Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.Doch weiß man sich allhie wohl zu bescheiden/ daß nicht ohn Unterscheid alles und jedes/ was dergleichen bewährte Leute geschrieben haben/ absolut als wahr anzunehmen sey. Denn es kan seyn/ daß sie vom hören sagen etwas haben/ oder solche Sachen/ welchen sie selber nicht beygewohnet/ oder welche vor ihrer Zeit/ oder an entlegenen Orten passiret seyn/ erzehlen/ oder erzehlet wiederholen. Diesemnach stellet man nur so lange solchen Scribenten Glauben zu/ als das Gegentheil ihres Berichtes nicht offenbahrlich kan dargethan werden. Denn sonst kommet es in dem Fall auf vernünfftigen Beweiß/ nicht aufs blosse Ansehen an. Kurtz: Man glaubet einem Historico, so fern seyn Ansehen mit tüchtigen Gründen und mit Raison kan bewähret werden. Daß wir aber näher zur Haupt-Sache treten/ muß unser fürnehmster Satz etwas beleuchtet werden/ welcher dieser ist; Daß nach Aussage und nach dem Zeugnisse der bewährtester Scribenten/ unser Durchlauchtigster Regent Hertzog Carl Leopold mit denen Groß-Fürsten von Moscau und mit der Groß-Czaarischen Majestät ja mit Sr. Durchl. Gemahlin Hoheit Hertzogin Catharina/ dem Geblüthe nach in gar naher Anverwandschaft stehe/ so/ daß sie beyderseits von einem Haupt-Stamm weyland entsprossen seyn. Dieses alles desto deutlicher vor Augen zu stellen/ hat man Anfangs auf eine gemeine Anverwandtschaft der alten Russischen und Wendischen Völcker dieses Orts; darnach auf eine besondere Abstammung der Durch- In solchem Fall entschuldigen sich solche Autores mit jenem Curtio, so die grossen Thaten des Königes Alexandri M. beschrieben/ dessen Worte Libr. IX. c. 1. also lauten: Equidem plura transcribo, quam credo. Nam nec affirmare sustineo, de quibus dudito; nec subducere, quae accepi. Wie weit sich also fides historica erstrecke/ und was einem probatae auctoritatis Historico zukomme oder anstehe/ dasselbe hat ehemahls der berühmte Professor Eisenhart zu Helmstädt in einem besondern Commentari[unleserliches Material] de fide historica ausgemacht / edit. in 8. Anno 1702. Und also ist das insonderheit ein bewährter Scribent: an dessen Redlichkeit kein verständiger Mensch zweiffeln darff/ der gantz unpassionirt, ohn Absicht auf jemandes Interesse geschrieben hat; der gute sichere Nachrichten und Zeugnisse/ worauf er sich berufft/ zum Grunde hat; der nicht nur älter ist als andere/ sondern auch viele neue und jüngere Scribenten zu Nachfolgern hat. Und thut dagegen nichtes/ daß offtermahls von den neuesten Criticis hin und wieder dubia moviret und allerhand Zweiffels-Knoten zusammen geklaubet und gepflochten werden/ welches heutiges Tages grande mode geworden. Denn wenn man in der Historie denen Zeugnissen der redlichen Antiquität nicht mehr wil glauben/ sondern bey denen geringsten Umständen mit eingebiideten Muthmassungen und angemasseten judicio hypercritico ihren fidem gedenckt übern Hauffen zu werffen/ so wird man nach dem Exempel des Hardovini wenig gewisses in der gantzen Historie übrig lassen/ und einen gäntzlichen Scepticismnm Historicum einführen. Confer. Unsch. Nachr. 1713. pag. 265.
