Zschackwitz, Johann Ehrenfried: Historisch-Genealogischer Schau-Platz. Lemgo, 1724.schöne Buch dadurch zu einem ungestalten popanze gemachet hat. Diese Münche also schaffeten aller Orthen/ wo sie ihre Lehre einpflantzen konnten/ der so genannten Heyden ihre Schrifften / aus trieb ihres Religions-Eyffer/ mit grosser Sorgfalt auf die Seite/ indem sie solche verbrannten/ oder deren Untergang sonst auf andere Art verursachten. Hierdurch ist es geschehen/ daß alle alte Nachrichten die unsere Vorfahren etwan aufgesetzet gehabt/ auf einmahl verlohren gegangen. Und eben dieses / nicht aber gedachter unserer Vorfahren ihre Nachlässigkeit/ die sich stets anklagen lassen muß/ ist die wahre Ursach/ daß wir von ihren Thaten/ von dem Uhrsprunge der Fürstlichen Häuser/ und andern wichtigen Dingen/ so gar wenig zuverläßliches Wissen/ sondern uns desfalls bloß entweder mit Muthmassungen oder mit Mährgen behelffen müssen. Von daher rühret demnach auch/ daß wir von dem wahren Uhrsprunge des Durchl. Hauses Würtemberg nichts recht gewisses sagen können/ indem einige solchen bald von einigen Römern/ die unter dem Druso, oder einem andern Römischen General, in diesen Gegenden sich niedergelassen haben sollen/ andere gar von welchen Hetruriren, die zu des Tarquinii prisci Zeiten aus Thuscien hieher gekommen wären/ ableiten. Daß wo nicht alle/ jedoch die meisten Teutschen hohen Häuser von denen Römern abstammen sollen/ rühret nirgends anderst her / als wie schon gedacht/ von den ungelehrten München. Denn weil diese die Teutschen vor nicht viel besser/ als vor dummes Vieh achteten/ gleichwohl sahen/ daß bey selbigen viel zu holen war/ so suchten sie solche zubereden / als ob deren Vorfahren nur etwan schlechte geringe Bettler und Lumpen-Gesinde gewesen wären/ die hohen Häuser aber/ die sich in Teutschland befünden und was etwan sonst vornehm daselbst lebete/ habe seinen Uhrsprung von denen Römern / oder wohl gar von denen Griechen her. Ob nun wohl die heilige Religions-Reformation diese Finsterniß zu vertreiben einen Anfang gemachet/ hat sie selbige doch nicht gantz und gar zerstreuet/ indem es noch immer Leute giebt/ die das Dunckle höher halten/ als das Licht/ weil eins mehr einträget als das andere. Daß es aber schlechter dings eine Unwahrheit sey/ und daß die verzärtelten Römer nicht nach Teutschland gekommen um daselbst zuwohnen/ ist mit dem Tacito selber zu beweisen/ indem dieser Weichling/ der alle seine Landes-Leute zu seines gleichen hatte/ ausdrücklich saget. Quis Itialia relicta, Germaniam peteret, informem terris, asperam coelo, tristem cultu, adspectuque? welcher Römer solte also lieber Italien verlassen/ und sich in das wilde/ wüste/ unfreundliche Teutschland / zuwohnen begeben haben: Solchergestalt seinds lauter Mährgen/ was etliche unverständige Genealogisten/ vom Uhrsprunge der teutschen hohen Häuser aus V. Walzii Würtenb. Stamm- und Nahmens-Quelle Felix Fabri Schwäb. Chronic. cit. c. 2.
