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Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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sich ganz unerwartet, daß seine Compagnie Befehl erhielt, nach Herbesheim in Besatzung zu gehen.

An der Spitze seiner Compagnie -- denn der Hauptmann, ein reicher Baron, war auf Urlaub -- rückte er als Commandirender in sein Vaterstädtchen ein. O, wie ward ihm beim Anblick der zwei schwarzen, hochgespitzten Kirchthürme und des alten, wohlvertrauten, grauen Thorthurms! Vor dem Rathhause schwieg die Trommel. Ein paar Rathsherren brachten die Quartierbillets. Der Commandirende, versteht sich, ward ins vornehmste, das ist, ins reichste Haus der Stadt einquartiert, also zu Herrn Bantes. Angenehmeres hätte ihm der gesammte löbliche Stadtrath nicht erweisen können.

Die Compagnie schied gar vergnügt aus einander, denn es war um die beliebte Mittagsstunde, und die ehrsame Bürgerschaft, von der Einquartierung zeitig belehrt, hatte sich auf den Empfang der neuen Gäste vorbereitet. Waldrich, der die beiden Rathsherren noch von seiner Knabenzeit her wohl kannte, bemerkte, daß er ganz unkenntlich geworden sein müsse, denn sie behandelten ihn ganz fremd und ehrerbietig und führten ihn, obwohl er es ablehnte, selbst zum Hause des Fabrikherrn. Hier empfing ihn Herr Bantes eben so fremd und führte ihn gar höflich in ein sehr artiges Zimmer.

Herr Commandant, sagte Herr Bantes, dieses und die anstoßenden Zimmer hatte auch Ihr Herr

sich ganz unerwartet, daß seine Compagnie Befehl erhielt, nach Herbesheim in Besatzung zu gehen.

An der Spitze seiner Compagnie — denn der Hauptmann, ein reicher Baron, war auf Urlaub — rückte er als Commandirender in sein Vaterstädtchen ein. O, wie ward ihm beim Anblick der zwei schwarzen, hochgespitzten Kirchthürme und des alten, wohlvertrauten, grauen Thorthurms! Vor dem Rathhause schwieg die Trommel. Ein paar Rathsherren brachten die Quartierbillets. Der Commandirende, versteht sich, ward ins vornehmste, das ist, ins reichste Haus der Stadt einquartiert, also zu Herrn Bantes. Angenehmeres hätte ihm der gesammte löbliche Stadtrath nicht erweisen können.

Die Compagnie schied gar vergnügt aus einander, denn es war um die beliebte Mittagsstunde, und die ehrsame Bürgerschaft, von der Einquartierung zeitig belehrt, hatte sich auf den Empfang der neuen Gäste vorbereitet. Waldrich, der die beiden Rathsherren noch von seiner Knabenzeit her wohl kannte, bemerkte, daß er ganz unkenntlich geworden sein müsse, denn sie behandelten ihn ganz fremd und ehrerbietig und führten ihn, obwohl er es ablehnte, selbst zum Hause des Fabrikherrn. Hier empfing ihn Herr Bantes eben so fremd und führte ihn gar höflich in ein sehr artiges Zimmer.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T14:15:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T14:15:44Z)

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Zitationshilfe: Zschokke, Heinrich: Der todte Gast. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [59]–219. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zschokke_gast_1910/11>, abgerufen am 24.04.2024.