Doch weiß man sich allhie wohl zu bescheiden/ daß nicht ohn Unterscheid alles und jedes/ was dergleichen bewährte Leute geschrieben haben/ absolut als wahr anzunehmen sey. Denn es kan seyn/ daß sie vom hören sagen etwas haben/ oder solche Sachen/ welchen sie selber nicht beygewohnet/ oder welche vor ihrer Zeit/ oder an entlegenen Orten passiret seyn/ erzehlen/ oder erzehlet wiederholen. Diesemnach stellet man nur so lange solchen Scribenten Glauben zu/ als das Gegentheil ihres Berichtes nicht offenbahrlich kan dargethan werden. Denn sonst kommet es in dem Fall auf vernünfftigen Beweiß/ nicht aufs blosse Ansehen an. Kurtz: Man glaubet einem Historico, so fern seyn Ansehen mit tüchtigen Gründen und mit Raison kan bewähret werden. Daß wir aber näher zur Haupt-Sache treten/ muß unser fürnehmster Satz etwas beleuchtet werden/ welcher dieser ist; Daß nach Aussage und nach dem Zeugnisse der bewährtester Scribenten/ unser Durchlauchtigster Regent Hertzog Carl Leopold mit denen Groß-Fürsten von Moscau und mit der Groß-Czaarischen Majestät ja mit Sr. Durchl. Gemahlin Hoheit Hertzogin Catharina/ dem Geblüthe nach in gar naher Anverwandschaft stehe/ so/ daß sie beyderseits von einem Haupt-Stamm weyland entsprossen seyn. Dieses alles desto deutlicher vor Augen zu stellen/ hat man Anfangs auf eine gemeine Anverwandtschaft der alten Russischen und Wendischen Völcker dieses Orts; darnach auf eine besondere Abstammung der Durch- In solchem Fall entschuldigen sich solche Autores mit jenem Curtio, so die grossen Thaten des Königes Alexandri M. beschrieben/ dessen Worte Libr. IX. c. 1. also lauten: Equidem plura transcribo, quam credo. Nam nec affirmare sustineo, de quibus dudito; nec subducere, quae accepi. Wie weit sich also fides historica erstrecke/ und was einem probatae auctoritatis Historico zukomme oder anstehe/ dasselbe hat ehemahls der berühmte Professor Eisenhart zu Helmstädt in einem besondern Commentari[unleserliches Material] de fide historica ausgemacht / edit. in 8. Anno 1702. Und also ist das insonderheit ein bewährter Scribent: an dessen Redlichkeit kein verständiger Mensch zweiffeln darff/ der gantz unpassionirt, ohn Absicht auf jemandes Interesse geschrieben hat; der gute sichere Nachrichten und Zeugnisse/ worauf er sich berufft/ zum Grunde hat; der nicht nur älter ist als andere/ sondern auch viele neue und jüngere Scribenten zu Nachfolgern hat. Und thut dagegen nichtes/ daß offtermahls von den neuesten Criticis hin und wieder dubia moviret und allerhand Zweiffels-Knoten zusammen geklaubet und gepflochten werden/ welches heutiges Tages grande mode geworden. Denn wenn man in der Historie denen Zeugnissen der redlichen Antiquität nicht mehr wil glauben/ sondern bey denen geringsten Umständen mit eingebiideten Muthmassungen und angemasseten judicio hypercritico ihren fidem gedenckt übern Hauffen zu werffen/ so wird man nach dem Exempel des Hardovini wenig gewisses in der gantzen Historie übrig lassen/ und einen gäntzlichen Scepticismnm Historicum einführen. Confer. Unsch. Nachr. 1713. pag. 265.
<TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0451" n="403"/> <p>Doch weiß man sich allhie wohl zu bescheiden/ daß nicht ohn Unterscheid alles und jedes/ was dergleichen bewährte Leute geschrieben haben/ absolut als wahr anzunehmen sey. Denn es kan seyn/ daß sie vom hören sagen etwas haben/ oder solche Sachen/ welchen sie selber nicht beygewohnet/ oder welche vor ihrer Zeit/ oder an entlegenen Orten passiret seyn/ erzehlen/ oder erzehlet wiederholen. <note place="foot">In solchem Fall entschuldigen sich solche Autores mit jenem Curtio, so die grossen Thaten des Königes Alexandri M. beschrieben/ dessen Worte Libr. IX. c. 1. also lauten: Equidem plura transcribo, quam credo. Nam nec affirmare sustineo, de quibus dudito; nec subducere, quae accepi.</note></p> <p>Diesemnach stellet man nur so lange solchen Scribenten Glauben zu/ als das Gegentheil ihres Berichtes nicht offenbahrlich kan dargethan werden. Denn sonst kommet es in dem Fall auf vernünfftigen Beweiß/ nicht aufs blosse Ansehen an. Kurtz: Man glaubet einem Historico, so fern seyn Ansehen mit tüchtigen Gründen und mit Raison kan bewähret werden. <note place="foot">Wie weit sich also fides historica erstrecke/ und was einem probatae auctoritatis Historico zukomme oder anstehe/ dasselbe hat ehemahls der berühmte Professor Eisenhart zu Helmstädt in einem besondern Commentari<gap reason="illegible"/> de fide historica ausgemacht / edit. in 8. Anno 1702. Und also ist das insonderheit ein bewährter Scribent: an dessen Redlichkeit kein verständiger Mensch zweiffeln darff/ der gantz unpassionirt, ohn Absicht auf jemandes Interesse geschrieben hat; der gute sichere Nachrichten und Zeugnisse/ worauf er sich berufft/ zum Grunde hat; der nicht nur älter ist als andere/ sondern auch viele neue und jüngere Scribenten zu Nachfolgern hat. Und thut dagegen nichtes/ daß offtermahls von den neuesten Criticis hin und wieder dubia moviret und allerhand Zweiffels-Knoten zusammen geklaubet und gepflochten werden/ welches heutiges Tages grande mode geworden. Denn wenn man in der Historie denen Zeugnissen der redlichen Antiquität nicht mehr wil glauben/ sondern bey denen geringsten Umständen mit eingebiideten Muthmassungen und angemasseten judicio hypercritico ihren fidem gedenckt übern Hauffen zu werffen/ so wird man nach dem Exempel des Hardovini wenig gewisses in der gantzen Historie übrig lassen/ und einen gäntzlichen Scepticismnm Historicum einführen. Confer. Unsch. Nachr. 1713. pag. 265.</note></p> <p>Daß wir aber näher zur Haupt-Sache treten/ muß unser fürnehmster Satz etwas beleuchtet werden/ welcher dieser ist; Daß nach Aussage und nach dem Zeugnisse der bewährtester Scribenten/ unser Durchlauchtigster Regent Hertzog Carl Leopold mit denen Groß-Fürsten von Moscau und mit der Groß-Czaarischen Majestät ja mit Sr. Durchl. Gemahlin Hoheit Hertzogin Catharina/ dem Geblüthe nach in gar naher Anverwandschaft stehe/ so/ daß sie beyderseits von einem Haupt-Stamm weyland entsprossen seyn.</p> <p>Dieses alles desto deutlicher vor Augen zu stellen/ hat man Anfangs auf eine gemeine Anverwandtschaft der alten Russischen und Wendischen Völcker dieses Orts; darnach auf eine besondere Abstammung der Durch- </p> </div> </body> </text> </TEI> [403/0451]
Doch weiß man sich allhie wohl zu bescheiden/ daß nicht ohn Unterscheid alles und jedes/ was dergleichen bewährte Leute geschrieben haben/ absolut als wahr anzunehmen sey. Denn es kan seyn/ daß sie vom hören sagen etwas haben/ oder solche Sachen/ welchen sie selber nicht beygewohnet/ oder welche vor ihrer Zeit/ oder an entlegenen Orten passiret seyn/ erzehlen/ oder erzehlet wiederholen.
Diesemnach stellet man nur so lange solchen Scribenten Glauben zu/ als das Gegentheil ihres Berichtes nicht offenbahrlich kan dargethan werden. Denn sonst kommet es in dem Fall auf vernünfftigen Beweiß/ nicht aufs blosse Ansehen an. Kurtz: Man glaubet einem Historico, so fern seyn Ansehen mit tüchtigen Gründen und mit Raison kan bewähret werden.
Daß wir aber näher zur Haupt-Sache treten/ muß unser fürnehmster Satz etwas beleuchtet werden/ welcher dieser ist; Daß nach Aussage und nach dem Zeugnisse der bewährtester Scribenten/ unser Durchlauchtigster Regent Hertzog Carl Leopold mit denen Groß-Fürsten von Moscau und mit der Groß-Czaarischen Majestät ja mit Sr. Durchl. Gemahlin Hoheit Hertzogin Catharina/ dem Geblüthe nach in gar naher Anverwandschaft stehe/ so/ daß sie beyderseits von einem Haupt-Stamm weyland entsprossen seyn.
Dieses alles desto deutlicher vor Augen zu stellen/ hat man Anfangs auf eine gemeine Anverwandtschaft der alten Russischen und Wendischen Völcker dieses Orts; darnach auf eine besondere Abstammung der Durch-
In solchem Fall entschuldigen sich solche Autores mit jenem Curtio, so die grossen Thaten des Königes Alexandri M. beschrieben/ dessen Worte Libr. IX. c. 1. also lauten: Equidem plura transcribo, quam credo. Nam nec affirmare sustineo, de quibus dudito; nec subducere, quae accepi.
Wie weit sich also fides historica erstrecke/ und was einem probatae auctoritatis Historico zukomme oder anstehe/ dasselbe hat ehemahls der berühmte Professor Eisenhart zu Helmstädt in einem besondern Commentari_ de fide historica ausgemacht / edit. in 8. Anno 1702. Und also ist das insonderheit ein bewährter Scribent: an dessen Redlichkeit kein verständiger Mensch zweiffeln darff/ der gantz unpassionirt, ohn Absicht auf jemandes Interesse geschrieben hat; der gute sichere Nachrichten und Zeugnisse/ worauf er sich berufft/ zum Grunde hat; der nicht nur älter ist als andere/ sondern auch viele neue und jüngere Scribenten zu Nachfolgern hat. Und thut dagegen nichtes/ daß offtermahls von den neuesten Criticis hin und wieder dubia moviret und allerhand Zweiffels-Knoten zusammen geklaubet und gepflochten werden/ welches heutiges Tages grande mode geworden. Denn wenn man in der Historie denen Zeugnissen der redlichen Antiquität nicht mehr wil glauben/ sondern bey denen geringsten Umständen mit eingebiideten Muthmassungen und angemasseten judicio hypercritico ihren fidem gedenckt übern Hauffen zu werffen/ so wird man nach dem Exempel des Hardovini wenig gewisses in der gantzen Historie übrig lassen/ und einen gäntzlichen Scepticismnm Historicum einführen. Confer. Unsch. Nachr. 1713. pag. 265.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |