. Sax. l. I. C. 9.
V. Bert. rer. Ger. l. 2. C. 12.
Bert. l. cit.
Dubrav. Hist. Boh. l. 22.

Daß die Wandaler sich auch allhier aufgehalten/ mag wol seyn: Irrig aber ist/ wenn die Wandaler mit den Henetis und Venetis, oder Wenden vermischt werden/ dergeleichen so von verschiedenen geschicht Denn die Wandaler waren ein teutsches Volck/ die Veneti aber / oder Wenden kamen aus Pohlen/ und denen dahinten liegenden Landen/ nach Teutschland/ Allwo sie festen Fuß satzten/ und die alten Inwohner entweder verjageten/ oder unters Joch brachten. Dieser Einbruch ist bereits vor den Zeiten des Caroli M. geschehen / der auch viel mit diesen Völckern zu thun hatte. Sie wurden auch Sclaven genennet/ wiewol mit einem ziemlichen Mißverstande dieses Wortes/ das uhrsprünglich einen Edeln bedeutete/ die Teutschen hingegen/ als sie die Wenden zu bezwingen anfingen/ legeten es vor einen Uberwundenen/ und Leibeigenen aus/ als worzu sie die Sclaven machten/ dergestalt/ daß jetzo ein Leibeigener ein Sclave genennet wird. Diese Sclaven fügeten den Teutschen ungemeinen Schaden zu / weswegen sie auch auf deren Ausrottung bedacht seyn musten/ welches vornemlich unter Heinrico I geschahe/ zu welchem Ende Er in diesen Gegenden ein Marck oder Gräntze anrichtete/ (welches Wort sothane Bedeutung hat /) und Siegfrieden, Grafen von Ringelheim, zum ersten Marggrafen in solcher verordnet/ denen nachhero andere/ aus dem Gräflichen Wettinischen Hause folgeten. Von denen Hugo, vom Kayser Ottone III. am ersten die Würde eines Marggrafen von Brandenburg erblich erhielte. Aus dessen Nachkommen lehnte Udo II. sich wider Kayser Heinrichen IV. auf/ weßwegen Er ihn in die Acht erklärete/ wodurch aber Primislaus der Wenden und Obotriten Hertzog / Gelegenheit bekam/ das meiste von der Marck an sich zu bringen. Weil Udo ohne Kinder verstorben/ belehnte Kayser Friderich Barbarossa, Albertum Ursum, Grafen von Ascanien mit der Marck Brandenburg/ dessen Sohn/ Otto I. erster Churfürst / Ascanischen oder Anhaltischen Stammes zu Brandenburg ward/ und von dessen Nachkommen am angeführten Orte nach zusehen ist. Nachdem Johannes IV, letzter Churfürst aus diesem Hause/ anno 1322. ohne männliche Leibes-Erben die Welt verlassen/ gabe Kayser Ludwig, seinem Sohne Ludovico, die Marck Brandenburg/ benebst dem Churfürstenthum / welchem ein Betrieger/ Jacob Rebock genant/ andere hiessen ihn Johann Rehbock und der sich vor Churfürst Woldemar II. ausgabe/ viele Händel machte/ indem verschiedene Reichs-Fürsten es mit selbigen hielten. Diese Unruhen bewegten ihn dahin/ das Land an seinen jüngern Bruder/ auch Ludwig genannt/ abzutreten/ der solches / samt der Chur- Wür-

V. Pfann. Praec. Germ. princ. Gent cap 4.
V. Neuwald. l. cit.
V. Schurtzfleisch rer. Slavic.
V. Cranz. Sax. l. I. C. 9.
V. Bert. rer. Ger. l. 2. C. 12.
Bert. l. cit.
Dubrav. Hist. Boh. l. 22.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0314" n="271"/>
Daß die Wandaler sich                      auch allhier aufgehalten/ mag wol seyn: Irrig aber ist/ wenn die Wandaler mit                      den Henetis und Venetis, oder Wenden vermischt werden/ dergeleichen so von                      verschiedenen geschicht <note place="foot">V. Pfann. Praec. Germ. princ. Gent                          cap 4.</note> Denn die Wandaler waren ein teutsches Volck/ die Veneti aber                     / oder Wenden kamen aus Pohlen/ und denen dahinten liegenden Landen/ nach                      Teutschland/ <note place="foot">V. Neuwald. l. cit.</note> Allwo sie festen Fuß                      satzten/ und die alten Inwohner entweder verjageten/ oder unters Joch                      brachten. Dieser Einbruch ist bereits vor den Zeiten des Caroli M. geschehen /                      der auch viel mit diesen Völckern zu thun hatte. Sie wurden auch Sclaven                      genennet/ wiewol mit einem ziemlichen Mißverstande dieses Wortes/ das                      uhrsprünglich einen Edeln bedeutete/ <note place="foot">V. Schurtzfleisch rer.                          Slavic.</note> die Teutschen hingegen/ als sie die Wenden zu bezwingen                      anfingen/ legeten es vor einen Uberwundenen/ und Leibeigenen aus/ als worzu                      sie die Sclaven machten/ dergestalt/ daß jetzo ein Leibeigener ein Sclave                      genennet wird. Diese Sclaven fügeten den Teutschen ungemeinen Schaden zu /                      weswegen sie auch auf deren Ausrottung bedacht seyn musten/ welches vornemlich                      unter Heinrico I geschahe/ zu welchem Ende Er in diesen Gegenden ein Marck oder                      Gräntze anrichtete/ (welches Wort sothane Bedeutung hat /) <note place="foot">V. Cranz. Sax. l. I. C. 9.</note> und Siegfrieden, Grafen von Ringelheim,                      zum ersten Marggrafen in solcher verordnet/ denen nachhero andere/ aus dem                      Gräflichen Wettinischen Hause folgeten. <note place="foot">V. Bert. rer. Ger. l.                          2. C. 12.</note> Von denen Hugo, vom Kayser Ottone III. am ersten die Würde                      eines Marggrafen von Brandenburg erblich erhielte. Aus dessen Nachkommen lehnte                      Udo II. sich wider Kayser Heinrichen IV. auf/ weßwegen Er ihn in die Acht                      erklärete/ wodurch aber Primislaus der Wenden und Obotriten Hertzog /                      Gelegenheit bekam/ das meiste von der Marck an sich zu bringen. Weil Udo ohne                      Kinder verstorben/ belehnte Kayser Friderich Barbarossa, Albertum Ursum, Grafen                      von Ascanien mit der Marck Brandenburg/ dessen Sohn/ Otto I. erster Churfürst                     / Ascanischen oder Anhaltischen Stammes zu Brandenburg ward/ und von dessen                      Nachkommen am angeführten Orte <note place="foot">Bert. l. cit.</note> nach                      zusehen ist. Nachdem Johannes IV, letzter Churfürst aus diesem Hause/ anno                      1322. ohne männliche Leibes-Erben die Welt verlassen/ gabe Kayser Ludwig,                      seinem Sohne Ludovico, die Marck Brandenburg/ benebst dem Churfürstenthum /                      welchem ein Betrieger/ Jacob Rebock genant/ andere hiessen ihn Johann Rehbock                          <note place="foot">Dubrav. Hist. Boh. l. 22.</note> und der sich vor                      Churfürst Woldemar II. ausgabe/ viele Händel machte/ indem verschiedene                      Reichs-Fürsten es mit selbigen hielten. Diese Unruhen bewegten ihn dahin/ das                      Land an seinen jüngern Bruder/ auch Ludwig genannt/ abzutreten/ der solches /                      samt der Chur- Wür-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[271/0314] Daß die Wandaler sich auch allhier aufgehalten/ mag wol seyn: Irrig aber ist/ wenn die Wandaler mit den Henetis und Venetis, oder Wenden vermischt werden/ dergeleichen so von verschiedenen geschicht Denn die Wandaler waren ein teutsches Volck/ die Veneti aber / oder Wenden kamen aus Pohlen/ und denen dahinten liegenden Landen/ nach Teutschland/ Allwo sie festen Fuß satzten/ und die alten Inwohner entweder verjageten/ oder unters Joch brachten. Dieser Einbruch ist bereits vor den Zeiten des Caroli M. geschehen / der auch viel mit diesen Völckern zu thun hatte. Sie wurden auch Sclaven genennet/ wiewol mit einem ziemlichen Mißverstande dieses Wortes/ das uhrsprünglich einen Edeln bedeutete/ die Teutschen hingegen/ als sie die Wenden zu bezwingen anfingen/ legeten es vor einen Uberwundenen/ und Leibeigenen aus/ als worzu sie die Sclaven machten/ dergestalt/ daß jetzo ein Leibeigener ein Sclave genennet wird. Diese Sclaven fügeten den Teutschen ungemeinen Schaden zu / weswegen sie auch auf deren Ausrottung bedacht seyn musten/ welches vornemlich unter Heinrico I geschahe/ zu welchem Ende Er in diesen Gegenden ein Marck oder Gräntze anrichtete/ (welches Wort sothane Bedeutung hat /) und Siegfrieden, Grafen von Ringelheim, zum ersten Marggrafen in solcher verordnet/ denen nachhero andere/ aus dem Gräflichen Wettinischen Hause folgeten. Von denen Hugo, vom Kayser Ottone III. am ersten die Würde eines Marggrafen von Brandenburg erblich erhielte. Aus dessen Nachkommen lehnte Udo II. sich wider Kayser Heinrichen IV. auf/ weßwegen Er ihn in die Acht erklärete/ wodurch aber Primislaus der Wenden und Obotriten Hertzog / Gelegenheit bekam/ das meiste von der Marck an sich zu bringen. Weil Udo ohne Kinder verstorben/ belehnte Kayser Friderich Barbarossa, Albertum Ursum, Grafen von Ascanien mit der Marck Brandenburg/ dessen Sohn/ Otto I. erster Churfürst / Ascanischen oder Anhaltischen Stammes zu Brandenburg ward/ und von dessen Nachkommen am angeführten Orte nach zusehen ist. Nachdem Johannes IV, letzter Churfürst aus diesem Hause/ anno 1322. ohne männliche Leibes-Erben die Welt verlassen/ gabe Kayser Ludwig, seinem Sohne Ludovico, die Marck Brandenburg/ benebst dem Churfürstenthum / welchem ein Betrieger/ Jacob Rebock genant/ andere hiessen ihn Johann Rehbock und der sich vor Churfürst Woldemar II. ausgabe/ viele Händel machte/ indem verschiedene Reichs-Fürsten es mit selbigen hielten. Diese Unruhen bewegten ihn dahin/ das Land an seinen jüngern Bruder/ auch Ludwig genannt/ abzutreten/ der solches / samt der Chur- Wür- V. Pfann. Praec. Germ. princ. Gent cap 4. V. Neuwald. l. cit. V. Schurtzfleisch rer. Slavic. V. Cranz. Sax. l. I. C. 9. V. Bert. rer. Ger. l. 2. C. 12. Bert. l. cit. Dubrav. Hist. Boh. l. 22.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/314
Zitationshilfe: Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschackwitz_schauplatz_1724/314>, abgerufen am 21.11.2024.