schöne Buch dadurch zu einem ungestalten popanze gemachet hat. Diese Münche also schaffeten aller Orthen/ wo sie ihre Lehre einpflantzen konnten/ der so genannten Heyden ihre Schrifften / aus trieb ihres Religions-Eyffer/ mit grosser Sorgfalt auf die Seite/ indem sie solche verbrannten/ oder deren Untergang sonst auf andere Art verursachten. Hierdurch ist es geschehen/ daß alle alte Nachrichten die unsere Vorfahren etwan aufgesetzet gehabt/ auf einmahl verlohren gegangen. Und eben dieses / nicht aber gedachter unserer Vorfahren ihre Nachlässigkeit/ die sich stets anklagen lassen muß/ ist die wahre Ursach/ daß wir von ihren Thaten/ von dem Uhrsprunge der Fürstlichen Häuser/ und andern wichtigen Dingen/ so gar wenig zuverläßliches Wissen/ sondern uns desfalls bloß entweder mit Muthmassungen oder mit Mährgen behelffen müssen. Von daher rühret demnach auch/ daß wir von dem wahren Uhrsprunge des Durchl. Hauses Würtemberg nichts recht gewisses sagen können/ indem einige solchen bald von einigen Römern/ die unter dem Druso, oder einem andern Römischen General, in diesen Gegenden sich niedergelassen haben sollen/ andere gar von welchen Hetruriren, die zu des Tarquinii prisci Zeiten aus Thuscien hieher gekommen wären/ ableiten. Daß wo nicht alle/ jedoch die meisten Teutschen hohen Häuser von denen Römern abstammen sollen/ rühret nirgends anderst her / als wie schon gedacht/ von den ungelehrten München. Denn weil diese die Teutschen vor nicht viel besser/ als vor dummes Vieh achteten/ gleichwohl sahen/ daß bey selbigen viel zu holen war/ so suchten sie solche zubereden / als ob deren Vorfahren nur etwan schlechte geringe Bettler und Lumpen-Gesinde gewesen wären/ die hohen Häuser aber/ die sich in Teutschland befünden und was etwan sonst vornehm daselbst lebete/ habe seinen Uhrsprung von denen Römern / oder wohl gar von denen Griechen her. Ob nun wohl die heilige Religions-Reformation diese Finsterniß zu vertreiben einen Anfang gemachet/ hat sie selbige doch nicht gantz und gar zerstreuet/ indem es noch immer Leute giebt/ die das Dunckle höher halten/ als das Licht/ weil eins mehr einträget als das andere. Daß es aber schlechter dings eine Unwahrheit sey/ und daß die verzärtelten Römer nicht nach Teutschland gekommen um daselbst zuwohnen/ ist mit dem Tacito selber zu beweisen/ indem dieser Weichling/ der alle seine Landes-Leute zu seines gleichen hatte/ ausdrücklich saget. Quis Itialia relicta, Germaniam peteret, informem terris, asperam coelo, tristem cultu, adspectuque? welcher Römer solte also lieber Italien verlassen/ und sich in das wilde/ wüste/ unfreundliche Teutschland / zuwohnen begeben haben: Solchergestalt seinds lauter Mährgen/ was etliche unverständige Genealogisten/ vom Uhrsprunge der teutschen hohen Häuser aus V. Walzii Würtenb. Stamm- und Nahmens-Quelle Felix Fabri Schwäb. Chronic. cit. c. 2.
<TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0469" n="421"/> schöne Buch dadurch zu einem ungestalten popanze gemachet hat. Diese Münche also schaffeten aller Orthen/ wo sie ihre Lehre einpflantzen konnten/ der so genannten Heyden ihre Schrifften / aus trieb ihres Religions-Eyffer/ mit grosser Sorgfalt auf die Seite/ indem sie solche verbrannten/ oder deren Untergang sonst auf andere Art verursachten. Hierdurch ist es geschehen/ daß alle alte Nachrichten die unsere Vorfahren etwan aufgesetzet gehabt/ auf einmahl verlohren gegangen. Und eben dieses / nicht aber gedachter unserer Vorfahren ihre Nachlässigkeit/ die sich stets anklagen lassen muß/ ist die wahre Ursach/ daß wir von ihren Thaten/ von dem Uhrsprunge der Fürstlichen Häuser/ und andern wichtigen Dingen/ so gar wenig zuverläßliches Wissen/ sondern uns desfalls bloß entweder mit Muthmassungen oder mit Mährgen behelffen müssen. Von daher rühret demnach auch/ daß wir von dem wahren Uhrsprunge des Durchl. Hauses Würtemberg nichts recht gewisses sagen können/ indem einige solchen bald von einigen Römern/ die unter dem Druso, oder einem andern Römischen General, in diesen Gegenden sich niedergelassen haben sollen/ andere gar von welchen Hetruriren, die zu des Tarquinii prisci Zeiten aus Thuscien hieher gekommen wären/ ableiten.</p> <p><note place="foot">V. Walzii Würtenb. Stamm- und Nahmens-Quelle Felix Fabri Schwäb. Chronic.</note> Daß wo nicht alle/ jedoch die meisten Teutschen hohen Häuser von denen Römern abstammen sollen/ rühret nirgends anderst her / als wie schon gedacht/ von den ungelehrten München. Denn weil diese die Teutschen vor nicht viel besser/ als vor dummes Vieh achteten/ gleichwohl sahen/ daß bey selbigen viel zu holen war/ so suchten sie solche zubereden / als ob deren Vorfahren nur etwan schlechte geringe Bettler und Lumpen-Gesinde gewesen wären/ die hohen Häuser aber/ die sich in Teutschland befünden und was etwan sonst vornehm daselbst lebete/ habe seinen Uhrsprung von denen Römern / oder wohl gar von denen Griechen her. Ob nun wohl die heilige Religions-Reformation diese Finsterniß zu vertreiben einen Anfang gemachet/ hat sie selbige doch nicht gantz und gar zerstreuet/ indem es noch immer Leute giebt/ die das Dunckle höher halten/ als das Licht/ weil eins mehr einträget als das andere. Daß es aber schlechter dings eine Unwahrheit sey/ und daß die verzärtelten Römer nicht nach Teutschland gekommen um daselbst zuwohnen/ ist mit dem Tacito selber zu beweisen/ indem dieser Weichling/ der alle seine Landes-Leute zu seines gleichen hatte/ ausdrücklich saget. <note place="foot">cit. c. 2.</note> Quis Itialia relicta, Germaniam peteret, informem terris, asperam coelo, tristem cultu, adspectuque? welcher Römer solte also lieber Italien verlassen/ und sich in das wilde/ wüste/ unfreundliche Teutschland / zuwohnen begeben haben: Solchergestalt seinds lauter Mährgen/ was etliche unverständige Genealogisten/ vom Uhrsprunge der teutschen hohen Häuser aus </p> </div> </body> </text> </TEI> [421/0469]
schöne Buch dadurch zu einem ungestalten popanze gemachet hat. Diese Münche also schaffeten aller Orthen/ wo sie ihre Lehre einpflantzen konnten/ der so genannten Heyden ihre Schrifften / aus trieb ihres Religions-Eyffer/ mit grosser Sorgfalt auf die Seite/ indem sie solche verbrannten/ oder deren Untergang sonst auf andere Art verursachten. Hierdurch ist es geschehen/ daß alle alte Nachrichten die unsere Vorfahren etwan aufgesetzet gehabt/ auf einmahl verlohren gegangen. Und eben dieses / nicht aber gedachter unserer Vorfahren ihre Nachlässigkeit/ die sich stets anklagen lassen muß/ ist die wahre Ursach/ daß wir von ihren Thaten/ von dem Uhrsprunge der Fürstlichen Häuser/ und andern wichtigen Dingen/ so gar wenig zuverläßliches Wissen/ sondern uns desfalls bloß entweder mit Muthmassungen oder mit Mährgen behelffen müssen. Von daher rühret demnach auch/ daß wir von dem wahren Uhrsprunge des Durchl. Hauses Würtemberg nichts recht gewisses sagen können/ indem einige solchen bald von einigen Römern/ die unter dem Druso, oder einem andern Römischen General, in diesen Gegenden sich niedergelassen haben sollen/ andere gar von welchen Hetruriren, die zu des Tarquinii prisci Zeiten aus Thuscien hieher gekommen wären/ ableiten.
Daß wo nicht alle/ jedoch die meisten Teutschen hohen Häuser von denen Römern abstammen sollen/ rühret nirgends anderst her / als wie schon gedacht/ von den ungelehrten München. Denn weil diese die Teutschen vor nicht viel besser/ als vor dummes Vieh achteten/ gleichwohl sahen/ daß bey selbigen viel zu holen war/ so suchten sie solche zubereden / als ob deren Vorfahren nur etwan schlechte geringe Bettler und Lumpen-Gesinde gewesen wären/ die hohen Häuser aber/ die sich in Teutschland befünden und was etwan sonst vornehm daselbst lebete/ habe seinen Uhrsprung von denen Römern / oder wohl gar von denen Griechen her. Ob nun wohl die heilige Religions-Reformation diese Finsterniß zu vertreiben einen Anfang gemachet/ hat sie selbige doch nicht gantz und gar zerstreuet/ indem es noch immer Leute giebt/ die das Dunckle höher halten/ als das Licht/ weil eins mehr einträget als das andere. Daß es aber schlechter dings eine Unwahrheit sey/ und daß die verzärtelten Römer nicht nach Teutschland gekommen um daselbst zuwohnen/ ist mit dem Tacito selber zu beweisen/ indem dieser Weichling/ der alle seine Landes-Leute zu seines gleichen hatte/ ausdrücklich saget. Quis Itialia relicta, Germaniam peteret, informem terris, asperam coelo, tristem cultu, adspectuque? welcher Römer solte also lieber Italien verlassen/ und sich in das wilde/ wüste/ unfreundliche Teutschland / zuwohnen begeben haben: Solchergestalt seinds lauter Mährgen/ was etliche unverständige Genealogisten/ vom Uhrsprunge der teutschen hohen Häuser aus
V. Walzii Würtenb. Stamm- und Nahmens-Quelle Felix Fabri Schwäb. Chronic.
cit. c. 2.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |